erscheinen, mit deren Farbe sie eine sinnvolle Bedeutung verban- den, wie das die Gedichte melden. Dieselben scheinen auch anzu- deuten, wie das zu gehen pflegt, daß man den anmuthigen Scherz des Farbenspiels auch über das Fest hinaus fortgesetzt und auf das wirkliche, gesellige Leben übertragen habe.
Es giebt der Nachweise genug, daß man im ganzen Mittel- alter, wie es zu allen Zeiten war, mit gewissen Farben gewisse Bedeutung verbunden oder für diese oder jene eine dauernde Vor- liebe gezeigt habe. Schwarz z. B. war immer die Farbe der Trauer, und es ist nur ein widerspruchsvoller Fehler unsrer im Costümwesen zerfahrenen Zeit, wenn es zugleich die Farbe der Festfreude männlicherseits geworden ist. So trauerte auch das Mittelalter (mit wenigen localen Abweichungen in Weiß oder Grau) fast ausnahmlos. Wenn aber der König von Frankreich allein in Roth trauerte und selbst die Königin gleich der Bürger- frau Schwarz anlegen mußte, so ist das eine Ausnahme von so vorragender Bedeutung, wie sie nur die allen Vergleich ausschlie- ßende Stellung des französischen Königs im Sinne des spätern Mittelalters rechtfertigt oder erklärlich macht. Es ist, als ob es heißen solle, der König stehe so hoch, daß Leid und Freude ihn nicht erreichen könne, denn Roth ist die vor allen bevorzugte Farbe des Mittelalters, die Farbe der Freude wie der Ehre. Von dem Purpur und seiner Bedeutung abgesehen, die wir schon früher haben kennen lernen, war Roth, insbesondere Scharlach, vielfach eine Auszeichnung der höchsten Stände. In Bologna z. B. war Carmoisin und Rosenroth dem alten Adel vorbehalten, und in Soest durfte eine Braut an ihrem Ehrentage kein scharlachrothes Kleid tragen, wenn sie nicht einen Brautschatz von bestimmter Größe mitbrachte. Es ist bekannt, welche Bedeutung die rothe Farbe beim Gericht hatte, wovon der rothe Mantel des Scharf- richters und der rothe Talar der Juristenfacultäten noch lange übrig blieb. Wer nicht den Blutbann hatte, durfte nicht mit ro- them Wachs siegeln. Man mag auch dabei der heiligen Vehme auf der rothen Erde gedenken. -- Roth und Gelb waren die Lieblingsfarben des Mittelalters; Brokat mit goldenem Muster
II. Das Mittelalter.
erſcheinen, mit deren Farbe ſie eine ſinnvolle Bedeutung verban- den, wie das die Gedichte melden. Dieſelben ſcheinen auch anzu- deuten, wie das zu gehen pflegt, daß man den anmuthigen Scherz des Farbenſpiels auch über das Feſt hinaus fortgeſetzt und auf das wirkliche, geſellige Leben übertragen habe.
Es giebt der Nachweiſe genug, daß man im ganzen Mittel- alter, wie es zu allen Zeiten war, mit gewiſſen Farben gewiſſe Bedeutung verbunden oder für dieſe oder jene eine dauernde Vor- liebe gezeigt habe. Schwarz z. B. war immer die Farbe der Trauer, und es iſt nur ein widerſpruchsvoller Fehler unſrer im Coſtümweſen zerfahrenen Zeit, wenn es zugleich die Farbe der Feſtfreude männlicherſeits geworden iſt. So trauerte auch das Mittelalter (mit wenigen localen Abweichungen in Weiß oder Grau) faſt ausnahmlos. Wenn aber der König von Frankreich allein in Roth trauerte und ſelbſt die Königin gleich der Bürger- frau Schwarz anlegen mußte, ſo iſt das eine Ausnahme von ſo vorragender Bedeutung, wie ſie nur die allen Vergleich ausſchlie- ßende Stellung des franzöſiſchen Königs im Sinne des ſpätern Mittelalters rechtfertigt oder erklärlich macht. Es iſt, als ob es heißen ſolle, der König ſtehe ſo hoch, daß Leid und Freude ihn nicht erreichen könne, denn Roth iſt die vor allen bevorzugte Farbe des Mittelalters, die Farbe der Freude wie der Ehre. Von dem Purpur und ſeiner Bedeutung abgeſehen, die wir ſchon früher haben kennen lernen, war Roth, insbeſondere Scharlach, vielfach eine Auszeichnung der höchſten Stände. In Bologna z. B. war Carmoiſin und Roſenroth dem alten Adel vorbehalten, und in Soeſt durfte eine Braut an ihrem Ehrentage kein ſcharlachrothes Kleid tragen, wenn ſie nicht einen Brautſchatz von beſtimmter Größe mitbrachte. Es iſt bekannt, welche Bedeutung die rothe Farbe beim Gericht hatte, wovon der rothe Mantel des Scharf- richters und der rothe Talar der Juriſtenfacultäten noch lange übrig blieb. Wer nicht den Blutbann hatte, durfte nicht mit ro- them Wachs ſiegeln. Man mag auch dabei der heiligen Vehme auf der rothen Erde gedenken. — Roth und Gelb waren die Lieblingsfarben des Mittelalters; Brokat mit goldenem Muſter
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II. Das Mittelalter.
erſcheinen, mit deren Farbe ſie eine ſinnvolle Bedeutung verban-
den, wie das die Gedichte melden. Dieſelben ſcheinen auch anzu-
deuten, wie das zu gehen pflegt, daß man den anmuthigen Scherz
des Farbenſpiels auch über das Feſt hinaus fortgeſetzt und auf
das wirkliche, geſellige Leben übertragen habe.
Es giebt der Nachweiſe genug, daß man im ganzen Mittel-
alter, wie es zu allen Zeiten war, mit gewiſſen Farben gewiſſe
Bedeutung verbunden oder für dieſe oder jene eine dauernde Vor-
liebe gezeigt habe. Schwarz z. B. war immer die Farbe der
Trauer, und es iſt nur ein widerſpruchsvoller Fehler unſrer im
Coſtümweſen zerfahrenen Zeit, wenn es zugleich die Farbe der
Feſtfreude männlicherſeits geworden iſt. So trauerte auch das
Mittelalter (mit wenigen localen Abweichungen in Weiß oder
Grau) faſt ausnahmlos. Wenn aber der König von Frankreich
allein in Roth trauerte und ſelbſt die Königin gleich der Bürger-
frau Schwarz anlegen mußte, ſo iſt das eine Ausnahme von ſo
vorragender Bedeutung, wie ſie nur die allen Vergleich ausſchlie-
ßende Stellung des franzöſiſchen Königs im Sinne des ſpätern
Mittelalters rechtfertigt oder erklärlich macht. Es iſt, als ob es
heißen ſolle, der König ſtehe ſo hoch, daß Leid und Freude ihn
nicht erreichen könne, denn Roth iſt die vor allen bevorzugte
Farbe des Mittelalters, die Farbe der Freude wie der Ehre. Von
dem Purpur und ſeiner Bedeutung abgeſehen, die wir ſchon früher
haben kennen lernen, war Roth, insbeſondere Scharlach, vielfach
eine Auszeichnung der höchſten Stände. In Bologna z. B. war
Carmoiſin und Roſenroth dem alten Adel vorbehalten, und in
Soeſt durfte eine Braut an ihrem Ehrentage kein ſcharlachrothes
Kleid tragen, wenn ſie nicht einen Brautſchatz von beſtimmter
Größe mitbrachte. Es iſt bekannt, welche Bedeutung die rothe
Farbe beim Gericht hatte, wovon der rothe Mantel des Scharf-
richters und der rothe Talar der Juriſtenfacultäten noch lange
übrig blieb. Wer nicht den Blutbann hatte, durfte nicht mit ro-
them Wachs ſiegeln. Man mag auch dabei der heiligen Vehme
auf der rothen Erde gedenken. — Roth und Gelb waren die
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/272>, abgerufen am 08.07.2024.
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