Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.1. Die Reformation an Haupt und Gliedern. Landen in die "zerluderte" Tracht gekleidet. Aehnliches berichtetFischart in seiner drastischen Weise: "Gleichwie auch zu unserer Zeit ein namhafter Fürst den Lumpenhöslern und Zotten Junck- herrn ihr Zottengelümp zu erleiden, eins Tags einen Hencker in der neuen Kleidungsweiß, die damal Braunschweigisch hieß, an- thun ließ, und den auf die Schloßbrück, da alle Hofleut fürzo- gen, stellen, damit er ihnen durch diß schön Schindermuster das Gesäß gefräß versauerte, und hat dannoch damit so viel geschafft, daß die Lumpen sind abkommen." Local und momentan mag das der Fall gewesen sein, was 4*
1. Die Reformation an Haupt und Gliedern. Landen in die „zerluderte“ Tracht gekleidet. Aehnliches berichtetFiſchart in ſeiner draſtiſchen Weiſe: „Gleichwie auch zu unſerer Zeit ein namhafter Fürſt den Lumpenhöslern und Zotten Junck- herrn ihr Zottengelümp zu erleiden, eins Tags einen Hencker in der neuen Kleidungsweiß, die damal Braunſchweigiſch hieß, an- thun ließ, und den auf die Schloßbrück, da alle Hofleut fürzo- gen, ſtellen, damit er ihnen durch diß ſchön Schindermuſter das Geſäß gefräß verſauerte, und hat dannoch damit ſo viel geſchafft, daß die Lumpen ſind abkommen.“ Local und momentan mag das der Fall geweſen ſein, was 4*
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1. Die Reformation an Haupt und Gliedern.
Landen in die „zerluderte“ Tracht gekleidet. Aehnliches berichtet
Fiſchart in ſeiner draſtiſchen Weiſe: „Gleichwie auch zu unſerer
Zeit ein namhafter Fürſt den Lumpenhöslern und Zotten Junck-
herrn ihr Zottengelümp zu erleiden, eins Tags einen Hencker in
der neuen Kleidungsweiß, die damal Braunſchweigiſch hieß, an-
thun ließ, und den auf die Schloßbrück, da alle Hofleut fürzo-
gen, ſtellen, damit er ihnen durch diß ſchön Schindermuſter das
Geſäß gefräß verſauerte, und hat dannoch damit ſo viel geſchafft,
daß die Lumpen ſind abkommen.“
Local und momentan mag das der Fall geweſen ſein, was
Fiſchart hier vom Ende der Pluderhoſen erzählt, aber weder die
Predigten der Geiſtlichen, noch die Strafen der Fürſten konnten
erreichen, was die veränderte Zeit- und Geſchmacksrichtung von
ſelber herbeiführte. Ohnehin war die Pluderhoſe ſchon der letzte
directe Ausläufer der reformatoriſchen Bewegung geweſen, den
nur die Landsknechte ſo lange fortgeführt hatten. Genau zu der-
ſelben Zeit, als der freie Landsknecht zum gedrillten Soldaten
wurde, um das Jahr 1590, verſchwand auch die Pluderhoſe
wieder; ſie verlor mit ihm ihren Halt. Zur Soldatenſchule, zum
militäriſchen Exercitium paßte ſie nicht mehr. Wer ſie am läng-
ſten behielt, noch bis ins 17. Jahrhundert hinein, war der freie
Schweizer, bei welchem ſie ſogar, zur lebloſen Form erſtarrend,
nationale Tracht wurde, ſodaß ſie nun den Namen Schweizer-
tracht erhielt. Was die Entſtehung anbetrifft, ſo hatte, wie wir
geſehen haben, der Schweizer kein größeres Recht darauf, ſie als
eine nationale in Anſpruch zu nehmen, wie etwa der Schwabe
mit aufgekrämptem Hut, Kniehoſen, Strümpfen und Schnallen-
ſchuhen auf die franzöſiſche Hoftracht. Uebrigens muß derſelbe
die Pluderhoſe ſchon mit großer Lebhaftigkeit angenommen ha-
ben, wie früher das aufgeſchlitzte Beinkleid, denn in Hans
Weigels Trachtenbuch vom Jahre 1579 findet er ſich mit
mächtiger Pluderhoſe abgebildet, deren heraushängender
Stoff hintennach fliegt. (Fiſchart redet darum auch von
„Schweizer Hemdfähnlein.“) Unter dem Bilde ſtehen die folgen-
den Verſe:
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