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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Herr Sohn, die auch eines ehrlichen Medici
ihre Mühe hoch halten und belohnen, und
müssen endlich ihre Verächter zum offtern, in-
dem sie sich solchen Holuncken vertrauen, an-
dere zum Exempel mit den Leben bezahlen.
Geschicht es auch, daß ein dergleichen Läster-
Maul sich an einen ehrlichen Mann reiben
wolte, so gedencke man, quid si asinus me
calcitret!
Ob ein Esel schreyet, oder ein sol-
cher eingebildeter vollbrüstiger Klügling was
saget, ist in einem Werthe zu halten. Es
füget sich offters, daß ein dergleichen Spöt-
ter in der Noth tausend gute Worte geben
muß, daß der Verachtete ihn nur auf ein
Wort zu sprechen ersuchen möchte. Sieg-
fried replicirte: Jch gestehe es Herr Vater,
hätte ich mir das zu Anfang meiner Studien
sollen sagen lassen, ich hätte lieber ein Säu-
Hirte werden, als mich der Medicin ergeben
wollen. Es ist zwar noch Zeit umbzukehren,
weil ich aber meinen lieben Vater nicht betrü-
ben will, so will ich mit Göttlichen Beystan-
de fortfahren, und den Ausgang mit freudiger
Gedult erwarten. Allerliebster Herr Sieg-
fried, versetzte Eckarth, hat es doch unser Hey-
land, als der Ober-Artzt und Helffer aller
Menschen, in seinen Curen nicht besser ge-
habt, haben ihn die Juden nicht gar vor einen

Zau-
R 4

Herr Sohn, die auch eines ehrlichen Medici
ihre Muͤhe hoch halten und belohnen, und
muͤſſen endlich ihre Veraͤchter zum offtern, in-
dem ſie ſich ſolchen Holuncken vertrauen, an-
dere zum Exempel mit den Leben bezahlen.
Geſchicht es auch, daß ein dergleichen Laͤſter-
Maul ſich an einen ehrlichen Mann reiben
wolte, ſo gedencke man, quid ſi aſinus me
calcitret!
Ob ein Eſel ſchreyet, oder ein ſol-
cher eingebildeter vollbruͤſtiger Kluͤgling was
ſaget, iſt in einem Werthe zu halten. Es
fuͤget ſich offters, daß ein dergleichen Spoͤt-
ter in der Noth tauſend gute Worte geben
muß, daß der Verachtete ihn nur auf ein
Wort zu ſprechen erſuchen moͤchte. Sieg-
fried replicirte: Jch geſtehe es Herr Vater,
haͤtte ich mir das zu Anfang meiner Studien
ſollen ſagen laſſen, ich haͤtte lieber ein Saͤu-
Hirte werden, als mich der Medicin ergeben
wollen. Es iſt zwar noch Zeit umbzukehren,
weil ich aber meinen lieben Vater nicht betruͤ-
ben will, ſo will ich mit Goͤttlichen Beyſtan-
de fortfahren, und den Ausgang mit freudiger
Gedult erwarten. Allerliebſter Herr Sieg-
fried, verſetzte Eckarth, hat es doch unſer Hey-
land, als der Ober-Artzt und Helffer aller
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habt, haben ihn die Juden nicht gar vor einen

Zau-
R 4
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[263/0279] Herr Sohn, die auch eines ehrlichen Medici ihre Muͤhe hoch halten und belohnen, und muͤſſen endlich ihre Veraͤchter zum offtern, in- dem ſie ſich ſolchen Holuncken vertrauen, an- dere zum Exempel mit den Leben bezahlen. Geſchicht es auch, daß ein dergleichen Laͤſter- Maul ſich an einen ehrlichen Mann reiben wolte, ſo gedencke man, quid ſi aſinus me calcitret! Ob ein Eſel ſchreyet, oder ein ſol- cher eingebildeter vollbruͤſtiger Kluͤgling was ſaget, iſt in einem Werthe zu halten. Es fuͤget ſich offters, daß ein dergleichen Spoͤt- ter in der Noth tauſend gute Worte geben muß, daß der Verachtete ihn nur auf ein Wort zu ſprechen erſuchen moͤchte. Sieg- fried replicirte: Jch geſtehe es Herr Vater, haͤtte ich mir das zu Anfang meiner Studien ſollen ſagen laſſen, ich haͤtte lieber ein Saͤu- Hirte werden, als mich der Medicin ergeben wollen. Es iſt zwar noch Zeit umbzukehren, weil ich aber meinen lieben Vater nicht betruͤ- ben will, ſo will ich mit Goͤttlichen Beyſtan- de fortfahren, und den Ausgang mit freudiger Gedult erwarten. Allerliebſter Herr Sieg- fried, verſetzte Eckarth, hat es doch unſer Hey- land, als der Ober-Artzt und Helffer aller Menſchen, in ſeinen Curen nicht beſſer ge- habt, haben ihn die Juden nicht gar vor einen Zau- R 4

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/279>, abgerufen am 18.05.2024.