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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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II. Das Mittelalter.
welche ein Bürger in Breslau (1490) seiner Tochter mitgab, ge-
hörte ein pelzgefütterter Mantel und gleiches Oberkleid, vier
Röcke von verschiedenem Werth, mehrere Hauben, Gürtel und
Aermel. Die ganze Aussteuer hatte den Werth von 470 fl. da-
maligen Geldes. -- Wer an Höfen lebte, mußte auch in Deutsch-
land auf eine kostbare Garderobe bedacht sein. So erzählt der
Ritter Georg von Ehingen von seinem Oheim Wolf, der ein
Diener des Herzogs Ernst von Oesterreich gewesen war, er habe
bei seinem Tode soviel an Kleidern und dazu gehörigen Kostbar-
keiten hinterlassen, daß nur von einem Theil derselben, welcher in
Frankfurt verkauft worden, 1500 fl. erlöset seien. Die Ehinger
waren aber ein schwäbisches Rittergeschlecht von nichts weniger
als großem Reichthum. Der größte Aufwand in dieser Art wurde
bei ritterlichen Festen und Turnieren gemacht, daß der Adel sich
endlich selbst, wie wir schon oben mitgetheilt haben, durch ein
Gesetz beschränken mußte.

Der Luxus in den Stoffen war völlig allgemein gewor-
den trotz aller Prohibitivmaßregeln von Seiten des Reiches, der
einzelnen Fürsten und der städtischen Obrigkeiten, die mit allem
Eifer bemüht waren, die Stände unterschieden zu halten. Nach
altem Adelsrecht waren die kostbareren Pelzarten, Hermelin, Zo-
bel, Grauwerk und Veh, Anfangs den Fürsten oder wenigstens
den adligen Rittern und mit ihnen auch wohl den Rittern der
Wissenschaft, den Doctoren, bewahrt geblieben. Allein schon früh
finden sich Beispiele, daß auch Bürgerfrauen Hermelin tragen,
wenn auch noch mißbräuchlicher Weise, und in Kaiser Sigmunds
Zeit klagt ein Volkslied von den Städten über ihren Gebrauch
von Veh.

"Die Weiber sind mit Veh beschnitten,
Gezieret wohl nach edeln Sitten,
Wer kann sie unterscheiden?"

und dann heißt es:

"Es stund viel baß vor alter Zeit,
Da füchsen war ihr bestes Kleid."

In Bern sind den adligen Bürgerinnen Hermelin, Veh und

II. Das Mittelalter.
welche ein Bürger in Breslau (1490) ſeiner Tochter mitgab, ge-
hörte ein pelzgefütterter Mantel und gleiches Oberkleid, vier
Röcke von verſchiedenem Werth, mehrere Hauben, Gürtel und
Aermel. Die ganze Ausſteuer hatte den Werth von 470 fl. da-
maligen Geldes. — Wer an Höfen lebte, mußte auch in Deutſch-
land auf eine koſtbare Garderobe bedacht ſein. So erzählt der
Ritter Georg von Ehingen von ſeinem Oheim Wolf, der ein
Diener des Herzogs Ernſt von Oeſterreich geweſen war, er habe
bei ſeinem Tode ſoviel an Kleidern und dazu gehörigen Koſtbar-
keiten hinterlaſſen, daß nur von einem Theil derſelben, welcher in
Frankfurt verkauft worden, 1500 fl. erlöſet ſeien. Die Ehinger
waren aber ein ſchwäbiſches Rittergeſchlecht von nichts weniger
als großem Reichthum. Der größte Aufwand in dieſer Art wurde
bei ritterlichen Feſten und Turnieren gemacht, daß der Adel ſich
endlich ſelbſt, wie wir ſchon oben mitgetheilt haben, durch ein
Geſetz beſchränken mußte.

Der Luxus in den Stoffen war völlig allgemein gewor-
den trotz aller Prohibitivmaßregeln von Seiten des Reiches, der
einzelnen Fürſten und der ſtädtiſchen Obrigkeiten, die mit allem
Eifer bemüht waren, die Stände unterſchieden zu halten. Nach
altem Adelsrecht waren die koſtbareren Pelzarten, Hermelin, Zo-
bel, Grauwerk und Veh, Anfangs den Fürſten oder wenigſtens
den adligen Rittern und mit ihnen auch wohl den Rittern der
Wiſſenſchaft, den Doctoren, bewahrt geblieben. Allein ſchon früh
finden ſich Beiſpiele, daß auch Bürgerfrauen Hermelin tragen,
wenn auch noch mißbräuchlicher Weiſe, und in Kaiſer Sigmunds
Zeit klagt ein Volkslied von den Städten über ihren Gebrauch
von Veh.

„Die Weiber ſind mit Veh beſchnitten,
Gezieret wohl nach edeln Sitten,
Wer kann ſie unterſcheiden?“

und dann heißt es:

„Es ſtund viel baß vor alter Zeit,
Da füchſen war ihr beſtes Kleid.“

In Bern ſind den adligen Bürgerinnen Hermelin, Veh und

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[292/0310] II. Das Mittelalter. welche ein Bürger in Breslau (1490) ſeiner Tochter mitgab, ge- hörte ein pelzgefütterter Mantel und gleiches Oberkleid, vier Röcke von verſchiedenem Werth, mehrere Hauben, Gürtel und Aermel. Die ganze Ausſteuer hatte den Werth von 470 fl. da- maligen Geldes. — Wer an Höfen lebte, mußte auch in Deutſch- land auf eine koſtbare Garderobe bedacht ſein. So erzählt der Ritter Georg von Ehingen von ſeinem Oheim Wolf, der ein Diener des Herzogs Ernſt von Oeſterreich geweſen war, er habe bei ſeinem Tode ſoviel an Kleidern und dazu gehörigen Koſtbar- keiten hinterlaſſen, daß nur von einem Theil derſelben, welcher in Frankfurt verkauft worden, 1500 fl. erlöſet ſeien. Die Ehinger waren aber ein ſchwäbiſches Rittergeſchlecht von nichts weniger als großem Reichthum. Der größte Aufwand in dieſer Art wurde bei ritterlichen Feſten und Turnieren gemacht, daß der Adel ſich endlich ſelbſt, wie wir ſchon oben mitgetheilt haben, durch ein Geſetz beſchränken mußte. Der Luxus in den Stoffen war völlig allgemein gewor- den trotz aller Prohibitivmaßregeln von Seiten des Reiches, der einzelnen Fürſten und der ſtädtiſchen Obrigkeiten, die mit allem Eifer bemüht waren, die Stände unterſchieden zu halten. Nach altem Adelsrecht waren die koſtbareren Pelzarten, Hermelin, Zo- bel, Grauwerk und Veh, Anfangs den Fürſten oder wenigſtens den adligen Rittern und mit ihnen auch wohl den Rittern der Wiſſenſchaft, den Doctoren, bewahrt geblieben. Allein ſchon früh finden ſich Beiſpiele, daß auch Bürgerfrauen Hermelin tragen, wenn auch noch mißbräuchlicher Weiſe, und in Kaiſer Sigmunds Zeit klagt ein Volkslied von den Städten über ihren Gebrauch von Veh. „Die Weiber ſind mit Veh beſchnitten, Gezieret wohl nach edeln Sitten, Wer kann ſie unterſcheiden?“ und dann heißt es: „Es ſtund viel baß vor alter Zeit, Da füchſen war ihr beſtes Kleid.“ In Bern ſind den adligen Bürgerinnen Hermelin, Veh und

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/310>, abgerufen am 29.03.2024.