nehmen zu bereden; Wie seyd ihr aber zu dieser Wissenschafft gelanget? Mein Herr gehet mich gar rauh an, antwortete die Vettel. Jch bin in die 16. Jahr lang bey einer alten Weh-Mut- ter, Stuhl-Trägerin oder Handreicherin ge- wesen, da habe ich die Zeit über gute acht gehabt, und bin also zu dieser Wissenschafft kommen. Mein liebes Weib, replicirte Eckarth, ihr ha- bet noch sehr schwachen Grund, und kommt mir vor wie jener Frosch, der sich so dicke als der Ochse der vor ihm stunde, war, aufblasen wol- te, und zerborstete. Es mag euere Kost Frau wohl ein kluges verständiges Weib gewesen seyn; allein, weil ihr ihr aufgewartet habt, euch einbildet, ihre Wissenschafft erlanget zu haben, ist noch in weitem Felde. Jch hätte mit euch noch was mehrers zu reden, allein weil die Nacht herbey rückt, wil ich euch diesen Rath ge- ben, lasset von dieser Sache ab, ehe euch etwas anders wieder fahren möchte, arbeitet lieber, spinnet Flachs oder Wolle, oder schauet zu, wie ihr sonsten einen ehrlichen Pfennig verdie- nen möget, als daß ihr mit dieser euer eingebilde- ten Kunst die gesunden Leuthe verderbet und kranck machet, und die Krancken gar zum To- de befördert, der Herr verzeihe mir, versetzte die Alte, und wolte ferner reden: Der General a- ber sagte zu ihr, packe dich du betrügerische
Vettel,
nehmen zu bereden; Wie ſeyd ihr aber zu dieſer Wiſſenſchafft gelanget? Mein Herr gehet mich gar rauh an, antwortete die Vettel. Jch bin in die 16. Jahr lang bey einer alten Weh-Mut- ter, Stuhl-Traͤgerin oder Handreicherin ge- weſen, da habe ich die Zeit uͤber gute acht gehabt, und bin alſo zu dieſer Wiſſenſchafft kommen. Mein liebes Weib, replicirte Eckarth, ihr ha- bet noch ſehr ſchwachen Grund, und kommt mir vor wie jener Froſch, der ſich ſo dicke als der Ochſe der vor ihm ſtunde, war, aufblaſen wol- te, und zerborſtete. Es mag euere Koſt Frau wohl ein kluges verſtaͤndiges Weib geweſen ſeyn; allein, weil ihr ihr aufgewartet habt, euch einbildet, ihre Wiſſenſchafft erlanget zu haben, iſt noch in weitem Felde. Jch haͤtte mit euch noch was mehrers zu reden, allein weil die Nacht herbey ruͤckt, wil ich euch dieſen Rath ge- ben, laſſet von dieſer Sache ab, ehe euch etwas anders wieder fahren moͤchte, arbeitet lieber, ſpinnet Flachs oder Wolle, oder ſchauet zu, wie ihr ſonſten einen ehrlichen Pfennig verdie- nen moͤget, als daß ihr mit dieſer euer eingebilde- ten Kunſt die geſunden Leuthe verderbet und kranck machet, und die Krancken gar zum To- de befoͤrdert, der Herr verzeihe mir, verſetzte die Alte, und wolte ferner reden: Der General a- ber ſagte zu ihr, packe dich du betruͤgeriſche
Vettel,
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nehmen zu bereden; Wie ſeyd ihr aber zu dieſer
Wiſſenſchafft gelanget? Mein Herr gehet mich
gar rauh an, antwortete die Vettel. Jch bin
in die 16. Jahr lang bey einer alten Weh-Mut-
ter, Stuhl-Traͤgerin oder Handreicherin ge-
weſen, da habe ich die Zeit uͤber gute acht gehabt,
und bin alſo zu dieſer Wiſſenſchafft kommen.
Mein liebes Weib, replicirte Eckarth, ihr ha-
bet noch ſehr ſchwachen Grund, und kommt mir
vor wie jener Froſch, der ſich ſo dicke als der
Ochſe der vor ihm ſtunde, war, aufblaſen wol-
te, und zerborſtete. Es mag euere Koſt Frau
wohl ein kluges verſtaͤndiges Weib geweſen
ſeyn; allein, weil ihr ihr aufgewartet habt, euch
einbildet, ihre Wiſſenſchafft erlanget zu haben,
iſt noch in weitem Felde. Jch haͤtte mit euch
noch was mehrers zu reden, allein weil die
Nacht herbey ruͤckt, wil ich euch dieſen Rath ge-
ben, laſſet von dieſer Sache ab, ehe euch etwas
anders wieder fahren moͤchte, arbeitet lieber,
ſpinnet Flachs oder Wolle, oder ſchauet zu,
wie ihr ſonſten einen ehrlichen Pfennig verdie-
nen moͤget, als daß ihr mit dieſer euer eingebilde-
ten Kunſt die geſunden Leuthe verderbet und
kranck machet, und die Krancken gar zum To-
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ber ſagte zu ihr, packe dich du betruͤgeriſche
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/438>, abgerufen am 25.11.2024.
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