Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von dem stilo

§. 9. Bey der iunctur und ordnung der
wörter ist zu mercken, daß man hiebey die be-
schaffenheit der sache und die eigenschaften der
sprache zum voraus erwegen müsse, denn nach
diesem ist die iunctur und ordnung der wörter
einzurichten, hernach vermeidet man sorgfältig,
daß nicht die natürliche ordnung der sachen
durch die wörter verworffen werde, daß nicht
gar zu viel vocales, nicht gar zu viel consonan-
tes zusammen kommen, daß nicht gar zu viel
gleichlautende sylben, zu viel einsylbige oder
zweysylbige wörter auf einander folgen, oder
auch ein consonans oder vocalis zu ofte hinter-
einander wiederholet werde, und endlich daß
keine reime, termini klappantes oder würckliche
verse fürkommen.

Von denen fehlern so hiewieder begangen werden,
geben sonderlich Hederich und Kemmerich ar-
tige exempel. Hieraus entstehet der stilus hiul-
cus, unisonus, vagus etc.

§. 10. Eine sehr nöthige und angenehme ei-
genschaft des stili ist, die periodische structur,
welche nicht nur der deutlichkeit fürtreflich zu
statten kommt, sondern auch dem stilo eine be-
sondere annehmlichkeit giebt. Es beruhet aber
dieselbe auf die interpunction und den so ge-
nannten numerum oratorium, iene zeiget, wie
man einen periodum, durch commata, cola, se-
micola und puncta unterscheiden, und also der
stimme zum steigen, ruhen und fallen, gehörige
zeit geben müsse,a) dieser aber ist eine gewisse
masse des gantzen periodi, dadurch derselbe in

einer
von dem ſtilo

§. 9. Bey der iunctur und ordnung der
woͤrter iſt zu mercken, daß man hiebey die be-
ſchaffenheit der ſache und die eigenſchaften der
ſprache zum voraus erwegen muͤſſe, denn nach
dieſem iſt die iunctur und ordnung der woͤrter
einzurichten, hernach vermeidet man ſorgfaͤltig,
daß nicht die natuͤrliche ordnung der ſachen
durch die woͤrter verworffen werde, daß nicht
gar zu viel vocales, nicht gar zu viel conſonan-
tes zuſammen kommen, daß nicht gar zu viel
gleichlautende ſylben, zu viel einſylbige oder
zweyſylbige woͤrter auf einander folgen, oder
auch ein conſonans oder vocalis zu ofte hinter-
einander wiederholet werde, und endlich daß
keine reime, termini klappantes oder wuͤrckliche
verſe fuͤrkommen.

Von denen fehlern ſo hiewieder begangen werden,
geben ſonderlich Hederich und Kemmerich ar-
tige exempel. Hieraus entſtehet der ſtilus hiul-
cus, uniſonus, vagus ꝛc.

§. 10. Eine ſehr noͤthige und angenehme ei-
genſchaft des ſtili iſt, die periodiſche ſtructur,
welche nicht nur der deutlichkeit fuͤrtreflich zu
ſtatten kommt, ſondern auch dem ſtilo eine be-
ſondere annehmlichkeit giebt. Es beruhet aber
dieſelbe auf die interpunction und den ſo ge-
nannten numerum oratorium, iene zeiget, wie
man einen periodum, durch commata, cola, ſe-
micola und puncta unterſcheiden, und alſo der
ſtimme zum ſteigen, ruhen und fallen, gehoͤrige
zeit geben muͤſſe,a) dieſer aber iſt eine gewiſſe
maſſe des gantzen periodi, dadurch derſelbe in

einer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0228" n="210"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von dem &#x017F;tilo</hi> </fw><lb/>
          <p>§. 9. Bey der iunctur und ordnung der<lb/>
wo&#x0364;rter i&#x017F;t zu                         mercken, daß man hiebey die be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit der &#x017F;ache                         und die eigen&#x017F;chaften der<lb/>
&#x017F;prache zum voraus erwegen                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, denn nach<lb/>
die&#x017F;em i&#x017F;t die                         iunctur und ordnung der wo&#x0364;rter<lb/>
einzurichten, hernach vermeidet                         man &#x017F;orgfa&#x0364;ltig,<lb/>
daß nicht die natu&#x0364;rliche ordnung                         der &#x017F;achen<lb/>
durch die wo&#x0364;rter verworffen werde, daß                         nicht<lb/>
gar zu viel vocales, nicht gar zu viel con&#x017F;onan-<lb/>
tes                         zu&#x017F;ammen kommen, daß nicht gar zu viel<lb/>
gleichlautende                         &#x017F;ylben, zu viel ein&#x017F;ylbige oder<lb/>
zwey&#x017F;ylbige                         wo&#x0364;rter auf einander folgen, oder<lb/>
auch ein con&#x017F;onans oder                         vocalis zu ofte hinter-<lb/>
einander wiederholet werde, und endlich                         daß<lb/>
keine reime, termini klappantes oder wu&#x0364;rckliche<lb/>
ver&#x017F;e fu&#x0364;rkommen.</p><lb/>
          <list>
            <item>Von denen fehlern &#x017F;o hiewieder begangen werden,<lb/>
geben                             &#x017F;onderlich <hi rendition="#fr">Hederich</hi> und <hi rendition="#fr">Kemmerich</hi> ar-<lb/>
tige exempel. Hieraus                             ent&#x017F;tehet der &#x017F;tilus hiul-<lb/>
cus, uni&#x017F;onus,                             vagus &#xA75B;c.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 10. Eine &#x017F;ehr no&#x0364;thige und angenehme ei-<lb/>
gen&#x017F;chaft des &#x017F;tili i&#x017F;t, die periodi&#x017F;che                         &#x017F;tructur,<lb/>
welche nicht nur der deutlichkeit fu&#x0364;rtreflich                         zu<lb/>
&#x017F;tatten kommt, &#x017F;ondern auch dem &#x017F;tilo eine                         be-<lb/>
&#x017F;ondere annehmlichkeit giebt. Es beruhet aber<lb/>
die&#x017F;elbe auf die interpunction und den &#x017F;o ge-<lb/>
nannten                         numerum oratorium, iene zeiget, wie<lb/>
man einen periodum, durch commata,                         cola, &#x017F;e-<lb/>
micola und puncta unter&#x017F;cheiden, und                         al&#x017F;o der<lb/>
&#x017F;timme zum &#x017F;teigen, ruhen und fallen,                         geho&#x0364;rige<lb/>
zeit geben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<note xml:id="notefn-a-61" next="#note-a-61" place="end" n="a)"/> die&#x017F;er aber i&#x017F;t eine                         gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;e des gantzen periodi, dadurch                         der&#x017F;elbe in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0228] von dem ſtilo §. 9. Bey der iunctur und ordnung der woͤrter iſt zu mercken, daß man hiebey die be- ſchaffenheit der ſache und die eigenſchaften der ſprache zum voraus erwegen muͤſſe, denn nach dieſem iſt die iunctur und ordnung der woͤrter einzurichten, hernach vermeidet man ſorgfaͤltig, daß nicht die natuͤrliche ordnung der ſachen durch die woͤrter verworffen werde, daß nicht gar zu viel vocales, nicht gar zu viel conſonan- tes zuſammen kommen, daß nicht gar zu viel gleichlautende ſylben, zu viel einſylbige oder zweyſylbige woͤrter auf einander folgen, oder auch ein conſonans oder vocalis zu ofte hinter- einander wiederholet werde, und endlich daß keine reime, termini klappantes oder wuͤrckliche verſe fuͤrkommen. Von denen fehlern ſo hiewieder begangen werden, geben ſonderlich Hederich und Kemmerich ar- tige exempel. Hieraus entſtehet der ſtilus hiul- cus, uniſonus, vagus ꝛc. §. 10. Eine ſehr noͤthige und angenehme ei- genſchaft des ſtili iſt, die periodiſche ſtructur, welche nicht nur der deutlichkeit fuͤrtreflich zu ſtatten kommt, ſondern auch dem ſtilo eine be- ſondere annehmlichkeit giebt. Es beruhet aber dieſelbe auf die interpunction und den ſo ge- nannten numerum oratorium, iene zeiget, wie man einen periodum, durch commata, cola, ſe- micola und puncta unterſcheiden, und alſo der ſtimme zum ſteigen, ruhen und fallen, gehoͤrige zeit geben muͤſſe, a⁾ dieſer aber iſt eine gewiſſe maſſe des gantzen periodi, dadurch derſelbe in einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/228
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/228>, abgerufen am 24.11.2024.