Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

wenig Bauren sind, und die der Kretscham oder
Schencke offters alle bezircken kan, bevoraus,
wann sie zum Truncke kommen, und ein jeder
das Seinige vorbringt, auch allezeit nur von
denjenigen, was ihnen vor Augen ist, reden, und
weiln ihnen ein solcher Holuncke für Augen ist,
es alsbald innen werden und erfahren. Ferner
sind in Städten bessere Ordnungen, und muß
der Verletzte seine Klage bey der ordentlichen
Obrigkeit anbringen, daher sie denn öffters we-
gen erforderenten Unkosten lieber schweigen,
und es einen solchen Betrüger auf sein Gewis-
sen lassen. Hergegen auf den Dorffe ziehen sie
einen dergleichen Spitzbuben vor ihre Schöp-
pen, und brauchen offt ihr Faust- und Brügel-
Recht, machen nicht erst viel Foderens, Citi-
rens, und ihre Re- und Duplicken bestehen in
Ohrfeigen und Brügel Suppen, daher bekommt
ein solcher Bösewicht die Execution zeitlich
und eher, als er seine ungegründete Entschuldi-
gung vorbringen kan. Bessere Tractamenten
sind auch diese Leuthe nicht werth. Gegen A-
bend als unsere Reisende nach Hulluff einen
grossen Dorffe ins Wirths-Hauß kamen, und
sie daselbst einen bescheidenen Wirth antraffen,
bath ihn Eckarth mit ihnen zu speisen; Der
Wirth satzte sich zu sie, da erzehlet ihm Eckarth,
was sie den Tag über auf der Strasse gesehen

hatten.

wenig Bauren ſind, und die der Kretſcham oder
Schencke offters alle bezircken kan, bevoraus,
wann ſie zum Truncke kommen, und ein jeder
das Seinige vorbringt, auch allezeit nur von
denjenigen, was ihnen vor Augen iſt, reden, und
weiln ihnen ein ſolcher Holuncke fuͤr Augen iſt,
es alsbald innen werden und erfahren. Ferner
ſind in Staͤdten beſſere Ordnungen, und muß
der Verletzte ſeine Klage bey der ordentlichen
Obrigkeit anbringen, daher ſie denn oͤffters we-
gen erforderenten Unkoſten lieber ſchweigen,
und es einen ſolchen Betruͤger auf ſein Gewiſ-
ſen laſſen. Hergegen auf den Dorffe ziehen ſie
einen dergleichen Spitzbuben vor ihre Schoͤp-
pen, und brauchen offt ihr Fauſt- und Bruͤgel-
Recht, machen nicht erſt viel Foderens, Citi-
rens, und ihre Re- und Duplicken beſtehen in
Ohrfeigen und Bruͤgel Suppen, daher bekom̃t
ein ſolcher Boͤſewicht die Execution zeitlich
und eher, als er ſeine ungegruͤndete Entſchuldi-
gung vorbringen kan. Beſſere Tractamenten
ſind auch dieſe Leuthe nicht werth. Gegen A-
bend als unſere Reiſende nach Hulluff einen
groſſen Dorffe ins Wirths-Hauß kamen, und
ſie daſelbſt einen beſcheidenen Wirth antraffen,
bath ihn Eckarth mit ihnen zu ſpeiſen; Der
Wirth ſatzte ſich zu ſie, da erzehlet ihm Eckarth,
was ſie den Tag uͤber auf der Straſſe geſehen

hatten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0662" n="646"/>
wenig Bauren &#x017F;ind, und die der Kret&#x017F;cham oder<lb/>
Schencke offters alle bezircken kan, bevoraus,<lb/>
wann &#x017F;ie zum Truncke kommen, und ein jeder<lb/>
das Seinige vorbringt, auch allezeit nur von<lb/>
denjenigen, was ihnen vor Augen i&#x017F;t, reden, und<lb/>
weiln ihnen ein &#x017F;olcher Holuncke fu&#x0364;r Augen i&#x017F;t,<lb/>
es alsbald innen werden und erfahren. Ferner<lb/>
&#x017F;ind in Sta&#x0364;dten be&#x017F;&#x017F;ere Ordnungen, und muß<lb/>
der Verletzte &#x017F;eine Klage bey der ordentlichen<lb/>
Obrigkeit anbringen, daher &#x017F;ie denn o&#x0364;ffters we-<lb/>
gen erforderenten Unko&#x017F;ten lieber &#x017F;chweigen,<lb/>
und es einen &#x017F;olchen Betru&#x0364;ger auf &#x017F;ein Gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en. Hergegen auf den Dorffe ziehen &#x017F;ie<lb/>
einen dergleichen Spitzbuben vor ihre Scho&#x0364;p-<lb/>
pen, und brauchen offt ihr Fau&#x017F;t- und Bru&#x0364;gel-<lb/>
Recht, machen nicht er&#x017F;t viel Foderens, <hi rendition="#aq">Citi-</hi><lb/>
rens, und ihre <hi rendition="#aq">Re-</hi> und <hi rendition="#aq">Duplick</hi>en be&#x017F;tehen in<lb/>
Ohrfeigen und Bru&#x0364;gel Suppen, daher bekom&#x0303;t<lb/>
ein &#x017F;olcher Bo&#x0364;&#x017F;ewicht die <hi rendition="#aq">Execution</hi> zeitlich<lb/>
und eher, als er &#x017F;eine ungegru&#x0364;ndete Ent&#x017F;chuldi-<lb/>
gung vorbringen kan. Be&#x017F;&#x017F;ere <hi rendition="#aq">Tractamen</hi>ten<lb/>
&#x017F;ind auch die&#x017F;e Leuthe nicht werth. Gegen A-<lb/>
bend als un&#x017F;ere Rei&#x017F;ende nach Hulluff einen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Dorffe ins Wirths-Hauß kamen, und<lb/>
&#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t einen be&#x017F;cheidenen Wirth antraffen,<lb/>
bath ihn Eckarth mit ihnen zu &#x017F;pei&#x017F;en; Der<lb/>
Wirth &#x017F;atzte &#x017F;ich zu &#x017F;ie, da erzehlet ihm Eckarth,<lb/>
was &#x017F;ie den Tag u&#x0364;ber auf der Stra&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;ehen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hatten.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[646/0662] wenig Bauren ſind, und die der Kretſcham oder Schencke offters alle bezircken kan, bevoraus, wann ſie zum Truncke kommen, und ein jeder das Seinige vorbringt, auch allezeit nur von denjenigen, was ihnen vor Augen iſt, reden, und weiln ihnen ein ſolcher Holuncke fuͤr Augen iſt, es alsbald innen werden und erfahren. Ferner ſind in Staͤdten beſſere Ordnungen, und muß der Verletzte ſeine Klage bey der ordentlichen Obrigkeit anbringen, daher ſie denn oͤffters we- gen erforderenten Unkoſten lieber ſchweigen, und es einen ſolchen Betruͤger auf ſein Gewiſ- ſen laſſen. Hergegen auf den Dorffe ziehen ſie einen dergleichen Spitzbuben vor ihre Schoͤp- pen, und brauchen offt ihr Fauſt- und Bruͤgel- Recht, machen nicht erſt viel Foderens, Citi- rens, und ihre Re- und Duplicken beſtehen in Ohrfeigen und Bruͤgel Suppen, daher bekom̃t ein ſolcher Boͤſewicht die Execution zeitlich und eher, als er ſeine ungegruͤndete Entſchuldi- gung vorbringen kan. Beſſere Tractamenten ſind auch dieſe Leuthe nicht werth. Gegen A- bend als unſere Reiſende nach Hulluff einen groſſen Dorffe ins Wirths-Hauß kamen, und ſie daſelbſt einen beſcheidenen Wirth antraffen, bath ihn Eckarth mit ihnen zu ſpeiſen; Der Wirth ſatzte ſich zu ſie, da erzehlet ihm Eckarth, was ſie den Tag uͤber auf der Straſſe geſehen hatten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/662
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/662>, abgerufen am 26.06.2024.