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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Medicus der unverheyrathet ist, macht es
manchmahl besser und vorsichtiger, als ein be-
weibter. Wie Jhro Gnaden befehlen so ge-
horsame ich antwortete Siegfried, die Genera-
l
in fragte weiter: Mein Herr Siegfried, was
hält denn derselbe davon, wann GOTT der
HErr eine Weibes Person gesegnet hat, und
dieselbe im Kreissen ist, wollen die Umstehenden
ihr zur Labsal keinen Wein zu trincken lassen,
da doch jene ihren Kragen damit ziemlich anfül-
len, denn ich erinnere mich? daß vor einigen Wo-
chen meiner Kammer-Frau ihrer Tochter in
schweren Kreissen Niemand einen Tropffen
Wein zu trincken zulassen wolte, hätten auch
das arme Weib verschmachten lassen, wann ih-
re Mutter nicht zu mir und dem Medico ge-
schickt hätte, und sich dessen befragen lassen. Da
ich so wohl als er, ihr Wein zu geben approbirt
und gut geheissen, da sie denn nach dem Trunck
sich erquickt und bald nach verneueten Kräff-
ten eines Söhnleins genesen; und damit wir
zwey in eins fassen, so stehen so wohl die Medici
als alle Rathungs Frauen gantz fest in der O-
pinion
und Wahn, daß keiner Sechs-Wöch-
nerin, bevoraus in denen ersteren Tagen nach
der Niederkunfft eine kalte Schaale zu sich zu
nehmen, erlaubet sey, sondern sollen allezeit bey
den warmen Trunck verbleiben, welches mir

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Medicus der unverheyrathet iſt, macht es
manchmahl beſſer und vorſichtiger, als ein be-
weibter. Wie Jhro Gnaden befehlen ſo ge-
horſame ich antwortete Siegfried, die Genera-
l
in fragte weiter: Mein Herr Siegfried, was
haͤlt denn derſelbe davon, wann GOTT der
HErr eine Weibes Perſon geſegnet hat, und
dieſelbe im Kreiſſen iſt, wollen die Umſtehenden
ihr zur Labſal keinen Wein zu trincken laſſen,
da doch jene ihren Kragen damit ziemlich anfuͤl-
len, denn ich erinnere mich? daß vor einigen Wo-
chen meiner Kammer-Frau ihrer Tochter in
ſchweren Kreiſſen Niemand einen Tropffen
Wein zu trincken zulaſſen wolte, haͤtten auch
das arme Weib verſchmachten laſſen, wann ih-
re Mutter nicht zu mir und dem Medico ge-
ſchickt haͤtte, und ſich deſſen befragen laſſen. Da
ich ſo wohl als er, ihr Wein zu geben approbirt
und gut geheiſſen, da ſie denn nach dem Trunck
ſich erquickt und bald nach verneueten Kraͤff-
ten eines Soͤhnleins geneſen; und damit wir
zwey in eins faſſen, ſo ſtehen ſo wohl die Medici
als alle Rathungs Frauen gantz feſt in der O-
pinion
und Wahn, daß keiner Sechs-Woͤch-
nerin, bevoraus in denen erſteren Tagen nach
der Niederkunfft eine kalte Schaale zu ſich zu
nehmen, erlaubet ſey, ſondern ſollen allezeit bey
den warmen Trunck verbleiben, welches mir

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[439/0455] Medicus der unverheyrathet iſt, macht es manchmahl beſſer und vorſichtiger, als ein be- weibter. Wie Jhro Gnaden befehlen ſo ge- horſame ich antwortete Siegfried, die Genera- lin fragte weiter: Mein Herr Siegfried, was haͤlt denn derſelbe davon, wann GOTT der HErr eine Weibes Perſon geſegnet hat, und dieſelbe im Kreiſſen iſt, wollen die Umſtehenden ihr zur Labſal keinen Wein zu trincken laſſen, da doch jene ihren Kragen damit ziemlich anfuͤl- len, denn ich erinnere mich? daß vor einigen Wo- chen meiner Kammer-Frau ihrer Tochter in ſchweren Kreiſſen Niemand einen Tropffen Wein zu trincken zulaſſen wolte, haͤtten auch das arme Weib verſchmachten laſſen, wann ih- re Mutter nicht zu mir und dem Medico ge- ſchickt haͤtte, und ſich deſſen befragen laſſen. Da ich ſo wohl als er, ihr Wein zu geben approbirt und gut geheiſſen, da ſie denn nach dem Trunck ſich erquickt und bald nach verneueten Kraͤff- ten eines Soͤhnleins geneſen; und damit wir zwey in eins faſſen, ſo ſtehen ſo wohl die Medici als alle Rathungs Frauen gantz feſt in der O- pinion und Wahn, daß keiner Sechs-Woͤch- nerin, bevoraus in denen erſteren Tagen nach der Niederkunfft eine kalte Schaale zu ſich zu nehmen, erlaubet ſey, ſondern ſollen allezeit bey den warmen Trunck verbleiben, welches mir glei- E e 4

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/455>, abgerufen am 10.06.2024.