Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Leuthe sind rechte Ulcera Reipublicae, und
nicht rechtschaffene Medici zu schelten, sprach
Siegfried, alleine, wo das Utile dem Hone-
sto
vorgehet, siehet man den Betrug nicht,
solte gleich Argus seine hundert Augen einen
solchen Geld-Hambster lehnen. Andreas
bückte sich zum Wagen aus, und sahe zween
Bettler von ferne mit einander schertzen, da
sagte er: Meine hoch-geehrte Herren, dort
nicht weit von uns schertzen zween Menschen,
was gilts wann mir vorbey fahren, werden
sie umb eine Gabe betteln. Es geschach auch,
denn als der Wagen an sie kam, war der eine
lahm der andere stumm; Der Lahme bath umb
eine Gabe vor sich und den Stummen. An-
dreas sprach zu ihnen: Jhr Galgen-Vögel
wartet, ich will euch bald gehend und redend
machen, sprang damit aus den Wagen, zog
seinen Degen aus, und hieb auf die Bettler
als wäre es im Ernste, loß, die Bettler nicht
faul, der vermeynte Lahme nahm seine Krü-
cke, zog aus der einen eine lange Stiliet-Klin-
ge, und wurff den Stummen die andere zu,
und also beyde auff Andreas loß, sie würden
ihm auch endlich schwer gefallen seyn, wann
unsere Reisende ihme nicht zu Hülffe kommen
wären, und die Bettler das Reißaus zu neh-
men gezwungen hätten. Nachdem sie sich

alle
U

Leuthe ſind rechte Ulcera Reipublicæ, und
nicht rechtſchaffene Medici zu ſchelten, ſprach
Siegfried, alleine, wo das Utile dem Hone-
ſto
vorgehet, ſiehet man den Betrug nicht,
ſolte gleich Argus ſeine hundert Augen einen
ſolchen Geld-Hambſter lehnen. Andreas
buͤckte ſich zum Wagen aus, und ſahe zween
Bettler von ferne mit einander ſchertzen, da
ſagte er: Meine hoch-geehrte Herren, dort
nicht weit von uns ſchertzen zween Menſchen,
was gilts wann mir vorbey fahren, werden
ſie umb eine Gabe betteln. Es geſchach auch,
denn als der Wagen an ſie kam, war der eine
lahm der andere ſtumm; Der Lahme bath umb
eine Gabe vor ſich und den Stummen. An-
dreas ſprach zu ihnen: Jhr Galgen-Voͤgel
wartet, ich will euch bald gehend und redend
machen, ſprang damit aus den Wagen, zog
ſeinen Degen aus, und hieb auf die Bettler
als waͤre es im Ernſte, loß, die Bettler nicht
faul, der vermeynte Lahme nahm ſeine Kruͤ-
cke, zog aus der einen eine lange Stiliet-Klin-
ge, und wurff den Stummen die andere zu,
und alſo beyde auff Andreas loß, ſie wuͤrden
ihm auch endlich ſchwer gefallen ſeyn, wann
unſere Reiſende ihme nicht zu Huͤlffe kommen
waͤren, und die Bettler das Reißaus zu neh-
men gezwungen haͤtten. Nachdem ſie ſich

alle
U
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0321" n="305"/>
Leuthe &#x017F;ind rechte <hi rendition="#aq">Ulcera Reipublicæ,</hi> und<lb/>
nicht recht&#x017F;chaffene <hi rendition="#aq">Medici</hi> zu &#x017F;chelten, &#x017F;prach<lb/>
Siegfried, alleine, wo das <hi rendition="#aq">Utile</hi> dem <hi rendition="#aq">Hone-<lb/>
&#x017F;to</hi> vorgehet, &#x017F;iehet man den Betrug nicht,<lb/>
&#x017F;olte gleich <hi rendition="#aq">Argus</hi> &#x017F;eine hundert Augen einen<lb/>
&#x017F;olchen Geld-Hamb&#x017F;ter lehnen. Andreas<lb/>
bu&#x0364;ckte &#x017F;ich zum Wagen aus, und &#x017F;ahe zween<lb/>
Bettler von ferne mit einander &#x017F;chertzen, da<lb/>
&#x017F;agte er: Meine hoch-geehrte Herren, dort<lb/>
nicht weit von uns &#x017F;chertzen zween Men&#x017F;chen,<lb/>
was gilts wann mir vorbey fahren, werden<lb/>
&#x017F;ie umb eine Gabe betteln. Es ge&#x017F;chach auch,<lb/>
denn als der Wagen an &#x017F;ie kam, war der eine<lb/>
lahm der andere &#x017F;tumm; Der Lahme bath umb<lb/>
eine Gabe vor &#x017F;ich und den Stummen. An-<lb/>
dreas &#x017F;prach zu ihnen: Jhr Galgen-Vo&#x0364;gel<lb/>
wartet, ich will euch bald gehend und redend<lb/>
machen, &#x017F;prang damit aus den Wagen, zog<lb/>
&#x017F;einen Degen aus, und hieb auf die Bettler<lb/>
als wa&#x0364;re es im Ern&#x017F;te, loß, die Bettler nicht<lb/>
faul, der vermeynte Lahme nahm &#x017F;eine Kru&#x0364;-<lb/>
cke, zog aus der einen eine lange <hi rendition="#aq">Stiliet-</hi>Klin-<lb/>
ge, und wurff den Stummen die andere zu,<lb/>
und al&#x017F;o beyde auff Andreas loß, &#x017F;ie wu&#x0364;rden<lb/>
ihm auch endlich &#x017F;chwer gefallen &#x017F;eyn, wann<lb/>
un&#x017F;ere Rei&#x017F;ende ihme nicht zu Hu&#x0364;lffe kommen<lb/>
wa&#x0364;ren, und die Bettler das Reißaus zu neh-<lb/>
men gezwungen ha&#x0364;tten. Nachdem &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U</fw><fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0321] Leuthe ſind rechte Ulcera Reipublicæ, und nicht rechtſchaffene Medici zu ſchelten, ſprach Siegfried, alleine, wo das Utile dem Hone- ſto vorgehet, ſiehet man den Betrug nicht, ſolte gleich Argus ſeine hundert Augen einen ſolchen Geld-Hambſter lehnen. Andreas buͤckte ſich zum Wagen aus, und ſahe zween Bettler von ferne mit einander ſchertzen, da ſagte er: Meine hoch-geehrte Herren, dort nicht weit von uns ſchertzen zween Menſchen, was gilts wann mir vorbey fahren, werden ſie umb eine Gabe betteln. Es geſchach auch, denn als der Wagen an ſie kam, war der eine lahm der andere ſtumm; Der Lahme bath umb eine Gabe vor ſich und den Stummen. An- dreas ſprach zu ihnen: Jhr Galgen-Voͤgel wartet, ich will euch bald gehend und redend machen, ſprang damit aus den Wagen, zog ſeinen Degen aus, und hieb auf die Bettler als waͤre es im Ernſte, loß, die Bettler nicht faul, der vermeynte Lahme nahm ſeine Kruͤ- cke, zog aus der einen eine lange Stiliet-Klin- ge, und wurff den Stummen die andere zu, und alſo beyde auff Andreas loß, ſie wuͤrden ihm auch endlich ſchwer gefallen ſeyn, wann unſere Reiſende ihme nicht zu Huͤlffe kommen waͤren, und die Bettler das Reißaus zu neh- men gezwungen haͤtten. Nachdem ſie ſich alle U

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/321
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/321>, abgerufen am 18.05.2024.