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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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des stili insonderheit.
tundum und concinnum, und unter den conci-
sum und sententiosum. Den ersten hiessen die
alten Asiaticum, den andern Atticum, und den
dritten Laconicum. Der luxurians, diffusus,
Asiaticus stilus ist in seinen ausdruck weitläuf-
tig, mit vielen beywörtern bereichert, gebrauchet
lange worte, redens-arten, lange periodos,
nimt alle determinationes und umstände einer
sache mit, leidet viel propositiones incidentes,
ausschweiffungen und beschreibungen, auch
viel tropos und figuren, ist zum öftern mit
dem sublimi, mediocri, und pathetico verbun-
den, und beobachtet auch also die von diesen
gegebene regeln, allezeit aber ist er Oratorius.

Er heist sonst auch prolixus, circumductus, siehe
Hederichs Philolog Wissensch. p. 549. Hei-
neccium
l. c. Langens Einl. 3. O. I. p. 302.
giebt davon ein exempel. Muretus, Hof-
mannswaldau, etc.
führen ihn. Zur probe
mag folgendes seyn:
Propositio: Wer sich nichts zutrauet/ wird sel-
ten befördert, wenn er schon gelehrt ist.
Argum probans: Denn heut zu tage gilt das
wind machen.
Elabor. Alle verzagte und furchtsame gemüther-
welche ihre eigene kräfte nicht mit richtiger wa-
ge abzumessen und mit gnugsamer scharfsichtig-
keit zu betrachten wissen, dannenhero sich selbst
des glücks unwürdig schätzen, und an ihren ver-
diensten verzweiffeln, erfahren mehrentheils,
daß eben dieses von ihnen gefürchtete und mit
gar zu grosser demuth verehrete glück, ihnen die
thüre zu der gehoften ruhe, zu den verdienten be-
loh-
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des ſtili inſonderheit.
tundum und concinnum, und unter den conci-
ſum und ſententioſum. Den erſten hieſſen die
alten Aſiaticum, den andern Atticum, und den
dritten Laconicum. Der luxurians, diffuſus,
Aſiaticus ſtilus iſt in ſeinẽ ausdruck weitlaͤuf-
tig, mit vielẽ beywoͤrtern bereichert, gebrauchet
lange worte, redens-arten, lange periodos,
nimt alle determinationes und umſtaͤnde einer
ſache mit, leidet viel propoſitiones incidentes,
ausſchweiffungen und beſchreibungen, auch
viel tropos und figuren, iſt zum oͤftern mit
dem ſublimi, mediocri, und pathetico verbun-
den, und beobachtet auch alſo die von dieſen
gegebene regeln, allezeit aber iſt er Oratorius.

Er heiſt ſonſt auch prolixus, circumductus, ſiehe
Hederichs Philolog Wiſſenſch. p. 549. Hei-
neccium
l. c. Langens Einl. 3. O. I. p. 302.
giebt davon ein exempel. Muretus, Hof-
mannswaldau, ꝛc.
fuͤhren ihn. Zur probe
mag folgendes ſeyn:
Propoſitio: Wer ſich nichts zutrauet/ wird ſel-
ten befördert, wenn er ſchon gelehrt iſt.
Argum probans: Denn heut zu tage gilt das
wind machen.
Elabor. Alle verzagte und furchtſame gemuͤther-
welche ihre eigene kraͤfte nicht mit richtiger wa-
ge abzumeſſen und mit gnugſamer ſcharfſichtig-
keit zu betrachten wiſſen, dannenhero ſich ſelbſt
des gluͤcks unwuͤrdig ſchaͤtzen, und an ihren ver-
dienſten verzweiffeln, erfahren mehrentheils,
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[345/0363] des ſtili inſonderheit. tundum und concinnum, und unter den conci- ſum und ſententioſum. Den erſten hieſſen die alten Aſiaticum, den andern Atticum, und den dritten Laconicum. Der luxurians, diffuſus, Aſiaticus ſtilus iſt in ſeinẽ ausdruck weitlaͤuf- tig, mit vielẽ beywoͤrtern bereichert, gebrauchet lange worte, redens-arten, lange periodos, nimt alle determinationes und umſtaͤnde einer ſache mit, leidet viel propoſitiones incidentes, ausſchweiffungen und beſchreibungen, auch viel tropos und figuren, iſt zum oͤftern mit dem ſublimi, mediocri, und pathetico verbun- den, und beobachtet auch alſo die von dieſen gegebene regeln, allezeit aber iſt er Oratorius. Er heiſt ſonſt auch prolixus, circumductus, ſiehe Hederichs Philolog Wiſſenſch. p. 549. Hei- neccium l. c. Langens Einl. 3. O. I. p. 302. giebt davon ein exempel. Muretus, Hof- mannswaldau, ꝛc. fuͤhren ihn. Zur probe mag folgendes ſeyn: Propoſitio: Wer ſich nichts zutrauet/ wird ſel- ten befördert, wenn er ſchon gelehrt iſt. Argum probans: Denn heut zu tage gilt das wind machen. Elabor. Alle verzagte und furchtſame gemuͤther- welche ihre eigene kraͤfte nicht mit richtiger wa- ge abzumeſſen und mit gnugſamer ſcharfſichtig- keit zu betrachten wiſſen, dannenhero ſich ſelbſt des gluͤcks unwuͤrdig ſchaͤtzen, und an ihren ver- dienſten verzweiffeln, erfahren mehrentheils, daß eben dieſes von ihnen gefuͤrchtete und mit gar zu groſſer demuth verehrete gluͤck, ihnen die thuͤre zu der gehoften ruhe, zu den verdienten be- loh- Y 5

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/363>, abgerufen am 17.05.2024.