Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.III. Die Neuzeit. fehlte, sofort das größte Aufsehen zu erregen, wird von verschie-denen Zeugnissen gleich nach 1550 angegeben. Eine Nürnberger Chronik berichtet, daß dieselbe im Jahre 1553 im Lager des Kurfürsten Moriz vor Magdeburg erfunden sei. Sie giebt an, daß ein Landsknecht zur eigentlichen Hose vier bis fünf Ellen wollenes Tuch und zwanzig Ellen Seidenzeug zur Unterlage verwendet habe. Oldekopp schreibt in seinen Annalen für das Jahr 1555: "Um diese Zeit kamen die großen Hosen auf; Schlodder oder durchzogene Hosen wurden gemacht von 6 Ellen Englisch Tuch und 99 Ellen Karteken durchzogen, hatten vorn so große Ritze auch kraus mit Karteken durchzogen, was biswei- len ganz schändlich ließ." Ein altes Volkslied dieser Zeit, wel- ches sich auf einem fliegenden Blatt von 1555 gedruckt findet, weiset ebenfalls das Verdienst der Erfindung den Landsknechten zu und macht folgende Beschreibung: "Welcher nun will wissen, was doch erfunden sei: die Kriegsleut sind geflissen auf solche Buberei, sie lassen Hosen machen mit einem Ueberzug, der hangt bis auf die Knochen, dran han sie nicht genug." "Ein Latz muß sein daneben wol eines Kalbskopfs groß, Karteken drunter schweben Seiden ohn alle moß, kein geld wird da gesparet und sollt er betteln gon, damit wird offenbaret, wer ihn wird geben den lon." Während die Nürnberger Chronik noch ein verhältnißmäßig III. Die Neuzeit. fehlte, ſofort das größte Aufſehen zu erregen, wird von verſchie-denen Zeugniſſen gleich nach 1550 angegeben. Eine Nürnberger Chronik berichtet, daß dieſelbe im Jahre 1553 im Lager des Kurfürſten Moriz vor Magdeburg erfunden ſei. Sie giebt an, daß ein Landsknecht zur eigentlichen Hoſe vier bis fünf Ellen wollenes Tuch und zwanzig Ellen Seidenzeug zur Unterlage verwendet habe. Oldekopp ſchreibt in ſeinen Annalen für das Jahr 1555: „Um dieſe Zeit kamen die großen Hoſen auf; Schlodder oder durchzogene Hoſen wurden gemacht von 6 Ellen Engliſch Tuch und 99 Ellen Karteken durchzogen, hatten vorn ſo große Ritze auch kraus mit Karteken durchzogen, was biswei- len ganz ſchändlich ließ.“ Ein altes Volkslied dieſer Zeit, wel- ches ſich auf einem fliegenden Blatt von 1555 gedruckt findet, weiſet ebenfalls das Verdienſt der Erfindung den Landsknechten zu und macht folgende Beſchreibung: „Welcher nun will wiſſen, was doch erfunden ſei: die Kriegsleut ſind gefliſſen auf ſolche Buberei, ſie laſſen Hoſen machen mit einem Ueberzug, der hangt bis auf die Knochen, dran han ſie nicht genug.“ „Ein Latz muß ſein daneben wol eines Kalbskopfs groß, Karteken drunter ſchweben Seiden ohn alle moß, kein geld wird da geſparet und ſollt er betteln gon, damit wird offenbaret, wer ihn wird geben den lon.“ Während die Nürnberger Chronik noch ein verhältnißmäßig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0058" n="46"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/> fehlte, ſofort das größte Aufſehen zu erregen, wird von verſchie-<lb/> denen Zeugniſſen gleich nach 1550 angegeben. Eine Nürnberger<lb/> Chronik berichtet, daß dieſelbe im Jahre 1553 im Lager des<lb/> Kurfürſten Moriz vor Magdeburg erfunden ſei. Sie giebt an,<lb/> daß ein Landsknecht zur eigentlichen Hoſe vier bis fünf Ellen<lb/> wollenes Tuch und zwanzig Ellen Seidenzeug zur Unterlage<lb/> verwendet habe. Oldekopp ſchreibt in ſeinen Annalen für das<lb/> Jahr 1555: „Um dieſe Zeit kamen die großen Hoſen auf;<lb/> Schlodder oder durchzogene Hoſen wurden gemacht von 6 Ellen<lb/> Engliſch Tuch und 99 Ellen Karteken durchzogen, hatten vorn<lb/> ſo große Ritze auch kraus mit Karteken durchzogen, was biswei-<lb/> len ganz ſchändlich ließ.“ Ein altes Volkslied dieſer Zeit, wel-<lb/> ches ſich auf einem fliegenden Blatt von 1555 gedruckt findet,<lb/> weiſet ebenfalls das Verdienſt der Erfindung den Landsknechten<lb/> zu und macht folgende Beſchreibung:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Welcher nun will wiſſen,</l><lb/> <l>was doch erfunden ſei:</l><lb/> <l>die Kriegsleut ſind gefliſſen</l><lb/> <l>auf ſolche Buberei,</l><lb/> <l>ſie laſſen Hoſen machen</l><lb/> <l>mit einem Ueberzug,</l><lb/> <l>der hangt bis auf die Knochen,</l><lb/> <l>dran han ſie nicht genug.“</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>„Ein Latz muß ſein daneben</l><lb/> <l>wol eines Kalbskopfs groß,</l><lb/> <l>Karteken drunter ſchweben</l><lb/> <l>Seiden ohn alle moß,</l><lb/> <l>kein geld wird da geſparet</l><lb/> <l>und ſollt er betteln gon,</l><lb/> <l>damit wird offenbaret,</l><lb/> <l>wer ihn wird geben den lon.“</l> </lg><lb/> <p>Während die Nürnberger Chronik noch ein verhältnißmäßig<lb/> beſcheidenes Maß des zu dieſem Beinkleid verwandten Stoffes<lb/> angiebt, ſpricht Oldekopp zwei Jahre ſpäter bereits von einer<lb/> erſtaunlichen Anzahl Ellen. Warum es grade 99 ſind, erklär<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0058]
III. Die Neuzeit.
fehlte, ſofort das größte Aufſehen zu erregen, wird von verſchie-
denen Zeugniſſen gleich nach 1550 angegeben. Eine Nürnberger
Chronik berichtet, daß dieſelbe im Jahre 1553 im Lager des
Kurfürſten Moriz vor Magdeburg erfunden ſei. Sie giebt an,
daß ein Landsknecht zur eigentlichen Hoſe vier bis fünf Ellen
wollenes Tuch und zwanzig Ellen Seidenzeug zur Unterlage
verwendet habe. Oldekopp ſchreibt in ſeinen Annalen für das
Jahr 1555: „Um dieſe Zeit kamen die großen Hoſen auf;
Schlodder oder durchzogene Hoſen wurden gemacht von 6 Ellen
Engliſch Tuch und 99 Ellen Karteken durchzogen, hatten vorn
ſo große Ritze auch kraus mit Karteken durchzogen, was biswei-
len ganz ſchändlich ließ.“ Ein altes Volkslied dieſer Zeit, wel-
ches ſich auf einem fliegenden Blatt von 1555 gedruckt findet,
weiſet ebenfalls das Verdienſt der Erfindung den Landsknechten
zu und macht folgende Beſchreibung:
„Welcher nun will wiſſen,
was doch erfunden ſei:
die Kriegsleut ſind gefliſſen
auf ſolche Buberei,
ſie laſſen Hoſen machen
mit einem Ueberzug,
der hangt bis auf die Knochen,
dran han ſie nicht genug.“
„Ein Latz muß ſein daneben
wol eines Kalbskopfs groß,
Karteken drunter ſchweben
Seiden ohn alle moß,
kein geld wird da geſparet
und ſollt er betteln gon,
damit wird offenbaret,
wer ihn wird geben den lon.“
Während die Nürnberger Chronik noch ein verhältnißmäßig
beſcheidenes Maß des zu dieſem Beinkleid verwandten Stoffes
angiebt, ſpricht Oldekopp zwei Jahre ſpäter bereits von einer
erſtaunlichen Anzahl Ellen. Warum es grade 99 ſind, erklär
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |