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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Straffe bey Ertappung darauff erfolget, wann
man nicht die Verzweifelung und der Seelen
höchstes Leiden befürchtete, solte man eine viel
härtere Straffe, und die längsamste Marter
von der Welt einen solchen teutschen Schelm
und Verräther anthun. Den Morgen des an-
deren Tages, als unsere Reisende ihren Weg
weiter setzten, sahen sie den erbaren Vogel
auf seinen Throne sitzen, ziemblich von
Feuer gebrathen und ausgetrocknet. Da erin-
nerte Eckarth, wie daß viel ehrliche Künste der-
gleichen Ertz-Buben Deckel seyn müsten. Sieg-
fried gab vor, daß es unter solchen doch Nie-
mand ärger hätte, als die Doctores, deren Eh-
ren-Nahme einen jeden Land-Läuffer, der zu-
weilen ausgedörten Kuh-Fladen für Artzeney
verkauffet, von denen Leuthen mitgetheilet wür-
de, und wann sodann ein solcher Spitzbube er-
tappet wird, und seiner Frevelthaten halben sei-
nen Lohn bekommt, so heist es denn, wann ge-
fraget wird: Wer ist der arme Sünder, der da
hencket, oder sonsten justificirt worden ist, sei-
ner Profession nach in seinen Leben gewesen?
So wird geantwortet: Er war ein Doctor, ja!
ein Doctor und Lehrmeister in der Spitzbübe-
rey. Mein liebster Herr Siegfried versetzte
Eckarth, müssen es doch wohl Höhere leiden, daß
dergleichen Gesindel sich ihrer Person bedienen,

denen

Straffe bey Ertappung darauff erfolget, wañ
man nicht die Verzweifelung und der Seelen
hoͤchſtes Leiden befuͤrchtete, ſolte man eine viel
haͤrtere Straffe, und die laͤngſamſte Marter
von der Welt einen ſolchen teutſchen Schelm
und Verraͤther anthun. Den Morgen des an-
deren Tages, als unſere Reiſende ihren Weg
weiter ſetzten, ſahen ſie den erbaren Vogel
auf ſeinen Throne ſitzen, ziemblich von
Feuer gebrathen und ausgetrocknet. Da erin-
nerte Eckarth, wie daß viel ehrliche Kuͤnſte der-
gleichen Ertz-Buben Deckel ſeyn muͤſten. Sieg-
fried gab vor, daß es unter ſolchen doch Nie-
mand aͤrger haͤtte, als die Doctores, deren Eh-
ren-Nahme einen jeden Land-Laͤuffer, der zu-
weilen ausgedoͤrten Kuh-Fladen fuͤr Artzeney
verkauffet, von denen Leuthen mitgetheilet wuͤr-
de, und wann ſodann ein ſolcher Spitzbube er-
tappet wird, und ſeiner Frevelthaten halben ſei-
nen Lohn bekommt, ſo heiſt es denn, wann ge-
fraget wird: Wer iſt der arme Suͤnder, der da
hencket, oder ſonſten juſtificirt worden iſt, ſei-
ner Profeſſion nach in ſeinen Leben geweſen?
So wird geantwortet: Er war ein Doctor, ja!
ein Doctor und Lehrmeiſter in der Spitzbuͤbe-
rey. Mein liebſter Herr Siegfried verſetzte
Eckarth, muͤſſen es doch wohl Hoͤhere leiden, daß
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[653/0669] Straffe bey Ertappung darauff erfolget, wañ man nicht die Verzweifelung und der Seelen hoͤchſtes Leiden befuͤrchtete, ſolte man eine viel haͤrtere Straffe, und die laͤngſamſte Marter von der Welt einen ſolchen teutſchen Schelm und Verraͤther anthun. Den Morgen des an- deren Tages, als unſere Reiſende ihren Weg weiter ſetzten, ſahen ſie den erbaren Vogel auf ſeinen Throne ſitzen, ziemblich von Feuer gebrathen und ausgetrocknet. Da erin- nerte Eckarth, wie daß viel ehrliche Kuͤnſte der- gleichen Ertz-Buben Deckel ſeyn muͤſten. Sieg- fried gab vor, daß es unter ſolchen doch Nie- mand aͤrger haͤtte, als die Doctores, deren Eh- ren-Nahme einen jeden Land-Laͤuffer, der zu- weilen ausgedoͤrten Kuh-Fladen fuͤr Artzeney verkauffet, von denen Leuthen mitgetheilet wuͤr- de, und wann ſodann ein ſolcher Spitzbube er- tappet wird, und ſeiner Frevelthaten halben ſei- nen Lohn bekommt, ſo heiſt es denn, wann ge- fraget wird: Wer iſt der arme Suͤnder, der da hencket, oder ſonſten juſtificirt worden iſt, ſei- ner Profeſſion nach in ſeinen Leben geweſen? So wird geantwortet: Er war ein Doctor, ja! ein Doctor und Lehrmeiſter in der Spitzbuͤbe- rey. Mein liebſter Herr Siegfried verſetzte Eckarth, muͤſſen es doch wohl Hoͤhere leiden, daß dergleichen Geſindel ſich ihrer Perſon bedienen, denen

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/669>, abgerufen am 26.06.2024.