Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs. Am Schlusse des Blattes werden sie noch einmal in einer Anrede "Günstiger Leser, das Gedicht Ist nur allein auf die gericht, So sich Alamodisch ohnbescheiden Nach allerlei Landsgebrauch kleiden, Und treiben viel Hochmuth und Pracht, Wöllen auch dafür sein geacht, Daß jedermann muß ihnen weichen, Stumpfieren andre ihresgleichen, Und sein doch selbst nur arme Gsellen, Die mehr als andre sein wöllen." Was den Monsieur Alamode und seine Freunde und Freun- Indessen war die Strömung der Zeit stärker als die sati- 3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs. Am Schluſſe des Blattes werden ſie noch einmal in einer Anrede „Günſtiger Leſer, das Gedicht Iſt nur allein auf die gericht, So ſich Alamodiſch ohnbeſcheiden Nach allerlei Landsgebrauch kleiden, Und treiben viel Hochmuth und Pracht, Wöllen auch dafür ſein geacht, Daß jedermann muß ihnen weichen, Stumpfieren andre ihresgleichen, Und ſein doch ſelbſt nur arme Gſellen, Die mehr als andre ſein wöllen.“ Was den Monſieur Alamode und ſeine Freunde und Freun- Indeſſen war die Strömung der Zeit ſtärker als die ſati- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0199" n="187"/> <fw place="top" type="header">3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs.</fw><lb/> <p>Am Schluſſe des Blattes werden ſie noch einmal in einer Anrede<lb/> an den Leſer ernſthaft in der Kürze geſchildert:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Günſtiger Leſer, das Gedicht</l><lb/> <l>Iſt nur allein auf die gericht,</l><lb/> <l>So ſich Alamodiſch ohnbeſcheiden</l><lb/> <l>Nach allerlei Landsgebrauch kleiden,</l><lb/> <l>Und treiben viel Hochmuth und Pracht,</l><lb/> <l>Wöllen auch dafür ſein geacht,</l><lb/> <l>Daß jedermann muß ihnen weichen,</l><lb/> <l>Stumpfieren andre ihresgleichen,</l><lb/> <l>Und ſein doch ſelbſt nur arme Gſellen,</l><lb/> <l>Die mehr als andre ſein wöllen.“</l> </lg><lb/> <p>Was den Monſieur Alamode und ſeine Freunde und Freun-<lb/> dinnen nach dem Tode erwartete, ſtellt ein anderes fliegendes<lb/> Blatt zum warnenden Beiſpiel dar. Monſieur Alamode iſt ge-<lb/> ſtorben, und wir ſehen ihn direct den Weg in den offenen flam-<lb/> menſpeienden Höllenrachen nehmen. Ein großes Gefolge von<lb/> Herren und Damen, alles im ſchönſten Putz, begleitet ihn. Wie<lb/> es die Pflicht eines freundlichen und höflichen Wirthes iſt, ſeine<lb/> Gäſte an der Thüre zu empfangen, ſo ſteht zwiſchen den Zähnen<lb/> des weitaufgeriſſenen Rachens der Herr und Beſitzer der Hölle<lb/> in feinſter alamodiſcher Tournüre, freundlich grüßend und ein-<lb/> ladend, den Hut in der Hand. Als Muſikanten gehen vier ala-<lb/> modiſch gekleidete Teufel dem Zuge vorauf. Ihnen folgt die<lb/> Hauptperſon, würdigſt gekleidet, Arm in Arm geleitet von zwei<lb/> fein gekleideten Herren mit Bocksfüßen und Geierkrallen; ſodann<lb/> der lange Zug, von Schmeißfliegen umſchwärmt, welche die ſüß-<lb/> duftenden Salben herbeigezogen haben. Ein paar beigedruckte<lb/> Verſe ſprechen aus, daß alle ſolche Geſellen der Hölle verfallen<lb/> ſind, „allen wackern Alamode Monſieure aber, ſo bei Zeit von<lb/> der leidigen und verdammlichen Hochfahrt abſtehen, denen ſoll<lb/> gewiß ein fröhliche Auferſtehung bald folgen.“</p><lb/> <p>Indeſſen war die Strömung der Zeit ſtärker als die ſati-<lb/> riſche, ernſthafte oder gar geſetzgeberiſche Oppoſition; unter dem<lb/> Zuſammenwirken der Alamode-Monſieurs und des militäriſchen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0199]
3. Der Naturalismus u. d. Stutzerthum des dreißigjähr. Kriegs.
Am Schluſſe des Blattes werden ſie noch einmal in einer Anrede
an den Leſer ernſthaft in der Kürze geſchildert:
„Günſtiger Leſer, das Gedicht
Iſt nur allein auf die gericht,
So ſich Alamodiſch ohnbeſcheiden
Nach allerlei Landsgebrauch kleiden,
Und treiben viel Hochmuth und Pracht,
Wöllen auch dafür ſein geacht,
Daß jedermann muß ihnen weichen,
Stumpfieren andre ihresgleichen,
Und ſein doch ſelbſt nur arme Gſellen,
Die mehr als andre ſein wöllen.“
Was den Monſieur Alamode und ſeine Freunde und Freun-
dinnen nach dem Tode erwartete, ſtellt ein anderes fliegendes
Blatt zum warnenden Beiſpiel dar. Monſieur Alamode iſt ge-
ſtorben, und wir ſehen ihn direct den Weg in den offenen flam-
menſpeienden Höllenrachen nehmen. Ein großes Gefolge von
Herren und Damen, alles im ſchönſten Putz, begleitet ihn. Wie
es die Pflicht eines freundlichen und höflichen Wirthes iſt, ſeine
Gäſte an der Thüre zu empfangen, ſo ſteht zwiſchen den Zähnen
des weitaufgeriſſenen Rachens der Herr und Beſitzer der Hölle
in feinſter alamodiſcher Tournüre, freundlich grüßend und ein-
ladend, den Hut in der Hand. Als Muſikanten gehen vier ala-
modiſch gekleidete Teufel dem Zuge vorauf. Ihnen folgt die
Hauptperſon, würdigſt gekleidet, Arm in Arm geleitet von zwei
fein gekleideten Herren mit Bocksfüßen und Geierkrallen; ſodann
der lange Zug, von Schmeißfliegen umſchwärmt, welche die ſüß-
duftenden Salben herbeigezogen haben. Ein paar beigedruckte
Verſe ſprechen aus, daß alle ſolche Geſellen der Hölle verfallen
ſind, „allen wackern Alamode Monſieure aber, ſo bei Zeit von
der leidigen und verdammlichen Hochfahrt abſtehen, denen ſoll
gewiß ein fröhliche Auferſtehung bald folgen.“
Indeſſen war die Strömung der Zeit ſtärker als die ſati-
riſche, ernſthafte oder gar geſetzgeberiſche Oppoſition; unter dem
Zuſammenwirken der Alamode-Monſieurs und des militäriſchen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |