Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Und es rauscht in welken Blättern
Wie von hast'gen Menschenschritten.
Gudula schrickt auf: "Er ist es!"
Doch in großen, luft'gen Sätzen
Bricht ein Rüde durch das Buschwerk,
Fangulf ist's, der Freund Schön Nellas,
Springt herzu und schweift ums Waldkind
Freudig bellend, es zu grüßen.
Gleicherzeit "Hai ho!" im Walde,
Und im schmucken Jägerkleide
Naht behend zu Fuße Nella,
Hinter ihr kommt Hans, der Treue.
Gudula eilt ihr entgegen,
Will "Grüß Gott!" ihr fröhlich sagen
Und verstummt, da sie ihr Antlitz
Sieht so bleich und ernst gefurchet.
Schweigend drücken sie die Hände,
Setzen auf den Stamm sich, harren
Beide, daß die Andre spreche.
"Komme heut' mit einer Bitte,"
Seufzet endlich Petronella,
"Und ich hoffe, liebe Kleine,
Deiner sichern, frohen Zusag'!
Sieh', es ist zum letzten Male,
Daß ich heut' an Deiner Seite
Hier in diesen trauten Wäldern
Athmen kann, zum letzten Male,
Daß mein Aug' dies Thal erblickt,
Und zum allerletzten Male
Bin ich glücklich dann gewesen!
Morgen früh geht's fort zum Rheine.
Und es rauſcht in welken Blättern
Wie von haſt'gen Menſchenſchritten.
Gudula ſchrickt auf: „Er iſt es!“
Doch in großen, luft'gen Sätzen
Bricht ein Rüde durch das Buſchwerk,
Fangulf iſt's, der Freund Schön Nellas,
Springt herzu und ſchweift ums Waldkind
Freudig bellend, es zu grüßen.
Gleicherzeit „Hai ho!“ im Walde,
Und im ſchmucken Jägerkleide
Naht behend zu Fuße Nella,
Hinter ihr kommt Hans, der Treue.
Gudula eilt ihr entgegen,
Will „Grüß Gott!“ ihr fröhlich ſagen
Und verſtummt, da ſie ihr Antlitz
Sieht ſo bleich und ernſt gefurchet.
Schweigend drücken ſie die Hände,
Setzen auf den Stamm ſich, harren
Beide, daß die Andre ſpreche.
„Komme heut' mit einer Bitte,“
Seufzet endlich Petronella,
„Und ich hoffe, liebe Kleine,
Deiner ſichern, frohen Zuſag'!
Sieh', es iſt zum letzten Male,
Daß ich heut' an Deiner Seite
Hier in dieſen trauten Wäldern
Athmen kann, zum letzten Male,
Daß mein Aug' dies Thal erblickt,
Und zum allerletzten Male
Bin ich glücklich dann geweſen!
Morgen früh geht's fort zum Rheine.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0154" n="140"/>
          <lg n="3">
            <l>Und es rau&#x017F;cht in welken Blättern</l><lb/>
            <l>Wie von ha&#x017F;t'gen Men&#x017F;chen&#x017F;chritten.</l><lb/>
            <l>Gudula &#x017F;chrickt auf: &#x201E;Er i&#x017F;t es!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Doch in großen, luft'gen Sätzen</l><lb/>
            <l>Bricht ein Rüde durch das Bu&#x017F;chwerk,</l><lb/>
            <l>Fangulf i&#x017F;t's, der Freund Schön Nellas,</l><lb/>
            <l>Springt herzu und &#x017F;chweift ums Waldkind</l><lb/>
            <l>Freudig bellend, es zu grüßen.</l><lb/>
            <l>Gleicherzeit &#x201E;Hai ho!&#x201C; im Walde,</l><lb/>
            <l>Und im &#x017F;chmucken Jägerkleide</l><lb/>
            <l>Naht behend zu Fuße Nella,</l><lb/>
            <l>Hinter ihr kommt Hans, der Treue.</l><lb/>
            <l>Gudula eilt ihr entgegen,</l><lb/>
            <l>Will &#x201E;Grüß Gott!&#x201C; ihr fröhlich &#x017F;agen</l><lb/>
            <l>Und ver&#x017F;tummt, da &#x017F;ie ihr Antlitz</l><lb/>
            <l>Sieht &#x017F;o bleich und ern&#x017F;t gefurchet.</l><lb/>
            <l>Schweigend drücken &#x017F;ie die Hände,</l><lb/>
            <l>Setzen auf den Stamm &#x017F;ich, harren</l><lb/>
            <l>Beide, daß die Andre &#x017F;preche.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Komme heut' mit einer Bitte,&#x201C;</l><lb/>
            <l>Seufzet endlich Petronella,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und ich hoffe, liebe Kleine,</l><lb/>
            <l>Deiner &#x017F;ichern, frohen Zu&#x017F;ag'!</l><lb/>
            <l>Sieh', es i&#x017F;t zum letzten Male,</l><lb/>
            <l>Daß ich heut' an Deiner Seite</l><lb/>
            <l>Hier in die&#x017F;en trauten Wäldern</l><lb/>
            <l>Athmen kann, zum letzten Male,</l><lb/>
            <l>Daß mein Aug' dies Thal erblickt,</l><lb/>
            <l>Und zum allerletzten Male</l><lb/>
            <l>Bin ich glücklich dann gewe&#x017F;en!</l><lb/>
            <l>Morgen früh geht's fort zum Rheine.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0154] Und es rauſcht in welken Blättern Wie von haſt'gen Menſchenſchritten. Gudula ſchrickt auf: „Er iſt es!“ Doch in großen, luft'gen Sätzen Bricht ein Rüde durch das Buſchwerk, Fangulf iſt's, der Freund Schön Nellas, Springt herzu und ſchweift ums Waldkind Freudig bellend, es zu grüßen. Gleicherzeit „Hai ho!“ im Walde, Und im ſchmucken Jägerkleide Naht behend zu Fuße Nella, Hinter ihr kommt Hans, der Treue. Gudula eilt ihr entgegen, Will „Grüß Gott!“ ihr fröhlich ſagen Und verſtummt, da ſie ihr Antlitz Sieht ſo bleich und ernſt gefurchet. Schweigend drücken ſie die Hände, Setzen auf den Stamm ſich, harren Beide, daß die Andre ſpreche. „Komme heut' mit einer Bitte,“ Seufzet endlich Petronella, „Und ich hoffe, liebe Kleine, Deiner ſichern, frohen Zuſag'! Sieh', es iſt zum letzten Male, Daß ich heut' an Deiner Seite Hier in dieſen trauten Wäldern Athmen kann, zum letzten Male, Daß mein Aug' dies Thal erblickt, Und zum allerletzten Male Bin ich glücklich dann geweſen! Morgen früh geht's fort zum Rheine.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/154
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/154>, abgerufen am 25.11.2024.