Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

denen Leuthen in Hochachtung allerhand Be-
trug mit beyzubringen. Die Historien sind
von dergleichen Betrügereyen überall voll, und
bekannt, werden auch wohl bey der Execution
mit kostbahren Kleidern angethan, und darin-
nen hingerichtet, wer wolte nun sagen, daß es
denen Herren und Grossen ihren Ehren nach-
theilig seyn solte. Ja Herr Vater, replicirte
Siegfried, so werden doch die Buben ihres be-
gangenen Frevels halber justificirt, und wird
dadurch jedermann vorgezeiget, was ihr Ver-
brechen gewesen. Allein hier wird ein Nah-
me, der vortrefflich gelehrten Leuthen mitgethei-
let wird, solchen Lotter-Buben gegeben, nicht
daß er deswegen, daß er des Tituls sich ange-
masset und dadurch die Leuthe betrogen hat ex-
ecutir
t worden, sondern daß er seiner Profes-
sion
nach ein Doctor gewesen, und seiner Ubel-
thaten halben sein Urtheil ausstehen müssen.
Gotthart sprach: Liebster Bruder, wann du
dich der Sachen so sehr annehmen wilst, so wirst
du täglich mit Verdrießligkeit zu Bette gehen
müssen. Mein bedencke nur, wie mit denen edlen
Rechten und Staats-Wesen verfahren wird,
es komme ein Spitzbube, ein Land-Betrüger her,
wo er her wolle, kan er etwan ein wenig Fran-
tzöisch oder Welsch plappern, vor was vor einen
Politicum wird er nicht von denen Leuthen ge-

halten,

denen Leuthen in Hochachtung allerhand Be-
trug mit beyzubringen. Die Hiſtorien ſind
von dergleichen Betruͤgereyen uͤberall voll, und
bekannt, werden auch wohl bey der Execution
mit koſtbahren Kleidern angethan, und darin-
nen hingerichtet, wer wolte nun ſagen, daß es
denen Herren und Groſſen ihren Ehren nach-
theilig ſeyn ſolte. Ja Herr Vater, replicirte
Siegfried, ſo werden doch die Buben ihres be-
gangenen Frevels halber juſtificirt, und wird
dadurch jedermann vorgezeiget, was ihr Ver-
brechen geweſen. Allein hier wird ein Nah-
me, der vortrefflich gelehꝛten Leuthen mitgethei-
let wird, ſolchen Lotter-Buben gegeben, nicht
daß er deswegen, daß er des Tituls ſich ange-
maſſet und dadurch die Leuthe betrogen hat ex-
ecutir
t worden, ſondern daß er ſeiner Profes-
ſion
nach ein Doctor geweſen, und ſeiner Ubel-
thaten halben ſein Urtheil ausſtehen muͤſſen.
Gotthart ſprach: Liebſter Bruder, wann du
dich der Sachen ſo ſehr annehmen wilſt, ſo wirſt
du taͤglich mit Verdrießligkeit zu Bette gehen
muͤſſen. Mein bedencke nuꝛ, wie mit denen edlen
Rechten und Staats-Weſen verfahren wird,
es kom̃e ein Spitzbube, ein Land-Betruͤger her,
wo er her wolle, kan er etwan ein wenig Fran-
tzoͤiſch oder Welſch plappern, vor was vor einen
Politicum wird er nicht von denen Leuthen ge-

halten,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0670" n="654"/>
denen Leuthen in Hochachtung allerhand Be-<lb/>
trug mit beyzubringen. Die Hi&#x017F;torien &#x017F;ind<lb/>
von dergleichen Betru&#x0364;gereyen u&#x0364;berall voll, und<lb/>
bekannt, werden auch wohl bey der <hi rendition="#aq">Execution</hi><lb/>
mit ko&#x017F;tbahren Kleidern angethan, und darin-<lb/>
nen hingerichtet, wer wolte nun &#x017F;agen, daß es<lb/>
denen Herren und Gro&#x017F;&#x017F;en ihren Ehren nach-<lb/>
theilig &#x017F;eyn &#x017F;olte. Ja Herr Vater, <hi rendition="#aq">replicir</hi>te<lb/>
Siegfried, &#x017F;o werden doch die Buben ihres be-<lb/>
gangenen Frevels halber <hi rendition="#aq">ju&#x017F;tificir</hi>t, und wird<lb/>
dadurch jedermann vorgezeiget, was ihr Ver-<lb/>
brechen gewe&#x017F;en. Allein hier wird ein Nah-<lb/>
me, der vortrefflich geleh&#xA75B;ten Leuthen mitgethei-<lb/>
let wird, &#x017F;olchen Lotter-Buben gegeben, nicht<lb/>
daß er deswegen, daß er des Tituls &#x017F;ich ange-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;et und dadurch die Leuthe betrogen hat <hi rendition="#aq">ex-<lb/>
ecutir</hi>t worden, &#x017F;ondern daß er &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Profes-<lb/>
&#x017F;ion</hi> nach ein <hi rendition="#aq">Doctor</hi> gewe&#x017F;en, und &#x017F;einer Ubel-<lb/>
thaten halben &#x017F;ein Urtheil aus&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Gotthart &#x017F;prach: Lieb&#x017F;ter Bruder, wann du<lb/>
dich der Sachen &#x017F;o &#x017F;ehr annehmen wil&#x017F;t, &#x017F;o wir&#x017F;t<lb/>
du ta&#x0364;glich mit Verdrießligkeit zu Bette gehen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Mein bedencke nu&#xA75B;, wie mit denen edlen<lb/>
Rechten und Staats-We&#x017F;en verfahren wird,<lb/>
es kom&#x0303;e ein Spitzbube, ein Land-Betru&#x0364;ger her,<lb/>
wo er her wolle, kan er etwan ein wenig Fran-<lb/>
tzo&#x0364;i&#x017F;ch oder Wel&#x017F;ch plappern, vor was vor einen<lb/><hi rendition="#aq">Politicum</hi> wird er nicht von denen Leuthen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">halten,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[654/0670] denen Leuthen in Hochachtung allerhand Be- trug mit beyzubringen. Die Hiſtorien ſind von dergleichen Betruͤgereyen uͤberall voll, und bekannt, werden auch wohl bey der Execution mit koſtbahren Kleidern angethan, und darin- nen hingerichtet, wer wolte nun ſagen, daß es denen Herren und Groſſen ihren Ehren nach- theilig ſeyn ſolte. Ja Herr Vater, replicirte Siegfried, ſo werden doch die Buben ihres be- gangenen Frevels halber juſtificirt, und wird dadurch jedermann vorgezeiget, was ihr Ver- brechen geweſen. Allein hier wird ein Nah- me, der vortrefflich gelehꝛten Leuthen mitgethei- let wird, ſolchen Lotter-Buben gegeben, nicht daß er deswegen, daß er des Tituls ſich ange- maſſet und dadurch die Leuthe betrogen hat ex- ecutirt worden, ſondern daß er ſeiner Profes- ſion nach ein Doctor geweſen, und ſeiner Ubel- thaten halben ſein Urtheil ausſtehen muͤſſen. Gotthart ſprach: Liebſter Bruder, wann du dich der Sachen ſo ſehr annehmen wilſt, ſo wirſt du taͤglich mit Verdrießligkeit zu Bette gehen muͤſſen. Mein bedencke nuꝛ, wie mit denen edlen Rechten und Staats-Weſen verfahren wird, es kom̃e ein Spitzbube, ein Land-Betruͤger her, wo er her wolle, kan er etwan ein wenig Fran- tzoͤiſch oder Welſch plappern, vor was vor einen Politicum wird er nicht von denen Leuthen ge- halten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/670
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/670>, abgerufen am 26.06.2024.