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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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der Chymie nahmen wir allerhand Processe für,
mit Distilliren, Digeriren, Coholiren, Calci-
nir
en, Sublimiren etc. so daß ich darinnen ein gu-
tes Fundament legte. Es verflossen aber kaum
drey Jahr, da fiel mein Herr in eine hitzige
Kranckheit darinnen er als ein Mann von ohn-
gefehr 36. Jahren mit grossen Leidwesen seines
Kirch-Spiels seinen Geist aufgeben muste, da
er denn noch kurtz vor seinem Ende mich rieff,
sagende: Rusilio mein Getreuester, ich befehle
dich dem Höchsten GOTT/ der erwecke dir
ferner gute Leuthe, die dir beyspringen und dir
rathen mögen, mein Abschied ist verhanden.
Gute Nacht! Habe Danck vor deine Treue.
Mein Wandel ist im Himmel von dannen ich
mit Hertzens-Freuden erwarte die Zukunfft
meines Erlösers-und Heylandes JESU
CHRJSTJ, bey dem ich nach meiner jetzi-
gen Auflösung hertzlich zu seyn ver - - - hier-
mit in dem Worte verschied er sanfft und seelig,
aber mit meinem höchsten Leidwesen, denn ich
mich viel Tage lang nicht kunte zu frieden ge-
ben. Sein Herr Vater kam, ließ den erbliche-
nen Cörper in dasige Grufft legen, nahm das-
jenige was er verlassen hatte, zu sich, und gab
mir einen guten Abschied, nebenst 30. Thaler
am Gelde, sagende: Rusilio, wann ihr euch bey
mir so lange auf halten wollet, biß eine Gelegen-

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der Chymie nahmen wir allerhand Proceſſe fuͤr,
mit Diſtilliren, Digeriren, Coholiren, Calci-
nir
en, Sublimiren ꝛc. ſo daß ich dariñen ein gu-
tes Fundament legte. Es verfloſſen aber kaum
drey Jahr, da fiel mein Herr in eine hitzige
Kranckheit darinnen er als ein Mann von ohn-
gefehr 36. Jahren mit groſſen Leidweſen ſeines
Kirch-Spiels ſeinen Geiſt aufgeben muſte, da
er denn noch kurtz vor ſeinem Ende mich rieff,
ſagende: Ruſilio mein Getreueſter, ich befehle
dich dem Hoͤchſten GOTT/ der erwecke dir
ferner gute Leuthe, die dir beyſpringen und dir
rathen moͤgen, mein Abſchied iſt verhanden.
Gute Nacht! Habe Danck vor deine Treue.
Mein Wandel iſt im Himmel von dannen ich
mit Hertzens-Freuden erwarte die Zukunfft
meines Erloͤſers-und Heylandes JESU
CHRJSTJ, bey dem ich nach meiner jetzi-
gen Aufloͤſung hertzlich zu ſeyn ver ‒ ‒ ‒ hier-
mit in dem Worte verſchied er ſanfft und ſeelig,
aber mit meinem hoͤchſten Leidweſen, denn ich
mich viel Tage lang nicht kunte zu frieden ge-
ben. Sein Herr Vater kam, ließ den erbliche-
nen Coͤrper in daſige Grufft legen, nahm das-
jenige was er verlaſſen hatte, zu ſich, und gab
mir einen guten Abſchied, nebenſt 30. Thaler
am Gelde, ſagende: Ruſilio, wann ihr euch bey
mir ſo lange auf halten wollet, biß eine Gelegen-

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[711/0727] der Chymie nahmen wir allerhand Proceſſe fuͤr, mit Diſtilliren, Digeriren, Coholiren, Calci- niren, Sublimiren ꝛc. ſo daß ich dariñen ein gu- tes Fundament legte. Es verfloſſen aber kaum drey Jahr, da fiel mein Herr in eine hitzige Kranckheit darinnen er als ein Mann von ohn- gefehr 36. Jahren mit groſſen Leidweſen ſeines Kirch-Spiels ſeinen Geiſt aufgeben muſte, da er denn noch kurtz vor ſeinem Ende mich rieff, ſagende: Ruſilio mein Getreueſter, ich befehle dich dem Hoͤchſten GOTT/ der erwecke dir ferner gute Leuthe, die dir beyſpringen und dir rathen moͤgen, mein Abſchied iſt verhanden. Gute Nacht! Habe Danck vor deine Treue. Mein Wandel iſt im Himmel von dannen ich mit Hertzens-Freuden erwarte die Zukunfft meines Erloͤſers-und Heylandes JESU CHRJSTJ, bey dem ich nach meiner jetzi- gen Aufloͤſung hertzlich zu ſeyn ver ‒ ‒ ‒ hier- mit in dem Worte verſchied er ſanfft und ſeelig, aber mit meinem hoͤchſten Leidweſen, denn ich mich viel Tage lang nicht kunte zu frieden ge- ben. Sein Herr Vater kam, ließ den erbliche- nen Coͤrper in daſige Grufft legen, nahm das- jenige was er verlaſſen hatte, zu ſich, und gab mir einen guten Abſchied, nebenſt 30. Thaler am Gelde, ſagende: Ruſilio, wann ihr euch bey mir ſo lange auf halten wollet, biß eine Gelegen- heit Y y 4

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/727>, abgerufen am 10.06.2024.