Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.1. Die Reformation an Haupt und Gliedern. gleich noch so sauer dazu sehe und solches nicht gern hören will),daß alle die, es seien Landsknecht, Edel, Hofleut oder noch grö- ßeren Standes, so sich mit solchen unzüchtigen Teufelshosen be- kleiden, des neuen herfürkommenden Hosenteufels, aus dem aller- hintersten Ort der Höllen, geschworne und zugethane Gesellen und Hofgesinde seind, durch welche als seine Mittel und Werk- zeug dieser letzte Hosenteufel das hoch und theuer Wort Gottes verunreinigt, das heilige Evangelium und Sacrament veruneh- ret, zum Aergerniß, bösen Geschrei und übeln Nachreden, setzet und bringet, daß sich die Feinde des Herrn Christi und dieser jetzigen seiner Lehr daran stoßen, ärgern und gänzlich schließen, daß nicht möglich sei, man sing, sag und schreib von dieser Lehr, wie und was man will, daß sie von Gott sei. Nach welcher Verkündigung und Offenbarung und eben in denselbigen Län- dern, da sie an Tag kommen, die Leut zu solcher unzüchtiger und unmenschlicher Kleidung gerathen seind, daß die da wöllen für fromme Christen und Gottes Kinder gehalten sein und sehn doch in Wahrheit mit solcher Kleidung dem unflethigen Teufel ähnli- cher als Menschen, geschweige denn Gottes Kindern." Dem Vorgange des Musculus folgten andere Geistliche Falke, Trachten- und Modenwelt. II. 4
1. Die Reformation an Haupt und Gliedern. gleich noch ſo ſauer dazu ſehe und ſolches nicht gern hören will),daß alle die, es ſeien Landsknecht, Edel, Hofleut oder noch grö- ßeren Standes, ſo ſich mit ſolchen unzüchtigen Teufelshoſen be- kleiden, des neuen herfürkommenden Hoſenteufels, aus dem aller- hinterſten Ort der Höllen, geſchworne und zugethane Geſellen und Hofgeſinde ſeind, durch welche als ſeine Mittel und Werk- zeug dieſer letzte Hoſenteufel das hoch und theuer Wort Gottes verunreinigt, das heilige Evangelium und Sacrament veruneh- ret, zum Aergerniß, böſen Geſchrei und übeln Nachreden, ſetzet und bringet, daß ſich die Feinde des Herrn Chriſti und dieſer jetzigen ſeiner Lehr daran ſtoßen, ärgern und gänzlich ſchließen, daß nicht möglich ſei, man ſing, ſag und ſchreib von dieſer Lehr, wie und was man will, daß ſie von Gott ſei. Nach welcher Verkündigung und Offenbarung und eben in denſelbigen Län- dern, da ſie an Tag kommen, die Leut zu ſolcher unzüchtiger und unmenſchlicher Kleidung gerathen ſeind, daß die da wöllen für fromme Chriſten und Gottes Kinder gehalten ſein und ſehn doch in Wahrheit mit ſolcher Kleidung dem unflethigen Teufel ähnli- cher als Menſchen, geſchweige denn Gottes Kindern.“ Dem Vorgange des Musculus folgten andere Geiſtliche Falke, Trachten- und Modenwelt. II. 4
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1. Die Reformation an Haupt und Gliedern.
gleich noch ſo ſauer dazu ſehe und ſolches nicht gern hören will),
daß alle die, es ſeien Landsknecht, Edel, Hofleut oder noch grö-
ßeren Standes, ſo ſich mit ſolchen unzüchtigen Teufelshoſen be-
kleiden, des neuen herfürkommenden Hoſenteufels, aus dem aller-
hinterſten Ort der Höllen, geſchworne und zugethane Geſellen
und Hofgeſinde ſeind, durch welche als ſeine Mittel und Werk-
zeug dieſer letzte Hoſenteufel das hoch und theuer Wort Gottes
verunreinigt, das heilige Evangelium und Sacrament veruneh-
ret, zum Aergerniß, böſen Geſchrei und übeln Nachreden, ſetzet
und bringet, daß ſich die Feinde des Herrn Chriſti und dieſer
jetzigen ſeiner Lehr daran ſtoßen, ärgern und gänzlich ſchließen,
daß nicht möglich ſei, man ſing, ſag und ſchreib von dieſer Lehr,
wie und was man will, daß ſie von Gott ſei. Nach welcher
Verkündigung und Offenbarung und eben in denſelbigen Län-
dern, da ſie an Tag kommen, die Leut zu ſolcher unzüchtiger und
unmenſchlicher Kleidung gerathen ſeind, daß die da wöllen für
fromme Chriſten und Gottes Kinder gehalten ſein und ſehn doch
in Wahrheit mit ſolcher Kleidung dem unflethigen Teufel ähnli-
cher als Menſchen, geſchweige denn Gottes Kindern.“
Dem Vorgange des Musculus folgten andere Geiſtliche
und griffen tapfer in Rede und Schrift die Pluderhoſe mit dem
übrigen Luxus an. Dennoch aber breitete ſie ſich immer mehr
aus und ergriff, wenn auch in bedeutend gemäßigter Geſtalt,
den ſoliden Handwerker wie den Edelmann und drang ſelbſt zu
den Höfen der Fürſten vor, ſodaß ſie förmlich als eine deutſche
nationale Tracht dem ſpaniſchen Beinkleid entgegentreten konnte.
Wir werden auf dieſen Kampf ſpäter wieder zurückkommen. Alle
ſtädtiſchen Kleiderordnungen dieſer Zeit nehmen Notiz von ihr
und müſſen wenigſtens ein gewiſſes Quantum des durchzogenen
Stoffes zugeſtehen. Der Braunſchweiger Rath erlaubt ſeinen
Bürgern (1579) zwölf Ellen Seide, und ähnlich der von Roſtock
(1585) zwölf bis vierzehn Ellen, aber nur den Adligen. Der
Rath von Magdeburg, der im Jahre 1583 eine ſehr ausführliche
Kleiderordnung erließ, beſtimmt die Größe nach dem Werth des
Seidenſtoffes. Die höchſte Anzahl iſt achtzehn Ellen Kartek,
Falke, Trachten- und Modenwelt. II. 4
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