Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.d) von allerhand schul- meisten gestehen wohl, daß sie nöthig sey, aber sehrwenig geben sich die mühe dieselbe zu erlernen. Weil es unsere mutter-sprache heist, so wollen wir auch von den müttern alles begreiffen, was uns davon zu wissen nöthig ist. Rechtschaffene leute, welche der jugend darinnen zu dienen gedencken, müssen sich verächtlich tractiren lassen, und die meisten alten schul-monarchen finden alle ihre interesse dabey, daß sie von der Teutschen Oratorie nicht viel wesens ma- chen. Denn bey den gewöhnlichen Rhetoricken gie- bet es vielerley auswendig zu lernen, und wer nach dieser art seine information einzurichten gedencket, kan gar leicht einen halben Julium Cäsarem abge- ben, und zu gleicher zeit vor andere und sich selbst arbeiten: Da hingegen bey einer rechten anführung in diesem studio gar wenig auf das auswendig ler- nen ankömmt, sondern bey nahe alles durch immer- währendes fragen und elaboriren muß ausgerichtet werden. Als im vorigen seculo die Frantzosen unter der tzen
d) von allerhand ſchul- meiſten geſtehen wohl, daß ſie noͤthig ſey, aber ſehrwenig geben ſich die muͤhe dieſelbe zu erlernen. Weil es unſere mutter-ſprache heiſt, ſo wollen wir auch von den muͤttern alles begreiffen, was uns davon zu wiſſen noͤthig iſt. Rechtſchaffene leute, welche der jugend darinnen zu dienen gedencken, muͤſſen ſich veraͤchtlich tractiren laſſen, und die meiſten alten ſchul-monarchen finden alle ihre intereſſe dabey, daß ſie von der Teutſchen Oratorie nicht viel weſens ma- chen. Denn bey den gewoͤhnlichen Rhetoricken gie- bet es vielerley auswendig zu lernen, und wer nach dieſer art ſeine information einzurichten gedencket, kan gar leicht einen halben Julium Caͤſarem abge- ben, und zu gleicher zeit vor andere und ſich ſelbſt arbeiten: Da hingegen bey einer rechten anfuͤhrung in dieſem ſtudio gar wenig auf das auswendig ler- nen ankoͤmmt, ſondern bey nahe alles durch immer- waͤhrendes fragen und elaboriren muß ausgerichtet werden. Als im vorigen ſeculo die Frantzoſen unter der tzen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <note xml:id="note-d-23" prev="#notefn-d-23" place="end" n="d)"> <floatingText> <body> <p><pb facs="#f0456" n="438"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von allerhand ſchul-</hi></fw><lb/> meiſten geſtehen wohl, daß ſie noͤthig ſey, aber ſehr<lb/> wenig geben ſich die muͤhe dieſelbe zu erlernen. Weil<lb/> es unſere mutter-ſprache heiſt, ſo wollen wir auch von<lb/> den muͤttern alles begreiffen, was uns davon zu<lb/> wiſſen noͤthig iſt. Rechtſchaffene leute, welche der<lb/> jugend darinnen zu dienen gedencken, muͤſſen ſich<lb/> veraͤchtlich tractiren laſſen, und die meiſten alten<lb/> ſchul-monarchen finden alle ihre intereſſe dabey, daß<lb/> ſie von der Teutſchen Oratorie nicht viel weſens ma-<lb/> chen. Denn bey den gewoͤhnlichen Rhetoricken gie-<lb/> bet es vielerley auswendig zu lernen, und wer nach<lb/> dieſer art ſeine information einzurichten gedencket,<lb/> kan gar leicht einen halben Julium Caͤſarem abge-<lb/> ben, und zu gleicher zeit vor andere und ſich ſelbſt<lb/> arbeiten: Da hingegen bey einer rechten anfuͤhrung<lb/> in dieſem ſtudio gar wenig auf das auswendig ler-<lb/> nen ankoͤmmt, ſondern bey nahe alles durch immer-<lb/> waͤhrendes fragen und elaboriren muß ausgerichtet<lb/> werden.</p><lb/> <p>Als im vorigen ſeculo die Frantzoſen unter der<lb/> direction des Cardinals Richelieu an efangen hatten<lb/> ihre ſprache zu verbeſſern, ſo wolte man wie in an-<lb/> dern, alſo auch in dieſem ſtuͤcke den auslaͤndern in<lb/> Teutſchland nachgehen, und das werck am allereh-<lb/> ſten durch geſellſchaften heben, darinnen ſich alle<lb/> glieder einen beſondern nahmen geben und durch<lb/> buͤcher-ſchreiben ihre landes-leute nach und nach zu<lb/> der liebe ihrer eigenen ſprache gewoͤhnen ſolten. Wie<lb/> nun hierbey das abſehen der durchlauchtigſten Stif-<lb/> ter gar ſehr zu loben, auch der nutzen vielleicht in<lb/> einem und dem andern ſtuͤcke zu erkennen war: So<lb/> muſte man hingegen beklagen, daß etliche nicht<lb/> zeit, andere, die ſich mit gewalt mit einmiſchen wol-<lb/> ten, nicht capacite genug hatten das werck zu heben,<lb/> die letztern aber, welche gar zu ſehr affectiren, und<lb/> gleichſam einen ſchoͤppenſtuhl vor die Teutſchen woͤr-<lb/> ter aufrichten wolten, denſelben mehr ſpott als nu-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tzen</fw><lb/></p> </body> </floatingText> </note> </div> </div> </body> </text> </TEI> [438/0456]
von allerhand ſchul-
d⁾
meiſten geſtehen wohl, daß ſie noͤthig ſey, aber ſehr
wenig geben ſich die muͤhe dieſelbe zu erlernen. Weil
es unſere mutter-ſprache heiſt, ſo wollen wir auch von
den muͤttern alles begreiffen, was uns davon zu
wiſſen noͤthig iſt. Rechtſchaffene leute, welche der
jugend darinnen zu dienen gedencken, muͤſſen ſich
veraͤchtlich tractiren laſſen, und die meiſten alten
ſchul-monarchen finden alle ihre intereſſe dabey, daß
ſie von der Teutſchen Oratorie nicht viel weſens ma-
chen. Denn bey den gewoͤhnlichen Rhetoricken gie-
bet es vielerley auswendig zu lernen, und wer nach
dieſer art ſeine information einzurichten gedencket,
kan gar leicht einen halben Julium Caͤſarem abge-
ben, und zu gleicher zeit vor andere und ſich ſelbſt
arbeiten: Da hingegen bey einer rechten anfuͤhrung
in dieſem ſtudio gar wenig auf das auswendig ler-
nen ankoͤmmt, ſondern bey nahe alles durch immer-
waͤhrendes fragen und elaboriren muß ausgerichtet
werden.
Als im vorigen ſeculo die Frantzoſen unter der
direction des Cardinals Richelieu an efangen hatten
ihre ſprache zu verbeſſern, ſo wolte man wie in an-
dern, alſo auch in dieſem ſtuͤcke den auslaͤndern in
Teutſchland nachgehen, und das werck am allereh-
ſten durch geſellſchaften heben, darinnen ſich alle
glieder einen beſondern nahmen geben und durch
buͤcher-ſchreiben ihre landes-leute nach und nach zu
der liebe ihrer eigenen ſprache gewoͤhnen ſolten. Wie
nun hierbey das abſehen der durchlauchtigſten Stif-
ter gar ſehr zu loben, auch der nutzen vielleicht in
einem und dem andern ſtuͤcke zu erkennen war: So
muſte man hingegen beklagen, daß etliche nicht
zeit, andere, die ſich mit gewalt mit einmiſchen wol-
ten, nicht capacite genug hatten das werck zu heben,
die letztern aber, welche gar zu ſehr affectiren, und
gleichſam einen ſchoͤppenſtuhl vor die Teutſchen woͤr-
ter aufrichten wolten, denſelben mehr ſpott als nu-
tzen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |