Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

(weil nun andere Gäste mehr/ unter denen auch
mein Freund war) bey der Tafel waren/ so hat der
Freund/ so offt ers dem Chur-Fürsten zubrachte
oder anreden wolte/ ihn vor denen andern alle-
zeit mein Hochgeehrter Herr genannt. Wie die
Mahlzeit zum Ende war/ befragte ihn der Chur-
Fürst warumb er denn die andern nur mein
Herr/ ihn aber mein Hochgeehrter Herr geheis-
sen? Ob er ihn denn kennte? Der Freund ant-
wortete: Mein Hochgeehrter Herr/ Jhr Gesicht
ist so Majestätisch/ daß ich in Respect derer Hoch-
achtung nicht anders sagen können. Der Chur-
Fürst offenbahret sich ihme sub spe silentii, mit
Ermahnen/ eine Gnade von ihm auszubitten/
welche er vor seinen Vetter der sich in Königs-
bergs aufhielt/ ausbath/ die auch bey dessen An-
melden ihme gnädigst mitgetheilet wurde. Wie
mancher ist gewahrschauet worden/ daß er in
Achtnehmung dem bevorstehenden Unglück ent-
gangen ist. Mit dergleichen Discursen brachten
sie die übrige Zeit noch zu/ biß die untergehende
Sonne unsere Compagnie erinnerte von einan-
der Abschied zu nehmen und ihren Logimentern
zuzugehen. Jn währenden Heimgehen sahen sie
ein Weib/ die einen Kuaben beym Arme faßte
und ins Hauß stieß/ mit schrecklichen Fluchen und
Verwüntschten. Ey/ Ey/ sprach Eckarth/ eine gu-
te Ruthe und einen geziegen Ochsen-Ziemer oder

Peit-

(weil nun andere Gaͤſte mehr/ unter denen auch
mein Freund waꝛ) bey der Tafel waren/ ſo hat deꝛ
Freund/ ſo offt ers dem Chur-Fuͤrſten zubrachte
oder anreden wolte/ ihn vor denen andern alle-
zeit mein Hochgeehrter Herr genannt. Wie die
Mahlzeit zum Ende war/ befragte ihn der Chur-
Fuͤrſt warumb er denn die andern nur mein
Herr/ ihn aber mein Hochgeehrter Herr geheiſ-
ſen? Ob er ihn denn kennte? Der Freund ant-
wortete: Mein Hochgeehrter Herr/ Jhr Geſicht
iſt ſo Majeſtaͤtiſch/ daß ich in Reſpect derer Hoch-
achtung nicht anders ſagen koͤnnen. Der Chur-
Fuͤrſt offenbahret ſich ihme ſub ſpe ſilentii, mit
Ermahnen/ eine Gnade von ihm auszubitten/
welche er vor ſeinen Vetter der ſich in Koͤnigs-
bergs aufhielt/ ausbath/ die auch bey deſſen An-
melden ihme gnaͤdigſt mitgetheilet wurde. Wie
mancher iſt gewahrſchauet worden/ daß er in
Achtnehmung dem bevorſtehenden Ungluͤck ent-
gangen iſt. Mit dergleichen Diſcurſen brachten
ſie die uͤbrige Zeit noch zu/ biß die untergehende
Sonne unſere Compagnie erinnerte von einan-
der Abſchied zu nehmen und ihren Logimentern
zuzugehen. Jn waͤhrenden Heimgehen ſahen ſie
ein Weib/ die einen Kuaben beym Arme faßte
und ins Hauß ſtieß/ mit ſchrecklichẽ Fluchen und
Veꝛwuͤntſchten. Ey/ Ey/ ſprach Eckaꝛth/ eine gu-
te Ruthe und einen geziegen Ochſen-Ziemer oder

Peit-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0790" n="774"/>
(weil nun andere Ga&#x0364;&#x017F;te mehr/ unter denen auch<lb/>
mein Freund wa&#xA75B;) bey der Tafel waren/ &#x017F;o hat de&#xA75B;<lb/>
Freund/ &#x017F;o offt ers dem Chur-Fu&#x0364;r&#x017F;ten zubrachte<lb/>
oder anreden wolte/ ihn vor denen andern alle-<lb/>
zeit mein Hochgeehrter Herr genannt. Wie die<lb/>
Mahlzeit zum Ende war/ befragte ihn der Chur-<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t warumb er denn die andern nur mein<lb/>
Herr/ ihn aber mein Hochgeehrter Herr gehei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en? Ob er ihn denn kennte? Der Freund ant-<lb/>
wortete: Mein Hochgeehrter Herr/ Jhr Ge&#x017F;icht<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o Maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch/ daß ich in <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pect</hi> derer Hoch-<lb/>
achtung nicht anders &#x017F;agen ko&#x0364;nnen. Der Chur-<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;t offenbahret &#x017F;ich ihme <hi rendition="#aq">&#x017F;ub &#x017F;pe &#x017F;ilentii,</hi> mit<lb/>
Ermahnen/ eine Gnade von ihm auszubitten/<lb/>
welche er vor &#x017F;einen Vetter der &#x017F;ich in Ko&#x0364;nigs-<lb/>
bergs aufhielt/ ausbath/ die auch bey de&#x017F;&#x017F;en An-<lb/>
melden ihme gna&#x0364;dig&#x017F;t mitgetheilet wurde. Wie<lb/>
mancher i&#x017F;t gewahr&#x017F;chauet worden/ daß er in<lb/>
Achtnehmung dem bevor&#x017F;tehenden Unglu&#x0364;ck ent-<lb/>
gangen i&#x017F;t. Mit dergleichen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cur&#x017F;</hi>en brachten<lb/>
&#x017F;ie die u&#x0364;brige Zeit noch zu/ biß die untergehende<lb/>
Sonne un&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Compagni</hi>e erinnerte von einan-<lb/>
der Ab&#x017F;chied zu nehmen und ihren <hi rendition="#aq">Logimen</hi>tern<lb/>
zuzugehen. Jn wa&#x0364;hrenden Heimgehen &#x017F;ahen &#x017F;ie<lb/>
ein Weib/ die einen Kuaben beym Arme faßte<lb/>
und ins Hauß &#x017F;tieß/ mit &#x017F;chreckliche&#x0303; Fluchen und<lb/>
Ve&#xA75B;wu&#x0364;nt&#x017F;chten. Ey/ Ey/ &#x017F;prach Ecka&#xA75B;th/ eine gu-<lb/>
te Ruthe und einen geziegen Och&#x017F;en-Ziemer oder<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Peit-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[774/0790] (weil nun andere Gaͤſte mehr/ unter denen auch mein Freund waꝛ) bey der Tafel waren/ ſo hat deꝛ Freund/ ſo offt ers dem Chur-Fuͤrſten zubrachte oder anreden wolte/ ihn vor denen andern alle- zeit mein Hochgeehrter Herr genannt. Wie die Mahlzeit zum Ende war/ befragte ihn der Chur- Fuͤrſt warumb er denn die andern nur mein Herr/ ihn aber mein Hochgeehrter Herr geheiſ- ſen? Ob er ihn denn kennte? Der Freund ant- wortete: Mein Hochgeehrter Herr/ Jhr Geſicht iſt ſo Majeſtaͤtiſch/ daß ich in Reſpect derer Hoch- achtung nicht anders ſagen koͤnnen. Der Chur- Fuͤrſt offenbahret ſich ihme ſub ſpe ſilentii, mit Ermahnen/ eine Gnade von ihm auszubitten/ welche er vor ſeinen Vetter der ſich in Koͤnigs- bergs aufhielt/ ausbath/ die auch bey deſſen An- melden ihme gnaͤdigſt mitgetheilet wurde. Wie mancher iſt gewahrſchauet worden/ daß er in Achtnehmung dem bevorſtehenden Ungluͤck ent- gangen iſt. Mit dergleichen Diſcurſen brachten ſie die uͤbrige Zeit noch zu/ biß die untergehende Sonne unſere Compagnie erinnerte von einan- der Abſchied zu nehmen und ihren Logimentern zuzugehen. Jn waͤhrenden Heimgehen ſahen ſie ein Weib/ die einen Kuaben beym Arme faßte und ins Hauß ſtieß/ mit ſchrecklichẽ Fluchen und Veꝛwuͤntſchten. Ey/ Ey/ ſprach Eckaꝛth/ eine gu- te Ruthe und einen geziegen Ochſen-Ziemer oder Peit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/790
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/790>, abgerufen am 22.11.2024.