aber diese wird allein den Schöffen, denen von den Geschlechtern, den vornehmsten Personen aus den Innungen und den Wohl- habenden von der Gemeinde zugestanden.
Bei der Leichtigkeit, welche die Pluderhose renommistischen Uebertreibungsgelüsten darbot, hörte die strengste Opposition nicht auf. Die Geistlichen gedachten die Gemüther in Furcht zu setzen, und wie sie mit dem Teufel gedroht hatten, so schreckten sie nun mit Mißgeburten und Wunderzeichen, welche den Zorn des Himmels andeuten sollten. Im Februar 1583 sollte ihrer Aussage gemäß ein Schaf zu Templin in der Uckermark außer zwei wohlgestalteten Lämmern ein Stück Fleisch zur Welt gebracht haben, welches ein Paar Pluderhosen darstellte. In demselben Jahre habe auch eine Frau in Prenzlau ein Kind geboren, wel- ches mit Pluderhosen zur Welt gekommen sei, die bis auf die Füße hingen, und zudem habe es noch um den Hals und die Hände große Krösen gehabt. Schon Musculus hatte ähnliche Geschichten vorgebracht.
Mehr Wirkung that vielleicht der Widerstand einiger pro- testantischer Fürsten, welche sehr summarisch verfuhren. In Dänemark, wo die Pluderhose bis zu achtzig Ellen gekommen war, wurde sie rundweg verboten und jedem, der sich damit öffentlich sehen ließe, angedroht, daß sie ihm sofort am Leibe zer- schnitten werden solle. Der Kurfürst Joachim II. von Branden- burg ließ einst drei Landsknechte aufgreifen, die mit ihren Hosen auf der Straße einherrauschten und zu größerem Aufsehen einen Musikanten mit der Geige vor sich her aufspielen ließen. Er stellte sie öffentlich in einem vergitterten Gefängniß drei Tage lang aus, und der Fiedler mußte die ganze Zeit vor ihnen spielen. Ein ander Mal sah er einen adligen Herrn, der am Sonntag in prächtiger Pluderhose zur Kirche ging. Der Kurfürst ließ ihm rasch den Hosengurt zerschneiden, daß der ganze Pluder zur Erde fiel, in welchem Aufzuge er dann nach Hause eilen mußte. Mus- culus erzählt, daß mehrere Fürsten ein scharfes Verbot hätten ausgehen lassen, das eben so gut für den Hofjunker wie für den Landsknecht galt, und zugleich hätten sie alle Henker in ihren
III. Die Neuzeit.
aber dieſe wird allein den Schöffen, denen von den Geſchlechtern, den vornehmſten Perſonen aus den Innungen und den Wohl- habenden von der Gemeinde zugeſtanden.
Bei der Leichtigkeit, welche die Pluderhoſe renommiſtiſchen Uebertreibungsgelüſten darbot, hörte die ſtrengſte Oppoſition nicht auf. Die Geiſtlichen gedachten die Gemüther in Furcht zu ſetzen, und wie ſie mit dem Teufel gedroht hatten, ſo ſchreckten ſie nun mit Mißgeburten und Wunderzeichen, welche den Zorn des Himmels andeuten ſollten. Im Februar 1583 ſollte ihrer Ausſage gemäß ein Schaf zu Templin in der Uckermark außer zwei wohlgeſtalteten Lämmern ein Stück Fleiſch zur Welt gebracht haben, welches ein Paar Pluderhoſen darſtellte. In demſelben Jahre habe auch eine Frau in Prenzlau ein Kind geboren, wel- ches mit Pluderhoſen zur Welt gekommen ſei, die bis auf die Füße hingen, und zudem habe es noch um den Hals und die Hände große Kröſen gehabt. Schon Musculus hatte ähnliche Geſchichten vorgebracht.
Mehr Wirkung that vielleicht der Widerſtand einiger pro- teſtantiſcher Fürſten, welche ſehr ſummariſch verfuhren. In Dänemark, wo die Pluderhoſe bis zu achtzig Ellen gekommen war, wurde ſie rundweg verboten und jedem, der ſich damit öffentlich ſehen ließe, angedroht, daß ſie ihm ſofort am Leibe zer- ſchnitten werden ſolle. Der Kurfürſt Joachim II. von Branden- burg ließ einſt drei Landsknechte aufgreifen, die mit ihren Hoſen auf der Straße einherrauſchten und zu größerem Aufſehen einen Muſikanten mit der Geige vor ſich her aufſpielen ließen. Er ſtellte ſie öffentlich in einem vergitterten Gefängniß drei Tage lang aus, und der Fiedler mußte die ganze Zeit vor ihnen ſpielen. Ein ander Mal ſah er einen adligen Herrn, der am Sonntag in prächtiger Pluderhoſe zur Kirche ging. Der Kurfürſt ließ ihm raſch den Hoſengurt zerſchneiden, daß der ganze Pluder zur Erde fiel, in welchem Aufzuge er dann nach Hauſe eilen mußte. Mus- culus erzählt, daß mehrere Fürſten ein ſcharfes Verbot hätten ausgehen laſſen, das eben ſo gut für den Hofjunker wie für den Landsknecht galt, und zugleich hätten ſie alle Henker in ihren
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III. Die Neuzeit.
aber dieſe wird allein den Schöffen, denen von den Geſchlechtern,
den vornehmſten Perſonen aus den Innungen und den Wohl-
habenden von der Gemeinde zugeſtanden.
Bei der Leichtigkeit, welche die Pluderhoſe renommiſtiſchen
Uebertreibungsgelüſten darbot, hörte die ſtrengſte Oppoſition
nicht auf. Die Geiſtlichen gedachten die Gemüther in Furcht zu
ſetzen, und wie ſie mit dem Teufel gedroht hatten, ſo ſchreckten
ſie nun mit Mißgeburten und Wunderzeichen, welche den Zorn
des Himmels andeuten ſollten. Im Februar 1583 ſollte ihrer
Ausſage gemäß ein Schaf zu Templin in der Uckermark außer
zwei wohlgeſtalteten Lämmern ein Stück Fleiſch zur Welt gebracht
haben, welches ein Paar Pluderhoſen darſtellte. In demſelben
Jahre habe auch eine Frau in Prenzlau ein Kind geboren, wel-
ches mit Pluderhoſen zur Welt gekommen ſei, die bis auf die
Füße hingen, und zudem habe es noch um den Hals und die
Hände große Kröſen gehabt. Schon Musculus hatte ähnliche
Geſchichten vorgebracht.
Mehr Wirkung that vielleicht der Widerſtand einiger pro-
teſtantiſcher Fürſten, welche ſehr ſummariſch verfuhren. In
Dänemark, wo die Pluderhoſe bis zu achtzig Ellen gekommen
war, wurde ſie rundweg verboten und jedem, der ſich damit
öffentlich ſehen ließe, angedroht, daß ſie ihm ſofort am Leibe zer-
ſchnitten werden ſolle. Der Kurfürſt Joachim II. von Branden-
burg ließ einſt drei Landsknechte aufgreifen, die mit ihren Hoſen
auf der Straße einherrauſchten und zu größerem Aufſehen einen
Muſikanten mit der Geige vor ſich her aufſpielen ließen. Er
ſtellte ſie öffentlich in einem vergitterten Gefängniß drei Tage
lang aus, und der Fiedler mußte die ganze Zeit vor ihnen ſpielen.
Ein ander Mal ſah er einen adligen Herrn, der am Sonntag in
prächtiger Pluderhoſe zur Kirche ging. Der Kurfürſt ließ ihm
raſch den Hoſengurt zerſchneiden, daß der ganze Pluder zur Erde
fiel, in welchem Aufzuge er dann nach Hauſe eilen mußte. Mus-
culus erzählt, daß mehrere Fürſten ein ſcharfes Verbot hätten
ausgehen laſſen, das eben ſo gut für den Hofjunker wie für den
Landsknecht galt, und zugleich hätten ſie alle Henker in ihren
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/62>, abgerufen am 08.07.2024.
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