Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

guten Reprimende ihren Weg gehen zu lassen.
Unterdessen war die Mahlzeit zum Ende, und
alles abgeraumt, als die Mutterheberin wieder
von der Wirthen zurücke kam, da rieff sie die
Generalin zu sich, und hieß sie sitzen. Da fieng
Eckarth zu dem Weibe an, mein gutes Weib,
wisset ihr auch wie die Mutter in menschlichen
Leibe beschaffen sey? Was solt ich es nicht wis-
sen! antwortete das Weib. Es ist gar ein
heckel Ding umb die Mutter, sie regieret den
gantzen Leib, und ist es umb ein leichtes gesche-
hen, daß sie vom Stuhle fällt, und muß hernach
gehoben werden. Jhr seyd gar recht daran,
versetzte Eckarth, sie sitzet auf einen Stuhl, aber
der Stuhl ist von hinten und vornen, von oben
und unten, auf denen Seiten und allenthalben,
so befestiget, daß die Mutter nicht wancken, ge-
schweige abfallen oder aufsteigen solte; Es wäre
denn in schweren Geburthen, Steinschmertzen,
Verwegenheit u. Ungeschickligkeit derer Weh-
Mutter, daß ein Mutter-Fall oder Mutter-
Bruch geschehe; mich däucht, ihr werdet noch
wenig aufweisen können, denen ihr geholffen
habt, aber wohl viel, die keine Mutter-Beschwe-
rung mehr in dieser Welt bekommen werden, und
den Tod in Rachen geliefert, schämet euch der-
gleichen abgeschmackt Dingvorzubringen, und
hohe Stands-Personen zu einem solchen Unter-

neh
D d 3

guten Reprimende ihren Weg gehen zu laſſen.
Unterdeſſen war die Mahlzeit zum Ende, und
alles abgeraumt, als die Mutterheberin wieder
von der Wirthen zuruͤcke kam, da rieff ſie die
Generalin zu ſich, und hieß ſie ſitzen. Da fieng
Eckarth zu dem Weibe an, mein gutes Weib,
wiſſet ihr auch wie die Mutter in menſchlichen
Leibe beſchaffen ſey? Was ſolt ich es nicht wiſ-
ſen! antwortete das Weib. Es iſt gar ein
heckel Ding umb die Mutter, ſie regieret den
gantzen Leib, und iſt es umb ein leichtes geſche-
hen, daß ſie vom Stuhle faͤllt, und muß hernach
gehoben werden. Jhr ſeyd gar recht daran,
verſetzte Eckarth, ſie ſitzet auf einen Stuhl, aber
der Stuhl iſt von hinten und vornen, von oben
und unten, auf denen Seiten und allenthalben,
ſo befeſtiget, daß die Mutter nicht wancken, ge-
ſchweige abfallen oder aufſteigen ſolte; Es waͤre
denn in ſchweren Geburthen, Steinſchmertzen,
Verwegenheit u. Ungeſchickligkeit derer Weh-
Mutter, daß ein Mutter-Fall oder Mutter-
Bruch geſchehe; mich daͤucht, ihr werdet noch
wenig aufweiſen koͤnnen, denen ihr geholffen
habt, aber wohl viel, die keine Mutter-Beſchwe-
rung mehr in dieſer Welt bekom̃en werden, und
den Tod in Rachen geliefert, ſchaͤmet euch der-
gleichen abgeſchmackt Dingvorzubringen, und
hohe Stands-Perſonen zu einem ſolchen Unter-

neh
D d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0437" n="421"/>
guten <hi rendition="#aq">Reprimende</hi> ihren Weg gehen zu la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Unterde&#x017F;&#x017F;en war die Mahlzeit zum Ende, und<lb/>
alles abgeraumt, als die Mutterheberin wieder<lb/>
von der Wirthen zuru&#x0364;cke kam, da rieff &#x017F;ie die<lb/><hi rendition="#aq">General</hi>in zu &#x017F;ich, und hieß &#x017F;ie &#x017F;itzen. Da fieng<lb/>
Eckarth zu dem Weibe an, mein gutes Weib,<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;et ihr auch wie die Mutter in men&#x017F;chlichen<lb/>
Leibe be&#x017F;chaffen &#x017F;ey? Was &#x017F;olt ich es nicht wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en! antwortete das Weib. Es i&#x017F;t gar ein<lb/>
heckel Ding umb die Mutter, &#x017F;ie regieret den<lb/>
gantzen Leib, und i&#x017F;t es umb ein leichtes ge&#x017F;che-<lb/>
hen, daß &#x017F;ie vom Stuhle fa&#x0364;llt, und muß hernach<lb/>
gehoben werden. Jhr &#x017F;eyd gar recht daran,<lb/>
ver&#x017F;etzte Eckarth, &#x017F;ie &#x017F;itzet auf einen Stuhl, aber<lb/>
der Stuhl i&#x017F;t von hinten und vornen, von oben<lb/>
und unten, auf denen Seiten und allenthalben,<lb/>
&#x017F;o befe&#x017F;tiget, daß die Mutter nicht wancken, ge-<lb/>
&#x017F;chweige abfallen oder auf&#x017F;teigen &#x017F;olte; Es wa&#x0364;re<lb/>
denn in &#x017F;chweren Geburthen, Stein&#x017F;chmertzen,<lb/>
Verwegenheit u. Unge&#x017F;chickligkeit derer Weh-<lb/>
Mutter, daß ein Mutter-Fall oder Mutter-<lb/>
Bruch ge&#x017F;chehe; mich da&#x0364;ucht, ihr werdet noch<lb/>
wenig aufwei&#x017F;en ko&#x0364;nnen, denen ihr geholffen<lb/>
habt, aber wohl viel, die keine Mutter-Be&#x017F;chwe-<lb/>
rung mehr in die&#x017F;er Welt bekom&#x0303;en werden, und<lb/>
den Tod in Rachen geliefert, &#x017F;cha&#x0364;met euch der-<lb/>
gleichen abge&#x017F;chmackt Dingvorzubringen, und<lb/>
hohe Stands-Per&#x017F;onen zu einem &#x017F;olchen Unter-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">neh</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0437] guten Reprimende ihren Weg gehen zu laſſen. Unterdeſſen war die Mahlzeit zum Ende, und alles abgeraumt, als die Mutterheberin wieder von der Wirthen zuruͤcke kam, da rieff ſie die Generalin zu ſich, und hieß ſie ſitzen. Da fieng Eckarth zu dem Weibe an, mein gutes Weib, wiſſet ihr auch wie die Mutter in menſchlichen Leibe beſchaffen ſey? Was ſolt ich es nicht wiſ- ſen! antwortete das Weib. Es iſt gar ein heckel Ding umb die Mutter, ſie regieret den gantzen Leib, und iſt es umb ein leichtes geſche- hen, daß ſie vom Stuhle faͤllt, und muß hernach gehoben werden. Jhr ſeyd gar recht daran, verſetzte Eckarth, ſie ſitzet auf einen Stuhl, aber der Stuhl iſt von hinten und vornen, von oben und unten, auf denen Seiten und allenthalben, ſo befeſtiget, daß die Mutter nicht wancken, ge- ſchweige abfallen oder aufſteigen ſolte; Es waͤre denn in ſchweren Geburthen, Steinſchmertzen, Verwegenheit u. Ungeſchickligkeit derer Weh- Mutter, daß ein Mutter-Fall oder Mutter- Bruch geſchehe; mich daͤucht, ihr werdet noch wenig aufweiſen koͤnnen, denen ihr geholffen habt, aber wohl viel, die keine Mutter-Beſchwe- rung mehr in dieſer Welt bekom̃en werden, und den Tod in Rachen geliefert, ſchaͤmet euch der- gleichen abgeſchmackt Dingvorzubringen, und hohe Stands-Perſonen zu einem ſolchen Unter- neh D d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/437
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/437>, abgerufen am 25.11.2024.