Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

und von briefen.
inne haben und anwenden muß, erfodern sie
auch eine besondere natürliche fähigkeit, und
geschwinde expedition, dazu eine fleißige ü-
bung und erfahrung behülfflich ist.

S. Hrn. Hof-rath Langens E. z. O. II. 91. da
man leicht die besten regeln und exempel an-
trift, Neukirch anweisung zu Teutschen
briefen, Talanders, Menantes, Weisens,
Junckers, etc. Kemmerich
l. c. p. 1124. Hede-
richs Philolog. Wiss.
p. 585.

§. 12. Die erfindung ist bey denen briefen
sehr leicht, denn die ursach, warum ich schrei-
ben muß, und die gelegenheit zum schreiben,
wird mein thema, oder die proposition des
briefes. Habe ich mehr propositiones, so
muß ich die connexiones erfinden, oder ich
kan auch dieselben weglassen, und die propo-
sitiones bloß hinsetzen, wann ich an familiai-
re freunde schreibe. Die ausführung geschicht
kurtz, und deutlich in wenigen und gantz na-
türlichen argumentis, ohne allen zwang und
grosse kunst.

§. 13. Die schreib-art muß also so natür-
lich seyn, als wann man redete, dennoch fin-
det auch, nach beschaffenheit der sache, der ar-
gute stilus statt. Und weil doch hier die worte
geschrieben werden, und nicht so leicht ver-
schwinden, als in discursen, so muß man auch
in setzung derselben etwas behutsam verfah-
ren. Am gebräuchlichsten ist hier also der ga-
lante, cäremoniöse familiaire stilus, welcher
hier der stilus epistolaris heisset.


Siehe

und von briefen.
inne haben und anwenden muß, erfodern ſie
auch eine beſondere natuͤrliche faͤhigkeit, und
geſchwinde expedition, dazu eine fleißige uͤ-
bung und erfahrung behuͤlfflich iſt.

S. Hrn. Hof-rath Langens E. z. O. II. 91. da
man leicht die beſten regeln und exempel an-
trift, Neukirch anweiſung zu Teutſchen
briefen, Talanders, Menantes, Weiſens,
Junckers, ꝛc. Kemmerich
l. c. p. 1124. Hede-
richs Philolog. Wiſſ.
p. 585.

§. 12. Die erfindung iſt bey denen briefen
ſehr leicht, denn die urſach, warum ich ſchrei-
ben muß, und die gelegenheit zum ſchreiben,
wird mein thema, oder die propoſition des
briefes. Habe ich mehr propoſitiones, ſo
muß ich die connexiones erfinden, oder ich
kan auch dieſelben weglaſſen, und die propo-
ſitiones bloß hinſetzen, wann ich an familiai-
re freunde ſchreibe. Die ausfuͤhrung geſchicht
kurtz, und deutlich in wenigen und gantz na-
tuͤrlichen argumentis, ohne allen zwang und
groſſe kunſt.

§. 13. Die ſchreib-art muß alſo ſo natuͤr-
lich ſeyn, als wann man redete, dennoch fin-
det auch, nach beſchaffenheit der ſache, der ar-
gute ſtilus ſtatt. Und weil doch hier die worte
geſchrieben werden, und nicht ſo leicht ver-
ſchwinden, als in diſcurſen, ſo muß man auch
in ſetzung derſelben etwas behutſam verfah-
ren. Am gebraͤuchlichſten iſt hier alſo der ga-
lante, caͤremonioͤſe familiaire ſtilus, welcher
hier der ſtilus epiſtolaris heiſſet.


Siehe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0433" n="415"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und von                         briefen.</hi></fw><lb/>
inne haben und anwenden muß, erfodern                         &#x017F;ie<lb/>
auch eine be&#x017F;ondere natu&#x0364;rliche                         fa&#x0364;higkeit, und<lb/>
ge&#x017F;chwinde expedition, dazu eine fleißige                         u&#x0364;-<lb/>
bung und erfahrung behu&#x0364;lfflich i&#x017F;t.</p><lb/>
          <list>
            <item>S. <hi rendition="#fr">Hrn. Hof-rath Langens E. z. O.</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 91. da<lb/>
man leicht die be&#x017F;ten                             regeln und exempel an-<lb/>
trift, <hi rendition="#fr">Neukirch                                 anwei&#x017F;ung zu Teut&#x017F;chen<lb/>
briefen, Talanders,                                 Menantes, Wei&#x017F;ens,<lb/>
Junckers, &#xA75B;c. Kemmerich</hi> <hi rendition="#aq">l. c. p.</hi> 1124. <hi rendition="#fr">Hede-<lb/>
richs Philolog. Wi&#x017F;&#x017F;.</hi> <hi rendition="#aq">p.</hi> 585.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 12. Die erfindung i&#x017F;t bey denen briefen<lb/>
&#x017F;ehr leicht,                         denn die ur&#x017F;ach, warum ich &#x017F;chrei-<lb/>
ben muß, und die                         gelegenheit zum &#x017F;chreiben,<lb/>
wird mein thema, oder die                         propo&#x017F;ition des<lb/>
briefes. Habe ich mehr propo&#x017F;itiones,                         &#x017F;o<lb/>
muß ich die connexiones erfinden, oder ich<lb/>
kan auch                         die&#x017F;elben wegla&#x017F;&#x017F;en, und die propo-<lb/>
&#x017F;itiones bloß hin&#x017F;etzen, wann ich an familiai-<lb/>
re freunde                         &#x017F;chreibe. Die ausfu&#x0364;hrung ge&#x017F;chicht<lb/>
kurtz, und                         deutlich in wenigen und gantz na-<lb/>
tu&#x0364;rlichen argumentis, ohne                         allen zwang und<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e kun&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>§. 13. Die &#x017F;chreib-art muß al&#x017F;o &#x017F;o natu&#x0364;r-<lb/>
lich &#x017F;eyn, als wann man redete, dennoch fin-<lb/>
det auch, nach                         be&#x017F;chaffenheit der &#x017F;ache, der ar-<lb/>
gute &#x017F;tilus                         &#x017F;tatt. Und weil doch hier die worte<lb/>
ge&#x017F;chrieben werden,                         und nicht &#x017F;o leicht ver-<lb/>
&#x017F;chwinden, als in                         di&#x017F;cur&#x017F;en, &#x017F;o muß man auch<lb/>
in &#x017F;etzung                         der&#x017F;elben etwas behut&#x017F;am verfah-<lb/>
ren. Am                         gebra&#x0364;uchlich&#x017F;ten i&#x017F;t hier al&#x017F;o der ga-<lb/>
lante, ca&#x0364;remonio&#x0364;&#x017F;e familiaire &#x017F;tilus,                         welcher<lb/>
hier der &#x017F;tilus epi&#x017F;tolaris                         hei&#x017F;&#x017F;et.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Siehe</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0433] und von briefen. inne haben und anwenden muß, erfodern ſie auch eine beſondere natuͤrliche faͤhigkeit, und geſchwinde expedition, dazu eine fleißige uͤ- bung und erfahrung behuͤlfflich iſt. S. Hrn. Hof-rath Langens E. z. O. II. 91. da man leicht die beſten regeln und exempel an- trift, Neukirch anweiſung zu Teutſchen briefen, Talanders, Menantes, Weiſens, Junckers, ꝛc. Kemmerich l. c. p. 1124. Hede- richs Philolog. Wiſſ. p. 585. §. 12. Die erfindung iſt bey denen briefen ſehr leicht, denn die urſach, warum ich ſchrei- ben muß, und die gelegenheit zum ſchreiben, wird mein thema, oder die propoſition des briefes. Habe ich mehr propoſitiones, ſo muß ich die connexiones erfinden, oder ich kan auch dieſelben weglaſſen, und die propo- ſitiones bloß hinſetzen, wann ich an familiai- re freunde ſchreibe. Die ausfuͤhrung geſchicht kurtz, und deutlich in wenigen und gantz na- tuͤrlichen argumentis, ohne allen zwang und groſſe kunſt. §. 13. Die ſchreib-art muß alſo ſo natuͤr- lich ſeyn, als wann man redete, dennoch fin- det auch, nach beſchaffenheit der ſache, der ar- gute ſtilus ſtatt. Und weil doch hier die worte geſchrieben werden, und nicht ſo leicht ver- ſchwinden, als in diſcurſen, ſo muß man auch in ſetzung derſelben etwas behutſam verfah- ren. Am gebraͤuchlichſten iſt hier alſo der ga- lante, caͤremonioͤſe familiaire ſtilus, welcher hier der ſtilus epiſtolaris heiſſet. Siehe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/433
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/433>, abgerufen am 19.05.2024.