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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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solchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit
bey dem Spinnwocken gethan. Gotthart sprach:
Monsieur Lübel, er wird doch zugestehen müs-
sen, daß manche Frauens-Person bey einen rei-
nen Kleide überaus häußlich, bey andächtigen
Geberden recht gottseelig, und bey sittsamen
Minen und Gebräuchen recht klug sey. So
ersiehet man ja in ihren lieblich und annehmen
Geberden, die Hold-und Leutseeligkeit, die einen
Liebhabenden durchaus vergnügend machen
können. Stille! Stille! mit der Hold und
Leutseeligkeit; mein Herr versetzte Lübel, dieses
sind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick
von welchen Salomon saget, daß man mit dem-
selben den Narren zur Schlachtbanck führet, ge-
het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl-
tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefäl-
lige Seite, so wird man ihre Holdseeligkeit in
Veränderung eines scheußlichen Gesichts, ra-
senden Geberden, und ihre Leutseeligkeit in
Verleumbden calumniren und austragen, als
wann einer der ärgste Schelm wäre, verspüren.
Zuweilen loben sie den größten Spitzbuben, der
ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her-
gegen einen wohl qualeficirten Menschen, wann
er ohngefehr ohne Hut-rücken in Gedancken
einmahl vor sie vorbey gangen ist, Holuncken
sie dergestalt aus, als wann er erst von Säu-

Hir-
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ſolchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit
bey dem Spiñwocken gethan. Gotthart ſprach:
Monſieur Luͤbel, er wird doch zugeſtehen muͤſ-
ſen, daß manche Frauens-Perſon bey einen rei-
nen Kleide uͤberaus haͤußlich, bey andaͤchtigen
Geberden recht gottſeelig, und bey ſittſamen
Minen und Gebraͤuchen recht klug ſey. So
erſiehet man ja in ihren lieblich und annehmen
Geberden, die Hold-und Leutſeeligkeit, die einen
Liebhabenden durchaus vergnuͤgend machen
koͤnnen. Stille! Stille! mit der Hold und
Leutſeeligkeit; mein Herr verſetzte Luͤbel, dieſes
ſind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick
von welchen Salomon ſaget, daß man mit dem-
ſelben den Narren zur Schlachtbanck fuͤhret, ge-
het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl-
tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefaͤl-
lige Seite, ſo wird man ihre Holdſeeligkeit in
Veraͤnderung eines ſcheußlichen Geſichts, ra-
ſenden Geberden, und ihre Leutſeeligkeit in
Verleumbden calumniren und austragen, als
wann einer der aͤrgſte Schelm waͤre, verſpuͤren.
Zuweilen loben ſie den groͤßten Spitzbuben, der
ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her-
gegen einen wohl qualeficirten Menſchen, wañ
er ohngefehr ohne Hut-ruͤcken in Gedancken
einmahl vor ſie vorbey gangen iſt, Holuncken
ſie dergeſtalt aus, als wann er erſt von Saͤu-

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[753/0769] ſolchen nachzuahmen finden, gleicher jener Zeit bey dem Spiñwocken gethan. Gotthart ſprach: Monſieur Luͤbel, er wird doch zugeſtehen muͤſ- ſen, daß manche Frauens-Perſon bey einen rei- nen Kleide uͤberaus haͤußlich, bey andaͤchtigen Geberden recht gottſeelig, und bey ſittſamen Minen und Gebraͤuchen recht klug ſey. So erſiehet man ja in ihren lieblich und annehmen Geberden, die Hold-und Leutſeeligkeit, die einen Liebhabenden durchaus vergnuͤgend machen koͤnnen. Stille! Stille! mit der Hold und Leutſeeligkeit; mein Herr verſetzte Luͤbel, dieſes ſind die verfluchte Lockpfeiffen, und der Strick von welchen Salomon ſaget, daß man mit dem- ſelben den Narren zur Schlachtbanck fuͤhret, ge- het ihnen einer an, und thut einmahl einen Fehl- tritt, oder rencket das Maul auf die ihr ungefaͤl- lige Seite, ſo wird man ihre Holdſeeligkeit in Veraͤnderung eines ſcheußlichen Geſichts, ra- ſenden Geberden, und ihre Leutſeeligkeit in Verleumbden calumniren und austragen, als wann einer der aͤrgſte Schelm waͤre, verſpuͤren. Zuweilen loben ſie den groͤßten Spitzbuben, der ihnen etwa eine gebogne Knie gemacht hat, her- gegen einen wohl qualeficirten Menſchen, wañ er ohngefehr ohne Hut-ruͤcken in Gedancken einmahl vor ſie vorbey gangen iſt, Holuncken ſie dergeſtalt aus, als wann er erſt von Saͤu- Hir- B b b

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/769>, abgerufen am 22.11.2024.