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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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der gedancken.
vulgaire dinge. Hingegen wenn ich spräche:
Fürsten müssen so wohl sterben als andere
menschen: Des Bary Rhetorick ist nicht viel
nutze: Bavii carmen ist sehr albern gemacht:
Madame hat heute eine pinsel-compagnie: zu
viel und zu wenig complimente machen, ist deu
leuten odiös:
gründet sich auf ein raisonne-
ment und auf abstracta. Bey ienem muß ich
vulgaire terminos brauchen, bey diesem darf
ich nach meinem willkühr ändern, wann ich nur
der idee des raisonnements nachgehe. Bey ie-
nem muß ich nur fragen, ob die copula richtig,
bey diesem bekümmere ich mich zugleich um den
richtigen concept des prädicati.
b) So lange ich eigentliche worte habe, und mein
obiectum keinen putz braucht, formire ich nur sä-
tze, die aus eigentlichen worten bestehen, und
da das prädicatum keinen t[r]opum involviret,
ferner, wo ich alle dunckelheit und zweydeutig-
keit sorgfältig vermeiden soll. Siehe §. 17.
c) Hiebey muß man auf die grund-regeln einer
ieden sprache sehen nach der grammatick; ferner
auf die idiotismos, d. i. solche redens-arten,
welche zu denen discrepantzen einer sprache von
der andern gehören, weiter ob sich die redens-
arten worauf beziehen sollen, S. Hederichs
Anleit. zu den Philolog. Wiss von der phra-
siologie.

d) Wann die ideen des subiecti und prädicati ein-
ander subordiniret sind, wird der satz beiahend;
sind sie einander opponirt, wird er verneinend
Z. e. Tugend und laster sind einander oppo-
niret, also spreche ich: Laster werden bey gros-
sen leuten nicht zu tugenden.

e) Dieser unterschied dependiret von der verhält-
niß des prädicati gegen das subiectum. Also
sage ich recht: Alle fürsten müssen sterben,
L
der gedancken.
vulgaire dinge. Hingegen wenn ich ſpraͤche:
Fuͤrſten muͤſſen ſo wohl ſterben als andere
menſchen: Des Bary Rhetorick iſt nicht viel
nutze: Bavii carmen iſt ſehr albern gemacht:
Madame hat heute eine pinſel-compagnie: zu
viel und zu wenig complimente machen, iſt deu
leuten odioͤs:
gruͤndet ſich auf ein raiſonne-
ment und auf abſtracta. Bey ienem muß ich
vulgaire terminos brauchen, bey dieſem darf
ich nach meinem willkuͤhr aͤndern, wann ich nur
der idee des raiſonnements nachgehe. Bey ie-
nem muß ich nur fragen, ob die copula richtig,
bey dieſem bekuͤmmere ich mich zugleich um den
richtigen concept des praͤdicati.
b) So lange ich eigentliche worte habe, und mein
obiectum keinen putz braucht, formire ich nur ſaͤ-
tze, die aus eigentlichen worten beſtehen, und
da das praͤdicatum keinen t[r]opum involviret,
ferner, wo ich alle dunckelheit und zweydeutig-
keit ſorgfaͤltig vermeiden ſoll. Siehe §. 17.
c) Hiebey muß man auf die grund-regeln einer
ieden ſprache ſehen nach der grammatick; ferner
auf die idiotiſmos, d. i. ſolche redens-arten,
welche zu denen diſcrepantzen einer ſprache von
der andern gehoͤren, weiter ob ſich die redens-
arten worauf beziehen ſollen, S. Hederichs
Anleit. zu den Philolog. Wiſſ von der phra-
ſiologie.

d) Wann die ideen des ſubiecti und praͤdicati ein-
ander ſubordiniret ſind, wird der ſatz beiahend;
ſind ſie einander opponirt, wird er verneinend
Z. e. Tugend und laſter ſind einander oppo-
niret, alſo ſpreche ich: Laſter werden bey groſ-
ſen leuten nicht zu tugenden.

e) Dieſer unterſchied dependiret von der verhaͤlt-
niß des praͤdicati gegen das ſubiectum. Alſo
ſage ich recht: Alle fuͤrſten muͤſſen ſterben,
L
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[161/0179] der gedancken. a⁾ vulgaire dinge. Hingegen wenn ich ſpraͤche: Fuͤrſten muͤſſen ſo wohl ſterben als andere menſchen: Des Bary Rhetorick iſt nicht viel nutze: Bavii carmen iſt ſehr albern gemacht: Madame hat heute eine pinſel-compagnie: zu viel und zu wenig complimente machen, iſt deu leuten odioͤs: gruͤndet ſich auf ein raiſonne- ment und auf abſtracta. Bey ienem muß ich vulgaire terminos brauchen, bey dieſem darf ich nach meinem willkuͤhr aͤndern, wann ich nur der idee des raiſonnements nachgehe. Bey ie- nem muß ich nur fragen, ob die copula richtig, bey dieſem bekuͤmmere ich mich zugleich um den richtigen concept des praͤdicati. b⁾ So lange ich eigentliche worte habe, und mein obiectum keinen putz braucht, formire ich nur ſaͤ- tze, die aus eigentlichen worten beſtehen, und da das praͤdicatum keinen tropum involviret, ferner, wo ich alle dunckelheit und zweydeutig- keit ſorgfaͤltig vermeiden ſoll. Siehe §. 17. c⁾ Hiebey muß man auf die grund-regeln einer ieden ſprache ſehen nach der grammatick; ferner auf die idiotiſmos, d. i. ſolche redens-arten, welche zu denen diſcrepantzen einer ſprache von der andern gehoͤren, weiter ob ſich die redens- arten worauf beziehen ſollen, S. Hederichs Anleit. zu den Philolog. Wiſſ von der phra- ſiologie. d⁾ Wann die ideen des ſubiecti und praͤdicati ein- ander ſubordiniret ſind, wird der ſatz beiahend; ſind ſie einander opponirt, wird er verneinend Z. e. Tugend und laſter ſind einander oppo- niret, alſo ſpreche ich: Laſter werden bey groſ- ſen leuten nicht zu tugenden. e⁾ Dieſer unterſchied dependiret von der verhaͤlt- niß des praͤdicati gegen das ſubiectum. Alſo ſage ich recht: Alle fuͤrſten muͤſſen ſterben, denn L

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/179>, abgerufen am 03.05.2024.