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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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des ausdrucks.
dem ausdruck, etwas gedencke, welchen ich
in der vorbereitung, §. 3. den allgemeinen ge-
nennet. Und da ich bißhero, wie man den be-
sondern erhalten müsse, weitläuftig gezeiget,
der besondere aber in ansehung des ausdrucks,
sich ebenfals auf den allgemeinen beziehet, so
ist es nöthig, daß ich von diesen etwas weni-
ges beybringe.

§. 2. Der allgemeine endzweck der gantzen
gelehrsamkeit, also auch der beredtsamkeit und
des ausdrucks unserer gedancken, ist, die
glückseligkeit und das vergnügen der menschli-
chen gesellschaft zu befödern. Weil auch ein
ieder mensch ein mitglied dieser gesellschafft ist,
so hat er das recht, sich des ausdrucks, damit
er seine eigene wohlfahrt und vergnügen wür-
cke und behaupte, nach seinen vermögen zu
bedienen, zu welchem recht ihn die natur durch
die organa und sprachen den weg bahnet, und
welches ihm durch keine willkührliche macht
anderer kan entzogen werden.

Man redet in dem Recht der natur, so viel von den
schuldigkeiten des menschen, aber niemahls von
dem rechte desselben, welches gewiß nicht so
gering, daß es nicht eine besondere untersu-
chung verdienete. Jndem man also die mensch-
heit mit erzehlungen von ihrer schuldigkeit drü-
cket, so dencket sie, es komme ihr von ihrem
recht zu disponiren allein zu, dannenhero fasset
sie zwar die schuldigkeiten in das gedächtnis,
aber die empfindung von ihrem recht behält sie
in dem hertzen, oder sie wird im besitz und ge-
brauch ihres rechts, durch eitele speculationes
und
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des ausdrucks.
dem ausdruck, etwas gedencke, welchen ich
in der vorbereitung, §. 3. den allgemeinen ge-
nennet. Und da ich bißhero, wie man den be-
ſondern erhalten muͤſſe, weitlaͤuftig gezeiget,
der beſondere aber in anſehung des ausdrucks,
ſich ebenfals auf den allgemeinen beziehet, ſo
iſt es noͤthig, daß ich von dieſen etwas weni-
ges beybringe.

§. 2. Der allgemeine endzweck der gantzen
gelehrſamkeit, alſo auch der beredtſamkeit und
des ausdrucks unſerer gedancken, iſt, die
gluͤckſeligkeit und das vergnuͤgen der menſchli-
chen geſellſchaft zu befoͤdern. Weil auch ein
ieder menſch ein mitglied dieſer geſellſchafft iſt,
ſo hat er das recht, ſich des ausdrucks, damit
er ſeine eigene wohlfahrt und vergnuͤgen wuͤr-
cke und behaupte, nach ſeinen vermoͤgen zu
bedienen, zu welchem recht ihn die natur durch
die organa und ſprachen den weg bahnet, und
welches ihm durch keine willkuͤhrliche macht
anderer kan entzogen werden.

Man redet in dem Recht der natur, ſo viel von den
ſchuldigkeiten des menſchen, aber niemahls von
dem rechte deſſelben, welches gewiß nicht ſo
gering, daß es nicht eine beſondere unterſu-
chung verdienete. Jndem man alſo die menſch-
heit mit erzehlungen von ihrer ſchuldigkeit druͤ-
cket, ſo dencket ſie, es komme ihr von ihrem
recht zu diſponiren allein zu, dannenhero faſſet
ſie zwar die ſchuldigkeiten in das gedaͤchtnis,
aber die empfindung von ihrem recht behaͤlt ſie
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brauch ihres rechts, durch eitele ſpeculationes
und
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[361/0379] des ausdrucks. dem ausdruck, etwas gedencke, welchen ich in der vorbereitung, §. 3. den allgemeinen ge- nennet. Und da ich bißhero, wie man den be- ſondern erhalten muͤſſe, weitlaͤuftig gezeiget, der beſondere aber in anſehung des ausdrucks, ſich ebenfals auf den allgemeinen beziehet, ſo iſt es noͤthig, daß ich von dieſen etwas weni- ges beybringe. §. 2. Der allgemeine endzweck der gantzen gelehrſamkeit, alſo auch der beredtſamkeit und des ausdrucks unſerer gedancken, iſt, die gluͤckſeligkeit und das vergnuͤgen der menſchli- chen geſellſchaft zu befoͤdern. Weil auch ein ieder menſch ein mitglied dieſer geſellſchafft iſt, ſo hat er das recht, ſich des ausdrucks, damit er ſeine eigene wohlfahrt und vergnuͤgen wuͤr- cke und behaupte, nach ſeinen vermoͤgen zu bedienen, zu welchem recht ihn die natur durch die organa und ſprachen den weg bahnet, und welches ihm durch keine willkuͤhrliche macht anderer kan entzogen werden. Man redet in dem Recht der natur, ſo viel von den ſchuldigkeiten des menſchen, aber niemahls von dem rechte deſſelben, welches gewiß nicht ſo gering, daß es nicht eine beſondere unterſu- chung verdienete. Jndem man alſo die menſch- heit mit erzehlungen von ihrer ſchuldigkeit druͤ- cket, ſo dencket ſie, es komme ihr von ihrem recht zu diſponiren allein zu, dannenhero faſſet ſie zwar die ſchuldigkeiten in das gedaͤchtnis, aber die empfindung von ihrem recht behaͤlt ſie in dem hertzen, oder ſie wird im beſitz und ge- brauch ihres rechts, durch eitele ſpeculationes und Z 5

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/379>, abgerufen am 22.11.2024.