Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.sich selbiger viel besser in seinem eigenen Lande würde wissen zu ge- sen
ſich ſelbiger viel beſſer in ſeinem eigenen Lande wuͤrde wiſſen zu ge- ſen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0174" n="130"/><hi rendition="#fr">ſich ſelbiger viel beſſer in ſeinem eigenen Lande wuͤrde wiſſen zu ge-<lb/> brauchen und zu Nutzen zu machen. Und ob er wohl allhier, in<lb/> ihrer Gegenwart</hi><hi rendition="#aq">ex tempore,</hi><hi rendition="#fr">ihnen einen ausfuͤhrlichen</hi><hi rendition="#aq">Diſcurs</hi><lb/><hi rendition="#fr">zu halten getrauete, was ein Fuͤrſt in dergleichen Wahl-Reichen zu<lb/> beobachten und zu bedencken habe; ſo wolte er doch zum Beweiß-<lb/> thum, daß er mit Wahrheit von denen beſten</hi><hi rendition="#aq">Politicis</hi><hi rendition="#fr">vor einen<lb/> Meiſter in dieſer Kunſt gehalten wuͤrde, ſolches mit wenig Wor-<lb/> ten bemercken, wie er ſich in ſeinem Regiment gegen ſie zu erzeigen<lb/> gedaͤchte, nemlich, daß er dem verſtorbenen Fuͤrſten in allen</hi><hi rendition="#aq">Actio-<lb/> nibus,</hi><hi rendition="#fr">daran die Unterthanen Luſt und Gefallen getragen, fleißig<lb/> nachfolgen, von denen aber, ſo ihnen zuwider geweſen, ſich aller-<lb/> aͤuſſerſt vorſehen und huͤten wolle. Und dieſes,</hi> ſagte er, <hi rendition="#fr">iſt der<lb/> rechte Kern der wahren</hi> <hi rendition="#aq">Politic,</hi> <hi rendition="#fr">und die</hi> <hi rendition="#aq">Quinteſſence</hi> <hi rendition="#fr">von mir</hi> <hi rendition="#aq">diſtil-<lb/> li</hi><hi rendition="#fr">ret, und in meinem eigenen Gehirn geſponnen. Er wolle ihnen<lb/> aber dieſes hohe Geheimniß in dem hoͤchſten Vertrauen</hi> <hi rendition="#aq">communici-</hi><lb/><hi rendition="#fr">ret haben. Denn, wann es uͤberall ſolte aus gebreitet und offen-<lb/> bar werden, ſo wuͤrden endlich auch die Cram- und Becker-Buben<lb/> lernen, wie man die Koͤnigreiche und Fuͤrſtenthuͤmer</hi> <hi rendition="#aq">adminiſtri</hi><hi rendition="#fr">ren<lb/> ſolte.</hi> Dieſe, des <hi rendition="#aq">Taciti</hi> Rede gefiele denen Herren Abgeſandten uͤber die<lb/> maſſen wohl, gaben auch zu verſtehen, <hi rendition="#fr">es doͤrffte die Wahl auf ihn fallen.</hi><lb/> Jedoch erinnerten ſie ihm darneben, <hi rendition="#fr">wann ſie ihn nun vor ihren Fuͤr-<lb/> ſten erwaͤhlet hatten, wuͤrde von noͤthen ſeyn, in ſeinen Reden ge-<lb/> woͤhnlichere und gemeinere</hi> <hi rendition="#aq">modos loquendi</hi> <hi rendition="#fr">zu gebrauchen, damit<lb/> die Voͤlcker in</hi> <hi rendition="#aq">Lesbo</hi> <hi rendition="#fr">ihn beſſer verſtehen koͤnten weil ſie nicht al-<lb/> le, wie die Leute in dem</hi> <hi rendition="#aq">Parnaſſo,</hi> <hi rendition="#fr">ſtudiret haͤtten.</hi> Hierauf antwor-<lb/> tete <hi rendition="#aq">Tacitus,</hi> <hi rendition="#fr">daß ein Mann ſeines gleichen, als welcher ſich beflieſſe<lb/> mehr Spruͤche als Woͤrter aus ſeinem Munde gehen, und aus<lb/> ſeiner Feder flieſſen zu laſſen, ſich nothwendiger Weiſe dunckler<lb/> Reden gebrauchen muͤſſe, weil die ſinnreichen Spruͤche, und</hi> <hi rendition="#aq">Præ-<lb/> cepta Politica</hi> <hi rendition="#fr">gantz keine</hi> <hi rendition="#aq">Mani</hi><hi rendition="#fr">er haͤtten, wann ſie in gemeinem<lb/> Kuͤchen-Latein vorgebracht wuͤrden. So habe er auch dieſe Art<lb/> zu reden vor andern erwehlet, damit die</hi> <hi rendition="#aq">Politic,</hi> <hi rendition="#fr">als welche groſ-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">ſen</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0174]
ſich ſelbiger viel beſſer in ſeinem eigenen Lande wuͤrde wiſſen zu ge-
brauchen und zu Nutzen zu machen. Und ob er wohl allhier, in
ihrer Gegenwart ex tempore, ihnen einen ausfuͤhrlichen Diſcurs
zu halten getrauete, was ein Fuͤrſt in dergleichen Wahl-Reichen zu
beobachten und zu bedencken habe; ſo wolte er doch zum Beweiß-
thum, daß er mit Wahrheit von denen beſten Politicis vor einen
Meiſter in dieſer Kunſt gehalten wuͤrde, ſolches mit wenig Wor-
ten bemercken, wie er ſich in ſeinem Regiment gegen ſie zu erzeigen
gedaͤchte, nemlich, daß er dem verſtorbenen Fuͤrſten in allen Actio-
nibus, daran die Unterthanen Luſt und Gefallen getragen, fleißig
nachfolgen, von denen aber, ſo ihnen zuwider geweſen, ſich aller-
aͤuſſerſt vorſehen und huͤten wolle. Und dieſes, ſagte er, iſt der
rechte Kern der wahren Politic, und die Quinteſſence von mir diſtil-
liret, und in meinem eigenen Gehirn geſponnen. Er wolle ihnen
aber dieſes hohe Geheimniß in dem hoͤchſten Vertrauen communici-
ret haben. Denn, wann es uͤberall ſolte aus gebreitet und offen-
bar werden, ſo wuͤrden endlich auch die Cram- und Becker-Buben
lernen, wie man die Koͤnigreiche und Fuͤrſtenthuͤmer adminiſtriren
ſolte. Dieſe, des Taciti Rede gefiele denen Herren Abgeſandten uͤber die
maſſen wohl, gaben auch zu verſtehen, es doͤrffte die Wahl auf ihn fallen.
Jedoch erinnerten ſie ihm darneben, wann ſie ihn nun vor ihren Fuͤr-
ſten erwaͤhlet hatten, wuͤrde von noͤthen ſeyn, in ſeinen Reden ge-
woͤhnlichere und gemeinere modos loquendi zu gebrauchen, damit
die Voͤlcker in Lesbo ihn beſſer verſtehen koͤnten weil ſie nicht al-
le, wie die Leute in dem Parnaſſo, ſtudiret haͤtten. Hierauf antwor-
tete Tacitus, daß ein Mann ſeines gleichen, als welcher ſich beflieſſe
mehr Spruͤche als Woͤrter aus ſeinem Munde gehen, und aus
ſeiner Feder flieſſen zu laſſen, ſich nothwendiger Weiſe dunckler
Reden gebrauchen muͤſſe, weil die ſinnreichen Spruͤche, und Præ-
cepta Politica gantz keine Manier haͤtten, wann ſie in gemeinem
Kuͤchen-Latein vorgebracht wuͤrden. So habe er auch dieſe Art
zu reden vor andern erwehlet, damit die Politic, als welche groſ-
ſen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |