Herr Sohn, die auch eines ehrlichen Medici ihre Mühe hoch halten und belohnen, und müssen endlich ihre Verächter zum offtern, in- dem sie sich solchen Holuncken vertrauen, an- dere zum Exempel mit den Leben bezahlen. Geschicht es auch, daß ein dergleichen Läster- Maul sich an einen ehrlichen Mann reiben wolte, so gedencke man, quid si asinus me calcitret! Ob ein Esel schreyet, oder ein sol- cher eingebildeter vollbrüstiger Klügling was saget, ist in einem Werthe zu halten. Es füget sich offters, daß ein dergleichen Spöt- ter in der Noth tausend gute Worte geben muß, daß der Verachtete ihn nur auf ein Wort zu sprechen ersuchen möchte. Sieg- fried replicirte: Jch gestehe es Herr Vater, hätte ich mir das zu Anfang meiner Studien sollen sagen lassen, ich hätte lieber ein Säu- Hirte werden, als mich der Medicin ergeben wollen. Es ist zwar noch Zeit umbzukehren, weil ich aber meinen lieben Vater nicht betrü- ben will, so will ich mit Göttlichen Beystan- de fortfahren, und den Ausgang mit freudiger Gedult erwarten. Allerliebster Herr Sieg- fried, versetzte Eckarth, hat es doch unser Hey- land, als der Ober-Artzt und Helffer aller Menschen, in seinen Curen nicht besser ge- habt, haben ihn die Juden nicht gar vor einen
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Herr Sohn, die auch eines ehrlichen Medici ihre Muͤhe hoch halten und belohnen, und muͤſſen endlich ihre Veraͤchter zum offtern, in- dem ſie ſich ſolchen Holuncken vertrauen, an- dere zum Exempel mit den Leben bezahlen. Geſchicht es auch, daß ein dergleichen Laͤſter- Maul ſich an einen ehrlichen Mann reiben wolte, ſo gedencke man, quid ſi aſinus me calcitret! Ob ein Eſel ſchreyet, oder ein ſol- cher eingebildeter vollbruͤſtiger Kluͤgling was ſaget, iſt in einem Werthe zu halten. Es fuͤget ſich offters, daß ein dergleichen Spoͤt- ter in der Noth tauſend gute Worte geben muß, daß der Verachtete ihn nur auf ein Wort zu ſprechen erſuchen moͤchte. Sieg- fried replicirte: Jch geſtehe es Herr Vater, haͤtte ich mir das zu Anfang meiner Studien ſollen ſagen laſſen, ich haͤtte lieber ein Saͤu- Hirte werden, als mich der Medicin ergeben wollen. Es iſt zwar noch Zeit umbzukehren, weil ich aber meinen lieben Vater nicht betruͤ- ben will, ſo will ich mit Goͤttlichen Beyſtan- de fortfahren, und den Ausgang mit freudiger Gedult erwarten. Allerliebſter Herr Sieg- fried, verſetzte Eckarth, hat es doch unſer Hey- land, als der Ober-Artzt und Helffer aller Menſchen, in ſeinen Curen nicht beſſer ge- habt, haben ihn die Juden nicht gar vor einen
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Herr Sohn, die auch eines ehrlichen Medici
ihre Muͤhe hoch halten und belohnen, und
muͤſſen endlich ihre Veraͤchter zum offtern, in-
dem ſie ſich ſolchen Holuncken vertrauen, an-
dere zum Exempel mit den Leben bezahlen.
Geſchicht es auch, daß ein dergleichen Laͤſter-
Maul ſich an einen ehrlichen Mann reiben
wolte, ſo gedencke man, quid ſi aſinus me
calcitret! Ob ein Eſel ſchreyet, oder ein ſol-
cher eingebildeter vollbruͤſtiger Kluͤgling was
ſaget, iſt in einem Werthe zu halten. Es
fuͤget ſich offters, daß ein dergleichen Spoͤt-
ter in der Noth tauſend gute Worte geben
muß, daß der Verachtete ihn nur auf ein
Wort zu ſprechen erſuchen moͤchte. Sieg-
fried replicirte: Jch geſtehe es Herr Vater,
haͤtte ich mir das zu Anfang meiner Studien
ſollen ſagen laſſen, ich haͤtte lieber ein Saͤu-
Hirte werden, als mich der Medicin ergeben
wollen. Es iſt zwar noch Zeit umbzukehren,
weil ich aber meinen lieben Vater nicht betruͤ-
ben will, ſo will ich mit Goͤttlichen Beyſtan-
de fortfahren, und den Ausgang mit freudiger
Gedult erwarten. Allerliebſter Herr Sieg-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/279>, abgerufen am 22.11.2024.
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