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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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schützen, eine Armee von ausländischen Völckern in seinem Staat auffzurich-
ten, welche er, den Schalck desto besser zu verbergen, Friedens-Soldaten
nannte. Diese Völcker wurden unter dem Schein den gemeinen Pöbel, als
welcher schon allzufrech worden, in dem Zaum zu halten, mit des Adels gutem
Belieben bewehrt. Ihrer waren sieben tausend, und das Commando darüber
hatte Tacitus einem von seinen Favoriten anvertrauet. Damit er sie, in allen
Occasionen, zu seinem Willen haben möchte verbande er sich dieselben nicht al-
lein mit dem gewöhnlichen Eyd, mit Geschencken und allerhand gutthätigkei-
ten, sondern verstattete ihnen auch allen Muthwillen und Grausamkeiten, so-
wohl gegen den Adel als gemeinen Mann. Wie beliebt sie sich aber hiemit
bey dem Fürsten machten, so grossen Haß und Feindschafft luden sie sich bey
denen andern auf den Hals. Als sich nun Tacitus, auf diese Weise in seiner
Herrschafft fest gesetzet hatte, füllete er den Rath, die Stadt Lesbum, und das
gantze Land mit falschen Anklägern und Spionen an, welche er hernach gegen
die vornehmsten vom Adel verhetzete, um sie unter allerhand Schein begange-
ner Excesse und Ubelthaten ihrer Ehren-Aemter zu entsetzen, und ihrer Güther
zu berauben, welche er nachmahls denen Anklägern conferirte, und sie dadurch
groß machte. Indem nun die Vornehmsten aus dem Rath theils aus Geitz,
theils aus Ehrsucht, die meisten aber ihr eigen Leben zu salviren, mit falschen
Anklagen und Verleumdungen die Mächtigsten in dem Lande verfolgten, ga-
ben sie dem Fürsten je langer je mehr Mittel an die Hand, sich in seinem Domi-
nat
zu stärcken. Uber das schickte Tacitus die Vornehmsten Raths-Herrn, de-
nen, er durch die falschen Auflagen noch nicht beykommen kunte, aus dem Lan-
de, wo sie ihm keinen Schaden thun kunten, trug ihnen grosse und hohe Aem-
ter auf, welche sie mit schwehren Kosten bedienen musten, und fieng hernach
allgemach an, die alten Diener, so über die Soldaten bestellet waren, zu disar-
mi
ren, deren Waffen er andern von seinen Creaturen gab. Nachdem er nun
durch solche Griffe, die Mächtigen im Lande unterdrücket hatte, ordnete er an-
dere Raths-Herren, und beförderte zu denen höchsten Ehren-Aemtern neu-ge-
backene aus dem gemeinen Pöbel, so von ihm alleine dependirten. Damit er
aber das Land vor fremder Potentaten Einfälle in Sicherheit setzen möchte,
fieng er an unüberwindliche Castelle und Festungen zu erbauen, welche er mit
fremden Garnisonen, die ihm treu waren, besetzte. Weil er auch nicht leyden
kunte, daß das Volck und der Adel bewehrt wären, gleichwol aber wuste, daß,
sie wehrloß zu machen, sehr gefährlich seye, bedachte er, durch ein anders und
sicheres Stücklein solches zu wege zubringen, nemlich durch einen langwierigen

Frie-

ſchuͤtzen, eine Armée von auslaͤndiſchen Voͤlckern in ſeinem Staat auffzurich-
ten, welche er, den Schalck deſto beſſer zu verbergen, Friedens-Soldaten
nannte. Dieſe Voͤlcker wurden unter dem Schein den gemeinen Poͤbel, als
welcher ſchon allzufrech worden, in dem Zaum zu halten, mit des Adels gutem
Belieben bewehrt. Ihrer waren ſieben tauſend, und das Commando daruͤber
hatte Tacitus einem von ſeinen Favoriten anvertrauet. Damit er ſie, in allen
Occaſionen, zu ſeinem Willen haben moͤchte verbande er ſich dieſelben nicht al-
lein mit dem gewoͤhnlichen Eyd, mit Geſchencken und allerhand gutthaͤtigkei-
ten, ſondern verſtattete ihnen auch allen Muthwillen und Grauſamkeiten, ſo-
wohl gegen den Adel als gemeinen Mann. Wie beliebt ſie ſich aber hiemit
bey dem Fuͤrſten machten, ſo groſſen Haß und Feindſchafft luden ſie ſich bey
denen andern auf den Hals. Als ſich nun Tacitus, auf dieſe Weiſe in ſeiner
Herrſchafft feſt geſetzet hatte, fuͤllete er den Rath, die Stadt Lesbum, und das
gantze Land mit falſchen Anklaͤgern und Spionen an, welche er hernach gegen
die vornehmſten vom Adel verhetzete, um ſie unter allerhand Schein begange-
ner Exceſſe und Ubelthaten ihrer Ehren-Aemter zu entſetzen, und ihrer Guͤther
zu berauben, welche er nachmahls denen Anklaͤgern conferirte, und ſie dadurch
groß machte. Indem nun die Vornehmſten aus dem Rath theils aus Geitz,
theils aus Ehrſucht, die meiſten aber ihr eigen Leben zu ſalviren, mit falſchen
Anklagen und Verleumdungen die Maͤchtigſten in dem Lande verfolgten, ga-
ben ſie dem Fuͤrſten je langer je mehr Mittel an die Hand, ſich in ſeinem Domi-
nat
zu ſtaͤrcken. Uber das ſchickte Tacitus die Vornehmſten Raths-Herrn, de-
nen, er durch die falſchen Auflagen noch nicht beykommen kunte, aus dem Lan-
de, wo ſie ihm keinen Schaden thun kunten, trug ihnen groſſe und hohe Aem-
ter auf, welche ſie mit ſchwehren Koſten bedienen muſten, und fieng hernach
allgemach an, die alten Diener, ſo uͤber die Soldaten beſtellet waren, zu diſar-
mi
ren, deren Waffen er andern von ſeinen Creaturen gab. Nachdem er nun
durch ſolche Griffe, die Maͤchtigen im Lande unterdruͤcket hatte, ordnete er an-
dere Raths-Herren, und befoͤrderte zu denen hoͤchſten Ehren-Aemtern neu-ge-
backene aus dem gemeinen Poͤbel, ſo von ihm alleine dependirten. Damit er
aber das Land vor fremder Potentaten Einfaͤlle in Sicherheit ſetzen moͤchte,
fieng er an unuͤberwindliche Caſtelle und Feſtungen zu erbauen, welche er mit
fremden Garniſonen, die ihm treu waren, beſetzte. Weil er auch nicht leyden
kunte, daß das Volck und der Adel bewehrt waͤren, gleichwol aber wuſte, daß,
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[132/0176] ſchuͤtzen, eine Armée von auslaͤndiſchen Voͤlckern in ſeinem Staat auffzurich- ten, welche er, den Schalck deſto beſſer zu verbergen, Friedens-Soldaten nannte. Dieſe Voͤlcker wurden unter dem Schein den gemeinen Poͤbel, als welcher ſchon allzufrech worden, in dem Zaum zu halten, mit des Adels gutem Belieben bewehrt. Ihrer waren ſieben tauſend, und das Commando daruͤber hatte Tacitus einem von ſeinen Favoriten anvertrauet. Damit er ſie, in allen Occaſionen, zu ſeinem Willen haben moͤchte verbande er ſich dieſelben nicht al- lein mit dem gewoͤhnlichen Eyd, mit Geſchencken und allerhand gutthaͤtigkei- ten, ſondern verſtattete ihnen auch allen Muthwillen und Grauſamkeiten, ſo- wohl gegen den Adel als gemeinen Mann. Wie beliebt ſie ſich aber hiemit bey dem Fuͤrſten machten, ſo groſſen Haß und Feindſchafft luden ſie ſich bey denen andern auf den Hals. Als ſich nun Tacitus, auf dieſe Weiſe in ſeiner Herrſchafft feſt geſetzet hatte, fuͤllete er den Rath, die Stadt Lesbum, und das gantze Land mit falſchen Anklaͤgern und Spionen an, welche er hernach gegen die vornehmſten vom Adel verhetzete, um ſie unter allerhand Schein begange- ner Exceſſe und Ubelthaten ihrer Ehren-Aemter zu entſetzen, und ihrer Guͤther zu berauben, welche er nachmahls denen Anklaͤgern conferirte, und ſie dadurch groß machte. Indem nun die Vornehmſten aus dem Rath theils aus Geitz, theils aus Ehrſucht, die meiſten aber ihr eigen Leben zu ſalviren, mit falſchen Anklagen und Verleumdungen die Maͤchtigſten in dem Lande verfolgten, ga- ben ſie dem Fuͤrſten je langer je mehr Mittel an die Hand, ſich in ſeinem Domi- nat zu ſtaͤrcken. Uber das ſchickte Tacitus die Vornehmſten Raths-Herrn, de- nen, er durch die falſchen Auflagen noch nicht beykommen kunte, aus dem Lan- de, wo ſie ihm keinen Schaden thun kunten, trug ihnen groſſe und hohe Aem- ter auf, welche ſie mit ſchwehren Koſten bedienen muſten, und fieng hernach allgemach an, die alten Diener, ſo uͤber die Soldaten beſtellet waren, zu diſar- miren, deren Waffen er andern von ſeinen Creaturen gab. Nachdem er nun durch ſolche Griffe, die Maͤchtigen im Lande unterdruͤcket hatte, ordnete er an- dere Raths-Herren, und befoͤrderte zu denen hoͤchſten Ehren-Aemtern neu-ge- backene aus dem gemeinen Poͤbel, ſo von ihm alleine dependirten. Damit er aber das Land vor fremder Potentaten Einfaͤlle in Sicherheit ſetzen moͤchte, fieng er an unuͤberwindliche Caſtelle und Feſtungen zu erbauen, welche er mit fremden Garniſonen, die ihm treu waren, beſetzte. Weil er auch nicht leyden kunte, daß das Volck und der Adel bewehrt waͤren, gleichwol aber wuſte, daß, ſie wehrloß zu machen, ſehr gefaͤhrlich ſeye, bedachte er, durch ein anders und ſicheres Stuͤcklein ſolches zu wege zubringen, nemlich durch einen langwierigen Frie-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/176>, abgerufen am 21.11.2024.