Schmuck daran, ein goldener Heiliger, ein Marienbild mit Je- suskind, eine Dreifaltigkeit, und vorzugsweise wohl der Patron des Trägers. Es findet sich somit in dieser bußfertigen und doch gefallsüchtigen und eitlen Zeit das Fromme und das Weltliche hier an einem und demselben Gegenstand vereinigt. Auch gab es wohlriechende Paternoster.
Der Schmuck des sechszehnten Jahrhunderts übertraf den heutigen, wenn auch nicht an Kostbarkeit des Materials und nicht immer an Originalität der Gedanken, so doch gewiß an ge- schmackvollerer Form und zierlicherer Fassung. Es kam hier eine ausgebildete Ornamentik zu Hülfe, an deren Mangel eben das heutige Kunstgewerbe krankt. Die zu Grunde gelegten Ideen waren nicht immer besonders sinnreich: Thierfiguren, ohne viel Bedeutung gewählt, und Allegorien gaben die Hauptgrundlage her. So ließ sich der Herzog von Preußen im Jahre 1544 zu Nürnberg ein Medaillon verfertigen, welches oben eine Krone hatte, die von zwei goldenen, weiß emaillirten Löwen gehalten wurde; unter der Krone war ein großes Rubinherz, welches 180 Gulden kostete, und unter diesem der Buchstabe A in Dia- manten; über der Krone stiegen drei Diamantlilien auf, die einen Werth von 120 Gulden hatten. Ueberdies war das Ganze mit orientalischen Perlen besetzt, sodaß es ohne den Arbeitslohn auf 682 Gulden geschätzt wurde. Was die Bedeutung betrifft, so schrieb darüber der Künstler dem Fürsten: "Ich schicke hiermit den Buchstaben A und hoffe, er soll gefallen. Ich hätte ihn wohl von lauter Diamanten gemacht, wenn es an Bedeutung der Farben als Smaragd und Rubin gewesen wäre. Der Sma- ragd oben bedeutet die Keuschheit zwischen dem Rubin in feuri- ger Liebe auf den beiden Füßen des A in Diamant, welches die Beständigkeit in steter Liebe und Leib ist, mit einem Hängper- lein, welches die Tugend bedeutet, hinten mit geschmelztem Blüm- lein Vergißmeinnicht mit Jelängerjelieber." Schon früher finden sich Beispiele solcher allegorischer Schmucksachen. So behing sich Johann von Leiden, der König der Wiedertäufer, mit einer Kette und merkwürdigem Schmuck daran. Derselbe stellte den Erdball
2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht.
Schmuck daran, ein goldener Heiliger, ein Marienbild mit Je- ſuskind, eine Dreifaltigkeit, und vorzugsweiſe wohl der Patron des Trägers. Es findet ſich ſomit in dieſer bußfertigen und doch gefallſüchtigen und eitlen Zeit das Fromme und das Weltliche hier an einem und demſelben Gegenſtand vereinigt. Auch gab es wohlriechende Paternoſter.
Der Schmuck des ſechszehnten Jahrhunderts übertraf den heutigen, wenn auch nicht an Koſtbarkeit des Materials und nicht immer an Originalität der Gedanken, ſo doch gewiß an ge- ſchmackvollerer Form und zierlicherer Faſſung. Es kam hier eine ausgebildete Ornamentik zu Hülfe, an deren Mangel eben das heutige Kunſtgewerbe krankt. Die zu Grunde gelegten Ideen waren nicht immer beſonders ſinnreich: Thierfiguren, ohne viel Bedeutung gewählt, und Allegorien gaben die Hauptgrundlage her. So ließ ſich der Herzog von Preußen im Jahre 1544 zu Nürnberg ein Medaillon verfertigen, welches oben eine Krone hatte, die von zwei goldenen, weiß emaillirten Löwen gehalten wurde; unter der Krone war ein großes Rubinherz, welches 180 Gulden koſtete, und unter dieſem der Buchſtabe A in Dia- manten; über der Krone ſtiegen drei Diamantlilien auf, die einen Werth von 120 Gulden hatten. Ueberdies war das Ganze mit orientaliſchen Perlen beſetzt, ſodaß es ohne den Arbeitslohn auf 682 Gulden geſchätzt wurde. Was die Bedeutung betrifft, ſo ſchrieb darüber der Künſtler dem Fürſten: „Ich ſchicke hiermit den Buchſtaben A und hoffe, er ſoll gefallen. Ich hätte ihn wohl von lauter Diamanten gemacht, wenn es an Bedeutung der Farben als Smaragd und Rubin geweſen wäre. Der Sma- ragd oben bedeutet die Keuſchheit zwiſchen dem Rubin in feuri- ger Liebe auf den beiden Füßen des A in Diamant, welches die Beſtändigkeit in ſteter Liebe und Leib iſt, mit einem Hängper- lein, welches die Tugend bedeutet, hinten mit geſchmelztem Blüm- lein Vergißmeinnicht mit Jelängerjelieber.“ Schon früher finden ſich Beiſpiele ſolcher allegoriſcher Schmuckſachen. So behing ſich Johann von Leiden, der König der Wiedertäufer, mit einer Kette und merkwürdigem Schmuck daran. Derſelbe ſtellte den Erdball
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2. Die Reaction und die ſpaniſche Tracht.
Schmuck daran, ein goldener Heiliger, ein Marienbild mit Je-
ſuskind, eine Dreifaltigkeit, und vorzugsweiſe wohl der Patron
des Trägers. Es findet ſich ſomit in dieſer bußfertigen und doch
gefallſüchtigen und eitlen Zeit das Fromme und das Weltliche
hier an einem und demſelben Gegenſtand vereinigt. Auch gab
es wohlriechende Paternoſter.
Der Schmuck des ſechszehnten Jahrhunderts übertraf den
heutigen, wenn auch nicht an Koſtbarkeit des Materials und
nicht immer an Originalität der Gedanken, ſo doch gewiß an ge-
ſchmackvollerer Form und zierlicherer Faſſung. Es kam hier eine
ausgebildete Ornamentik zu Hülfe, an deren Mangel eben das
heutige Kunſtgewerbe krankt. Die zu Grunde gelegten Ideen
waren nicht immer beſonders ſinnreich: Thierfiguren, ohne viel
Bedeutung gewählt, und Allegorien gaben die Hauptgrundlage
her. So ließ ſich der Herzog von Preußen im Jahre 1544 zu
Nürnberg ein Medaillon verfertigen, welches oben eine Krone
hatte, die von zwei goldenen, weiß emaillirten Löwen gehalten
wurde; unter der Krone war ein großes Rubinherz, welches
180 Gulden koſtete, und unter dieſem der Buchſtabe A in Dia-
manten; über der Krone ſtiegen drei Diamantlilien auf, die
einen Werth von 120 Gulden hatten. Ueberdies war das Ganze
mit orientaliſchen Perlen beſetzt, ſodaß es ohne den Arbeitslohn
auf 682 Gulden geſchätzt wurde. Was die Bedeutung betrifft,
ſo ſchrieb darüber der Künſtler dem Fürſten: „Ich ſchicke hiermit
den Buchſtaben A und hoffe, er ſoll gefallen. Ich hätte ihn
wohl von lauter Diamanten gemacht, wenn es an Bedeutung
der Farben als Smaragd und Rubin geweſen wäre. Der Sma-
ragd oben bedeutet die Keuſchheit zwiſchen dem Rubin in feuri-
ger Liebe auf den beiden Füßen des A in Diamant, welches die
Beſtändigkeit in ſteter Liebe und Leib iſt, mit einem Hängper-
lein, welches die Tugend bedeutet, hinten mit geſchmelztem Blüm-
lein Vergißmeinnicht mit Jelängerjelieber.“ Schon früher finden
ſich Beiſpiele ſolcher allegoriſcher Schmuckſachen. So behing ſich
Johann von Leiden, der König der Wiedertäufer, mit einer Kette
und merkwürdigem Schmuck daran. Derſelbe ſtellte den Erdball
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/167>, abgerufen am 08.07.2024.
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