Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Die Neuzeit.

Die Perlen erfreuten sich ganz vorzüglicher Gunst. Außer-
dem daß es an den Höfen besondere Perlenhefter oder Perlen-
arbeiter als besoldete Diener gab, war es auch eine Lieblings-
arbeit der Damen, einige zur Kleidung oder Toilette gehörige
Stücke wie Hüte und Hauben, Kragen, Aermel, Handschuhe mit
ihnen zu besticken und diese Gegenstände als theure Erinnerun-
gen zu verschenken. Die Muster waren Blumen und Laubge-
winde in der Weise der Renaissance, Buchstaben, Namenszüge
und Sprüche, auch figürliche und allegorische Darstellungen. Die
Fürstinnen kauften zum Vorrath ein. So bestellte sich eine
Fürstin bei dem fuggerischen Factor in Nürnberg vier verschiedene
Sorten: von der größten Sorte verlangt sie 10 Unzen, die Unze
zu ungefähr 10 oder 12 Gulden, von der zweiten Sorte etwa
14 Unzen, die Unze zu 10 Mark, von der dritten ebensoviel, die
Unze zu 8 Mark, und von der vierten kleinsten Sorte 15, die
Unze zu 6 Mark.

Außer den Schmuckgegenständen, welche die Kleider über-
zogen, wohin auch die Hutschnüre und Hutbänder gehören, war
die Mannigfaltigkeit derselben noch eine sehr bedeutende. Im
Haar saßen Gehänge, Kronen, Reife, Diademe, Perlschnüre,
Nadeln und anderes; Ohrringe und Ohrgehänge kamen jetzt
auf's Neue zum großen Aergerniß der Geistlichkeit in Mode; den
Hals umzogen Perlenschnüre; aus Steinen zusammengefügte
Bänder, goldene Ketten, welche Portraitmedaillen, Kreuze, Cru-
cifixe und andere weltliche oder fromme Gegenstände trugen,
hingen auf die Brust herab; Gürtel oder Leibborten, die mit
ihrem Behang, mit Tasche, Dolch oder reich verzierten Messer-
scheiden tief herabhingen, lagen lose um die Hüften; Armringe
umspannten das Handgelenk, und vor allem wurde auf kostbare
und zahlreiche Fingerringe viel gegeben. Ringe waren besonders
beliebte Geschenke, und wurden auch zum Dank und zur Erinne-
rung von Seiten der Fürsten an verdiente und befreundete Per-
sonen verehrt. Zu den Schmucksachen sind auch die "Paternoster"
zu rechnen, welche wie Ketten umgehängt wurden und von Ko-
rallen und reicher Juwelierarbeit waren; unten hing ein frommer

III. Die Neuzeit.

Die Perlen erfreuten ſich ganz vorzüglicher Gunſt. Außer-
dem daß es an den Höfen beſondere Perlenhefter oder Perlen-
arbeiter als beſoldete Diener gab, war es auch eine Lieblings-
arbeit der Damen, einige zur Kleidung oder Toilette gehörige
Stücke wie Hüte und Hauben, Kragen, Aermel, Handſchuhe mit
ihnen zu beſticken und dieſe Gegenſtände als theure Erinnerun-
gen zu verſchenken. Die Muſter waren Blumen und Laubge-
winde in der Weiſe der Renaiſſance, Buchſtaben, Namenszüge
und Sprüche, auch figürliche und allegoriſche Darſtellungen. Die
Fürſtinnen kauften zum Vorrath ein. So beſtellte ſich eine
Fürſtin bei dem fuggeriſchen Factor in Nürnberg vier verſchiedene
Sorten: von der größten Sorte verlangt ſie 10 Unzen, die Unze
zu ungefähr 10 oder 12 Gulden, von der zweiten Sorte etwa
14 Unzen, die Unze zu 10 Mark, von der dritten ebenſoviel, die
Unze zu 8 Mark, und von der vierten kleinſten Sorte 15, die
Unze zu 6 Mark.

Außer den Schmuckgegenſtänden, welche die Kleider über-
zogen, wohin auch die Hutſchnüre und Hutbänder gehören, war
die Mannigfaltigkeit derſelben noch eine ſehr bedeutende. Im
Haar ſaßen Gehänge, Kronen, Reife, Diademe, Perlſchnüre,
Nadeln und anderes; Ohrringe und Ohrgehänge kamen jetzt
auf’s Neue zum großen Aergerniß der Geiſtlichkeit in Mode; den
Hals umzogen Perlenſchnüre; aus Steinen zuſammengefügte
Bänder, goldene Ketten, welche Portraitmedaillen, Kreuze, Cru-
cifixe und andere weltliche oder fromme Gegenſtände trugen,
hingen auf die Bruſt herab; Gürtel oder Leibborten, die mit
ihrem Behang, mit Taſche, Dolch oder reich verzierten Meſſer-
ſcheiden tief herabhingen, lagen loſe um die Hüften; Armringe
umſpannten das Handgelenk, und vor allem wurde auf koſtbare
und zahlreiche Fingerringe viel gegeben. Ringe waren beſonders
beliebte Geſchenke, und wurden auch zum Dank und zur Erinne-
rung von Seiten der Fürſten an verdiente und befreundete Per-
ſonen verehrt. Zu den Schmuckſachen ſind auch die „Paternoſter“
zu rechnen, welche wie Ketten umgehängt wurden und von Ko-
rallen und reicher Juwelierarbeit waren; unten hing ein frommer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0166" n="154"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Perlen</hi> erfreuten &#x017F;ich ganz vorzüglicher Gun&#x017F;t. Außer-<lb/>
dem daß es an den Höfen be&#x017F;ondere Perlenhefter oder Perlen-<lb/>
arbeiter als be&#x017F;oldete Diener gab, war es auch eine Lieblings-<lb/>
arbeit der Damen, einige zur Kleidung oder Toilette gehörige<lb/>
Stücke wie Hüte und Hauben, Kragen, Aermel, Hand&#x017F;chuhe mit<lb/>
ihnen zu be&#x017F;ticken und die&#x017F;e Gegen&#x017F;tände als theure Erinnerun-<lb/>
gen zu ver&#x017F;chenken. Die Mu&#x017F;ter waren Blumen und Laubge-<lb/>
winde in der Wei&#x017F;e der Renai&#x017F;&#x017F;ance, Buch&#x017F;taben, Namenszüge<lb/>
und Sprüche, auch figürliche und allegori&#x017F;che Dar&#x017F;tellungen. Die<lb/>
Für&#x017F;tinnen kauften zum Vorrath ein. So be&#x017F;tellte &#x017F;ich eine<lb/>
Für&#x017F;tin bei dem fuggeri&#x017F;chen Factor in Nürnberg vier ver&#x017F;chiedene<lb/>
Sorten: von der größten Sorte verlangt &#x017F;ie 10 Unzen, die Unze<lb/>
zu ungefähr 10 oder 12 Gulden, von der zweiten Sorte etwa<lb/>
14 Unzen, die Unze zu 10 Mark, von der dritten eben&#x017F;oviel, die<lb/>
Unze zu 8 Mark, und von der vierten klein&#x017F;ten Sorte 15, die<lb/>
Unze zu 6 Mark.</p><lb/>
          <p>Außer den Schmuckgegen&#x017F;tänden, welche die Kleider über-<lb/>
zogen, wohin auch die Hut&#x017F;chnüre und Hutbänder gehören, war<lb/>
die Mannigfaltigkeit der&#x017F;elben noch eine &#x017F;ehr bedeutende. Im<lb/>
Haar &#x017F;aßen Gehänge, Kronen, Reife, Diademe, Perl&#x017F;chnüre,<lb/>
Nadeln und anderes; Ohrringe und Ohrgehänge kamen jetzt<lb/>
auf&#x2019;s Neue zum großen Aergerniß der Gei&#x017F;tlichkeit in Mode; den<lb/>
Hals umzogen Perlen&#x017F;chnüre; aus Steinen zu&#x017F;ammengefügte<lb/>
Bänder, goldene Ketten, welche Portraitmedaillen, Kreuze, Cru-<lb/>
cifixe und andere weltliche oder fromme Gegen&#x017F;tände trugen,<lb/>
hingen auf die Bru&#x017F;t herab; Gürtel oder Leibborten, die mit<lb/>
ihrem Behang, mit Ta&#x017F;che, Dolch oder reich verzierten Me&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
&#x017F;cheiden tief herabhingen, lagen lo&#x017F;e um die Hüften; Armringe<lb/>
um&#x017F;pannten das Handgelenk, und vor allem wurde auf ko&#x017F;tbare<lb/>
und zahlreiche Fingerringe viel gegeben. Ringe waren be&#x017F;onders<lb/>
beliebte Ge&#x017F;chenke, und wurden auch zum Dank und zur Erinne-<lb/>
rung von Seiten der Für&#x017F;ten an verdiente und befreundete Per-<lb/>
&#x017F;onen verehrt. Zu den Schmuck&#x017F;achen &#x017F;ind auch die &#x201E;Paterno&#x017F;ter&#x201C;<lb/>
zu rechnen, welche wie Ketten umgehängt wurden und von Ko-<lb/>
rallen und reicher Juwelierarbeit waren; unten hing ein frommer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0166] III. Die Neuzeit. Die Perlen erfreuten ſich ganz vorzüglicher Gunſt. Außer- dem daß es an den Höfen beſondere Perlenhefter oder Perlen- arbeiter als beſoldete Diener gab, war es auch eine Lieblings- arbeit der Damen, einige zur Kleidung oder Toilette gehörige Stücke wie Hüte und Hauben, Kragen, Aermel, Handſchuhe mit ihnen zu beſticken und dieſe Gegenſtände als theure Erinnerun- gen zu verſchenken. Die Muſter waren Blumen und Laubge- winde in der Weiſe der Renaiſſance, Buchſtaben, Namenszüge und Sprüche, auch figürliche und allegoriſche Darſtellungen. Die Fürſtinnen kauften zum Vorrath ein. So beſtellte ſich eine Fürſtin bei dem fuggeriſchen Factor in Nürnberg vier verſchiedene Sorten: von der größten Sorte verlangt ſie 10 Unzen, die Unze zu ungefähr 10 oder 12 Gulden, von der zweiten Sorte etwa 14 Unzen, die Unze zu 10 Mark, von der dritten ebenſoviel, die Unze zu 8 Mark, und von der vierten kleinſten Sorte 15, die Unze zu 6 Mark. Außer den Schmuckgegenſtänden, welche die Kleider über- zogen, wohin auch die Hutſchnüre und Hutbänder gehören, war die Mannigfaltigkeit derſelben noch eine ſehr bedeutende. Im Haar ſaßen Gehänge, Kronen, Reife, Diademe, Perlſchnüre, Nadeln und anderes; Ohrringe und Ohrgehänge kamen jetzt auf’s Neue zum großen Aergerniß der Geiſtlichkeit in Mode; den Hals umzogen Perlenſchnüre; aus Steinen zuſammengefügte Bänder, goldene Ketten, welche Portraitmedaillen, Kreuze, Cru- cifixe und andere weltliche oder fromme Gegenſtände trugen, hingen auf die Bruſt herab; Gürtel oder Leibborten, die mit ihrem Behang, mit Taſche, Dolch oder reich verzierten Meſſer- ſcheiden tief herabhingen, lagen loſe um die Hüften; Armringe umſpannten das Handgelenk, und vor allem wurde auf koſtbare und zahlreiche Fingerringe viel gegeben. Ringe waren beſonders beliebte Geſchenke, und wurden auch zum Dank und zur Erinne- rung von Seiten der Fürſten an verdiente und befreundete Per- ſonen verehrt. Zu den Schmuckſachen ſind auch die „Paternoſter“ zu rechnen, welche wie Ketten umgehängt wurden und von Ko- rallen und reicher Juwelierarbeit waren; unten hing ein frommer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/166
Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/166>, abgerufen am 24.11.2024.