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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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der gedancken.
Cunäo, Ziegler, etc. andere mischungen taugen
nichts.
b) Hieraus entspringt der unterschied des magni-
fiquen, fluiden, und concisen
ausdrucks.
Wenn man diese arten mit denen arten der vor-
hergehenden note vermischet, kan man wieder
besondere veränderungen des ausdrucks bemer-
cken. Ehrgeitzige lieben einen magnifiquen,
wollüstige einen fluiden, geldgeitzige einen con-
cisen ausdruck. etc.
c) Die auferziehung und der umgang, thut sehr
viel zur einrichtung des ausdrucks. Eine freye
conversation, liebreiche und vernünftige edu-
cation, macht, daß man ohne schwierigkeit sich
ausdruckt, und ohne furcht zu fehlen, eine solche
fertigkeit zeiget, die nicht anders als angenehm
ist. Eine stöckische pedantische auferziehung ist
ursach, daß man sich, wann man auch erwach-
sen und die herrlichsten anweisungen gehabt, die
schönsten bücher gelesen, die fürtreflichsten me-
ditationes im kopfe hat, die gelehrtesten sachen
zu papier bringet, dennoch im gemeinen leben,
nicht ohne zwang und noth, und ohne roth zu
werden, exprimiren kan. Jm gegentheil, wo
die eltern über der kinder albernes reden ein ge-
fallen zeigen und lachen, und der lehrer mit
furcht und zittern sie corrigiren muß, da bekom-
men die leute eine frechheit, daß sie nachge-
hends, ohne schamhaftigkeit, die albernsten ein-
fälle, auf eine impertinente art, fürbringen,
und die gantze zeit mit ihrem thörichten plap-
pern, verständiger leute ohren, auf die tortur
bringen, und wie viel hengt uns nicht aus der
conversation mit andern leuten an?
d) Dieses macht gar einen mercklichen unterschied,
S. Neuhusium im theatro ingenii humani und
andere, Z. e. der Teutsche ausdruck ist entweder
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der gedancken.
Cunaͤo, Ziegler, ꝛc. andere miſchungen taugen
nichts.
b) Hieraus entſpringt der unterſchied des magni-
fiquen, fluiden, und conciſen
ausdrucks.
Wenn man dieſe arten mit denen arten der vor-
hergehenden note vermiſchet, kan man wieder
beſondere veraͤnderungen des ausdrucks bemer-
cken. Ehrgeitzige lieben einen magnifiquen,
wolluͤſtige einen fluiden, geldgeitzige einen con-
ciſen ausdruck. ꝛc.
c) Die auferziehung und der umgang, thut ſehr
viel zur einrichtung des ausdrucks. Eine freye
converſation, liebreiche und vernuͤnftige edu-
cation, macht, daß man ohne ſchwierigkeit ſich
ausdruckt, und ohne furcht zu fehlen, eine ſolche
fertigkeit zeiget, die nicht anders als angenehm
iſt. Eine ſtoͤckiſche pedantiſche auferziehung iſt
urſach, daß man ſich, wann man auch erwach-
ſen und die herrlichſten anweiſungen gehabt, die
ſchoͤnſten buͤcher geleſen, die fuͤrtreflichſten me-
ditationes im kopfe hat, die gelehrteſten ſachen
zu papier bringet, dennoch im gemeinen leben,
nicht ohne zwang und noth, und ohne roth zu
werden, exprimiren kan. Jm gegentheil, wo
die eltern uͤber der kinder albernes reden ein ge-
fallen zeigen und lachen, und der lehrer mit
furcht und zittern ſie corrigiren muß, da bekom-
men die leute eine frechheit, daß ſie nachge-
hends, ohne ſchamhaftigkeit, die albernſten ein-
faͤlle, auf eine impertinente art, fuͤrbringen,
und die gantze zeit mit ihrem thoͤrichten plap-
pern, verſtaͤndiger leute ohren, auf die tortur
bringen, und wie viel hengt uns nicht aus der
converſation mit andern leuten an?
d) Dieſes macht gar einen mercklichen unterſchied,
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[169/0187] der gedancken. a⁾ Cunaͤo, Ziegler, ꝛc. andere miſchungen taugen nichts. b⁾ Hieraus entſpringt der unterſchied des magni- fiquen, fluiden, und conciſen ausdrucks. Wenn man dieſe arten mit denen arten der vor- hergehenden note vermiſchet, kan man wieder beſondere veraͤnderungen des ausdrucks bemer- cken. Ehrgeitzige lieben einen magnifiquen, wolluͤſtige einen fluiden, geldgeitzige einen con- ciſen ausdruck. ꝛc. c⁾ Die auferziehung und der umgang, thut ſehr viel zur einrichtung des ausdrucks. Eine freye converſation, liebreiche und vernuͤnftige edu- cation, macht, daß man ohne ſchwierigkeit ſich ausdruckt, und ohne furcht zu fehlen, eine ſolche fertigkeit zeiget, die nicht anders als angenehm iſt. Eine ſtoͤckiſche pedantiſche auferziehung iſt urſach, daß man ſich, wann man auch erwach- ſen und die herrlichſten anweiſungen gehabt, die ſchoͤnſten buͤcher geleſen, die fuͤrtreflichſten me- ditationes im kopfe hat, die gelehrteſten ſachen zu papier bringet, dennoch im gemeinen leben, nicht ohne zwang und noth, und ohne roth zu werden, exprimiren kan. Jm gegentheil, wo die eltern uͤber der kinder albernes reden ein ge- fallen zeigen und lachen, und der lehrer mit furcht und zittern ſie corrigiren muß, da bekom- men die leute eine frechheit, daß ſie nachge- hends, ohne ſchamhaftigkeit, die albernſten ein- faͤlle, auf eine impertinente art, fuͤrbringen, und die gantze zeit mit ihrem thoͤrichten plap- pern, verſtaͤndiger leute ohren, auf die tortur bringen, und wie viel hengt uns nicht aus der converſation mit andern leuten an? d⁾ Dieſes macht gar einen mercklichen unterſchied, S. Neuhuſium im theatro ingenii humani und andere, Z. e. der Teutſche ausdruck iſt entweder Schle- L 5

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/187>, abgerufen am 03.05.2024.