sen Herrn allein zu wissen gebühret, nicht zu gemein würde. Es verstünden demnach seine Schrifften allein die klugen undsubtilen Ingenia,so den Schnupffen nicht hätten. Jedoch wolle er auch de- nen, die nicht gar hohen Verstandes, zum besten, seine Dollmet- scher, alsMeroerum, Lipsium, Fulvium Ursinum &c.mitbringen. Ja er wolte gar aus Italien den hochberühmtenCurtium Piche- namkommen lassen, welchen ihm der Groß-Hertzog von Florentz, Ferdinandus II.so desTacitivornehmster und bester Schüler gewe- sen, so offte er seiner bedürfftig, zukommen zu lassen, verheissen. Mit diesem Versprechen waren die Herren Abgesandten sehr wohl zu frieden, be- gaben sich also wieder nach Hause, und statteten von dieses Mannes hohem Verstand und Weisheit eine solche Relation ab, daß er alsobald durch eine all- gemeine Bewilligung des gantzen Volckes zu ihrem Fürsten erwehlet und be- stätiget ward. Aber die Hoffnung, so man von ihm geschöpffet hatte, fiele gar bald in den Brunnen, weil er schon bey dem Antritt seiner Regierung viel ein anderer Mann befunden wurde als man vermeynet hatte. Denn sobald er Possession von dem Lande genommen, fieng er allgemach an zwischen dem Adel und dem gemeinen Volck Uneinigkeit und Mißtrauen zu erwecken. Weil auch der Adel dem gemeinen Volck an Klugheit und Macht überlegen, und sol- ches deswegen unterdrückte, schlug sich Tacitus arglistiger Weise zu dem schwä- chern Theil, wannenhero die vornehmsten unter dem Volcke, wegen der an- sehnlichen Hülffe und starcken Beystandes, so ihnen der Fürst leistete, ein Her- tze bekamen, und viel Muthwillen gegen den Adel verübten, woraus denn, in- nerhalb Monats-Frist, ein schwerer innerlicher Krieg entstunde. Indessen stellte sich Tacitus an, als ein Liebhaber des gemeinen Friedens, offerirte sich auch diesen Streit als ein Schiedsmann beyzulegen; da er doch in seinem Hertzen wünschete, daß selbiger ewig währen möchte. Gleichwol wuste er sich mit solcher List und Verschlagenheit bey beyden Theilen zu insinuiren, daß sie ihn als einen gemeinen Mittler und Schiedsmann erwehleten. Damit er nun, mit anderer Leute Schaden, seine eigene Autorität befestigen möchte, jagte er erstlich dem gemeinen Mann eine grosse Furcht ein, indem er ihnen die Gedancken beybringen ließ, daß sie in kurtzem vor dem Adel, ihres Lebens nicht sicher seyn, sondern alle mit denen Köpffen würden bezahlen müssen, wo sie nicht bald auff Mittel und Wege gedächten, diesem Unglück zu entgehen. Durch diesen Griff erhielte er leichtlich, sie vor der Gewalt des Adels zu be-
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ſen Herrn allein zu wiſſen gebuͤhret, nicht zu gemein wuͤrde. Es verſtuͤnden demnach ſeine Schrifften allein die klugen undſubtilen Ingenia,ſo den Schnupffen nicht haͤtten. Jedoch wolle er auch de- nen, die nicht gar hohen Verſtandes, zum beſten, ſeine Dollmet- ſcher, alsMeroerum, Lipſium, Fulvium Urſinum &c.mitbringen. Ja er wolte gar aus Italien den hochberuͤhmtenCurtium Piche- namkommen laſſen, welchen ihm der Groß-Hertzog von Florentz, Ferdinandus II.ſo desTacitivornehmſter und beſter Schuͤler gewe- ſen, ſo offte er ſeiner beduͤrfftig, zukommen zu laſſen, verheiſſen. Mit dieſem Verſprechen waren die Herren Abgeſandten ſehr wohl zu frieden, be- gaben ſich alſo wieder nach Hauſe, und ſtatteten von dieſes Mannes hohem Verſtand und Weisheit eine ſolche Relation ab, daß er alſobald durch eine all- gemeine Bewilligung des gantzen Volckes zu ihrem Fuͤrſten erwehlet und be- ſtaͤtiget ward. Aber die Hoffnung, ſo man von ihm geſchoͤpffet hatte, fiele gar bald in den Brunnen, weil er ſchon bey dem Antritt ſeiner Regierung viel ein anderer Mann befunden wurde als man vermeynet hatte. Denn ſobald er Poſſeſſion von dem Lande genommen, fieng er allgemach an zwiſchen dem Adel und dem gemeinen Volck Uneinigkeit und Mißtrauen zu erwecken. Weil auch der Adel dem gemeinen Volck an Klugheit und Macht uͤberlegen, und ſol- ches deswegen unterdruͤckte, ſchlug ſich Tacitus argliſtiger Weiſe zu dem ſchwaͤ- chern Theil, wannenhero die vornehmſten unter dem Volcke, wegen der an- ſehnlichen Huͤlffe und ſtarcken Beyſtandes, ſo ihnen der Fuͤrſt leiſtete, ein Her- tze bekamen, und viel Muthwillen gegen den Adel veruͤbten, woraus denn, in- nerhalb Monats-Friſt, ein ſchwerer innerlicher Krieg entſtunde. Indeſſen ſtellte ſich Tacitus an, als ein Liebhaber des gemeinen Friedens, offerirte ſich auch dieſen Streit als ein Schiedsmann beyzulegen; da er doch in ſeinem Hertzen wuͤnſchete, daß ſelbiger ewig waͤhren moͤchte. Gleichwol wuſte er ſich mit ſolcher Liſt und Verſchlagenheit bey beyden Theilen zu inſinuiren, daß ſie ihn als einen gemeinen Mittler und Schiedsmann erwehleten. Damit er nun, mit anderer Leute Schaden, ſeine eigene Autoritaͤt befeſtigen moͤchte, jagte er erſtlich dem gemeinen Mann eine groſſe Furcht ein, indem er ihnen die Gedancken beybringen ließ, daß ſie in kurtzem vor dem Adel, ihres Lebens nicht ſicher ſeyn, ſondern alle mit denen Koͤpffen wuͤrden bezahlen muͤſſen, wo ſie nicht bald auff Mittel und Wege gedaͤchten, dieſem Ungluͤck zu entgehen. Durch dieſen Griff erhielte er leichtlich, ſie vor der Gewalt des Adels zu be-
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ſcher, als Meroerum, Lipſium, Fulvium Urſinum &c. mitbringen.
Ja er wolte gar aus Italien den hochberuͤhmten Curtium Piche-
nam kommen laſſen, welchen ihm der Groß-Hertzog von Florentz,
Ferdinandus II. ſo des Taciti vornehmſter und beſter Schuͤler gewe-
ſen, ſo offte er ſeiner beduͤrfftig, zukommen zu laſſen, verheiſſen.
Mit dieſem Verſprechen waren die Herren Abgeſandten ſehr wohl zu frieden, be-
gaben ſich alſo wieder nach Hauſe, und ſtatteten von dieſes Mannes hohem
Verſtand und Weisheit eine ſolche Relation ab, daß er alſobald durch eine all-
gemeine Bewilligung des gantzen Volckes zu ihrem Fuͤrſten erwehlet und be-
ſtaͤtiget ward. Aber die Hoffnung, ſo man von ihm geſchoͤpffet hatte, fiele gar
bald in den Brunnen, weil er ſchon bey dem Antritt ſeiner Regierung viel ein
anderer Mann befunden wurde als man vermeynet hatte. Denn ſobald
er Poſſeſſion von dem Lande genommen, fieng er allgemach an zwiſchen dem
Adel und dem gemeinen Volck Uneinigkeit und Mißtrauen zu erwecken. Weil
auch der Adel dem gemeinen Volck an Klugheit und Macht uͤberlegen, und ſol-
ches deswegen unterdruͤckte, ſchlug ſich Tacitus argliſtiger Weiſe zu dem ſchwaͤ-
chern Theil, wannenhero die vornehmſten unter dem Volcke, wegen der an-
ſehnlichen Huͤlffe und ſtarcken Beyſtandes, ſo ihnen der Fuͤrſt leiſtete, ein Her-
tze bekamen, und viel Muthwillen gegen den Adel veruͤbten, woraus denn, in-
nerhalb Monats-Friſt, ein ſchwerer innerlicher Krieg entſtunde. Indeſſen
ſtellte ſich Tacitus an, als ein Liebhaber des gemeinen Friedens, offerirte ſich
auch dieſen Streit als ein Schiedsmann beyzulegen; da er doch in ſeinem
Hertzen wuͤnſchete, daß ſelbiger ewig waͤhren moͤchte. Gleichwol wuſte er
ſich mit ſolcher Liſt und Verſchlagenheit bey beyden Theilen zu inſinuiren, daß
ſie ihn als einen gemeinen Mittler und Schiedsmann erwehleten. Damit er
nun, mit anderer Leute Schaden, ſeine eigene Autoritaͤt befeſtigen moͤchte,
jagte er erſtlich dem gemeinen Mann eine groſſe Furcht ein, indem er ihnen die
Gedancken beybringen ließ, daß ſie in kurtzem vor dem Adel, ihres Lebens nicht
ſicher ſeyn, ſondern alle mit denen Koͤpffen wuͤrden bezahlen muͤſſen, wo ſie
nicht bald auff Mittel und Wege gedaͤchten, dieſem Ungluͤck zu entgehen.
Durch dieſen Griff erhielte er leichtlich, ſie vor der Gewalt des Adels zu be-
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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/175>, abgerufen am 16.02.2025.
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