gemachten Perlen freilich konnte man billig haben; zu Breslau wurde das Skot (d. i. Karat) um 3 fl. verkauft. Daselbst war den Frauen verboten sich einen Gürtel machen zu lassen, der über 40 fl. kostete. Ebendort stahl einmal ein Dieb eine grünseidene Haube mit Goldstreifen und verkaufte sie für 18 fl.
Zum Schmuck ist auch die Stickerei auf den Kleidern zu rechnen, denn es wurde oft ein bedeutender Werth darauf ge- wendet. Die Sitte ist älter, wie wir gesehen haben, fand aber in dieser Zeit die ausgedehnteste und die am meisten phantastische Anwendung. Das Kostbarste war es freilich, wenn das Kleid mit kleinen Vögeln oder andern Figuren oder Ranken und Laub- werk in getriebenem Golde besetzt wurde, aber es war auch das Seltnere und blieb wohl meistens dem Staate fürstlicher Perso- nen vorbehalten, wenn auch nicht rechtlich, doch in der Wirklich- keit. Das Benähen mit Seide aber war so häufig, daß es eine eigene Zunft dafür gab, die der Seidennater, welchen auch wohl die Stickerei mit Gold- und Silberfäden zukam. Die Art, in welcher es geschah, war eine sehr willkürliche und lediglich der Laune und den Einfällen des Einzelnen überlassen. Die Kleider wurden dadurch so kostbar, daß der Machlohn gewöhnlich den Preis des Stoffes übertraf. Ein Beispiel davon giebt uns die Chronik der Frankfurter Gesellschaft Limpurg, in welcher Bern- hard Rhorbach von sich erzählt: "Anno 1464 uf Montag nach Corporis Christi hat Henne Cemmerer Hochzeit, und hatten wir drei, Er, Hert Stralberg und ich Bernhard Rhorbach uns gleich gekleidt, hatten kurze graue Mentelgin mit gestickten Schlossen uf den Achseln, was ein iglich ein wicken Ast; kosten die drei Schloß am Silber und zu sticken 24 fl." Derselbe Bernhard Rhorbach hatte einmal den Aermel eines Rockes so schwer besticken lassen, daß das Silber 111/2 Mark wog; die Stickerei stellte einen Berg vor. Die Gegenstände, die man gewöhnlich hineinstickte, waren Laub und Aeste und ganze Bäume, bunte Blumen, Flammen, ja auch Figuren und Landschaften, besonders aber auch Buchsta- ben und Sinnsprüche mit bestimmter Beziehung auch irgend Ge- genstände, mit denen man eine besondere Bedeutung verknüpfte,
II. Das Mittelalter.
gemachten Perlen freilich konnte man billig haben; zu Breslau wurde das Skot (d. i. Karat) um 3 fl. verkauft. Daſelbſt war den Frauen verboten ſich einen Gürtel machen zu laſſen, der über 40 fl. koſtete. Ebendort ſtahl einmal ein Dieb eine grünſeidene Haube mit Goldſtreifen und verkaufte ſie für 18 fl.
Zum Schmuck iſt auch die Stickerei auf den Kleidern zu rechnen, denn es wurde oft ein bedeutender Werth darauf ge- wendet. Die Sitte iſt älter, wie wir geſehen haben, fand aber in dieſer Zeit die ausgedehnteſte und die am meiſten phantaſtiſche Anwendung. Das Koſtbarſte war es freilich, wenn das Kleid mit kleinen Vögeln oder andern Figuren oder Ranken und Laub- werk in getriebenem Golde beſetzt wurde, aber es war auch das Seltnere und blieb wohl meiſtens dem Staate fürſtlicher Perſo- nen vorbehalten, wenn auch nicht rechtlich, doch in der Wirklich- keit. Das Benähen mit Seide aber war ſo häufig, daß es eine eigene Zunft dafür gab, die der Seidennater, welchen auch wohl die Stickerei mit Gold- und Silberfäden zukam. Die Art, in welcher es geſchah, war eine ſehr willkürliche und lediglich der Laune und den Einfällen des Einzelnen überlaſſen. Die Kleider wurden dadurch ſo koſtbar, daß der Machlohn gewöhnlich den Preis des Stoffes übertraf. Ein Beiſpiel davon giebt uns die Chronik der Frankfurter Geſellſchaft Limpurg, in welcher Bern- hard Rhorbach von ſich erzählt: „Anno 1464 uf Montag nach Corporis Christi hat Henne Cemmerer Hochzeit, und hatten wir drei, Er, Hert Stralberg und ich Bernhard Rhorbach uns gleich gekleidt, hatten kurze graue Mentelgin mit geſtickten Schloſſen uf den Achſeln, was ein iglich ein wicken Aſt; koſten die drei Schloß am Silber und zu ſticken 24 fl.“ Derſelbe Bernhard Rhorbach hatte einmal den Aermel eines Rockes ſo ſchwer beſticken laſſen, daß das Silber 11½ Mark wog; die Stickerei ſtellte einen Berg vor. Die Gegenſtände, die man gewöhnlich hineinſtickte, waren Laub und Aeſte und ganze Bäume, bunte Blumen, Flammen, ja auch Figuren und Landſchaften, beſonders aber auch Buchſta- ben und Sinnſprüche mit beſtimmter Beziehung auch irgend Ge- genſtände, mit denen man eine beſondere Bedeutung verknüpfte,
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II. Das Mittelalter.
gemachten Perlen freilich konnte man billig haben; zu Breslau
wurde das Skot (d. i. Karat) um 3 fl. verkauft. Daſelbſt war
den Frauen verboten ſich einen Gürtel machen zu laſſen, der über
40 fl. koſtete. Ebendort ſtahl einmal ein Dieb eine grünſeidene
Haube mit Goldſtreifen und verkaufte ſie für 18 fl.
Zum Schmuck iſt auch die Stickerei auf den Kleidern
zu rechnen, denn es wurde oft ein bedeutender Werth darauf ge-
wendet. Die Sitte iſt älter, wie wir geſehen haben, fand aber in
dieſer Zeit die ausgedehnteſte und die am meiſten phantaſtiſche
Anwendung. Das Koſtbarſte war es freilich, wenn das Kleid
mit kleinen Vögeln oder andern Figuren oder Ranken und Laub-
werk in getriebenem Golde beſetzt wurde, aber es war auch das
Seltnere und blieb wohl meiſtens dem Staate fürſtlicher Perſo-
nen vorbehalten, wenn auch nicht rechtlich, doch in der Wirklich-
keit. Das Benähen mit Seide aber war ſo häufig, daß es eine
eigene Zunft dafür gab, die der Seidennater, welchen auch
wohl die Stickerei mit Gold- und Silberfäden zukam. Die Art,
in welcher es geſchah, war eine ſehr willkürliche und lediglich der
Laune und den Einfällen des Einzelnen überlaſſen. Die Kleider
wurden dadurch ſo koſtbar, daß der Machlohn gewöhnlich den
Preis des Stoffes übertraf. Ein Beiſpiel davon giebt uns die
Chronik der Frankfurter Geſellſchaft Limpurg, in welcher Bern-
hard Rhorbach von ſich erzählt: „Anno 1464 uf Montag nach
Corporis Christi hat Henne Cemmerer Hochzeit, und hatten wir
drei, Er, Hert Stralberg und ich Bernhard Rhorbach uns gleich
gekleidt, hatten kurze graue Mentelgin mit geſtickten Schloſſen uf
den Achſeln, was ein iglich ein wicken Aſt; koſten die drei Schloß
am Silber und zu ſticken 24 fl.“ Derſelbe Bernhard Rhorbach
hatte einmal den Aermel eines Rockes ſo ſchwer beſticken laſſen,
daß das Silber 11½ Mark wog; die Stickerei ſtellte einen Berg
vor. Die Gegenſtände, die man gewöhnlich hineinſtickte, waren
Laub und Aeſte und ganze Bäume, bunte Blumen, Flammen,
ja auch Figuren und Landſchaften, beſonders aber auch Buchſta-
ben und Sinnſprüche mit beſtimmter Beziehung auch irgend Ge-
genſtände, mit denen man eine beſondere Bedeutung verknüpfte,
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/308>, abgerufen am 08.07.2024.
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