Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

daß ihnen GOtt zur Straffe dergleichen Ge-
züchte über ihren siechen Leib schicket. Mein
werthester Herr Siegfried, fiel ihm Eckarth
in die Rede, nicht so geschwinde geändert!
Welche Profession hat nicht ihre Schänder?
muß doch GOtt selbst sich von denen Men-
schen tadeln lassen. Ein rechtschaffener Medi-
cus
wird dennoch erhoben und vor andern be-
rühmt, man muß nicht allezeit auf die verder-
bende Zeiten sehen. Wer weiß nicht daß die
hoch-schätzbahre Medicin zu Zeiten eben so
wohl ihre Verderber gesehen hat. Jst doch
derselben, als sie noch ein Kind war, viel Gifft
in ihren Brey mit eingemischet worden, und
nachdem sie wuchs, schlichen immerfort Ne-
ben-Helffer, und Schaden-Bringer mit ein,
was ist es Wunder, daß, nachdem sie zu ih-
ren Männlichen Jahren kommen ist, nicht
einer oder der andere zu seinen Behuf und
Nutzen ihr etwas abzwacken solte. Man se-
he die Klagen der Alten an, man erforsche wie
vor zweyhundert Jahren der aufrichtige Basi-
lius, Valentinus, Lullius
und andere, vor
hundert Jahren Theophrastus, in vorigen
SeculoHelmonutius, Sylvius und andere mehr
über dergleichen Medicastros und Veräch-
ter der Artzeney-Kunst ihre Klagen geführet
haben. Es sind doch immer welche, mein

Herr

daß ihnen GOtt zur Straffe dergleichen Ge-
zuͤchte uͤber ihren ſiechen Leib ſchicket. Mein
wertheſter Herr Siegfried, fiel ihm Eckarth
in die Rede, nicht ſo geſchwinde geaͤndert!
Welche Profesſion hat nicht ihre Schaͤnder?
muß doch GOtt ſelbſt ſich von denen Men-
ſchen tadeln laſſen. Ein rechtſchaffener Medi-
cus
wird dennoch erhoben und vor andern be-
ruͤhmt, man muß nicht allezeit auf die verder-
bende Zeiten ſehen. Wer weiß nicht daß die
hoch-ſchaͤtzbahre Medicin zu Zeiten eben ſo
wohl ihre Verderber geſehen hat. Jſt doch
derſelben, als ſie noch ein Kind war, viel Gifft
in ihren Brey mit eingemiſchet worden, und
nachdem ſie wuchs, ſchlichen immerfort Ne-
ben-Helffer, und Schaden-Bringer mit ein,
was iſt es Wunder, daß, nachdem ſie zu ih-
ren Maͤnnlichen Jahren kommen iſt, nicht
einer oder der andere zu ſeinen Behuf und
Nutzen ihr etwas abzwacken ſolte. Man ſe-
he die Klagen der Alten an, man erforſche wie
vor zweyhundert Jahren der aufrichtige Baſi-
lius, Valentinus, Lullius
und andere, vor
hundert Jahren Theophraſtus, in vorigen
SeculoHelmonutius, Sylvius und andere mehr
uͤber dergleichen Medicaſtros und Veraͤch-
ter der Artzeney-Kunſt ihre Klagen gefuͤhret
haben. Es ſind doch immer welche, mein

Herr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="262"/>
daß ihnen GOtt zur Straffe dergleichen Ge-<lb/>
zu&#x0364;chte u&#x0364;ber ihren &#x017F;iechen Leib &#x017F;chicket. Mein<lb/>
werthe&#x017F;ter Herr Siegfried, fiel ihm Eckarth<lb/>
in die Rede, nicht &#x017F;o ge&#x017F;chwinde gea&#x0364;ndert!<lb/>
Welche <hi rendition="#aq">Profes&#x017F;ion</hi> hat nicht ihre Scha&#x0364;nder?<lb/>
muß doch GOtt &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich von denen Men-<lb/>
&#x017F;chen tadeln la&#x017F;&#x017F;en. Ein recht&#x017F;chaffener <hi rendition="#aq">Medi-<lb/>
cus</hi> wird dennoch erhoben und vor andern be-<lb/>
ru&#x0364;hmt, man muß nicht allezeit auf die verder-<lb/>
bende Zeiten &#x017F;ehen. Wer weiß nicht daß die<lb/>
hoch-&#x017F;cha&#x0364;tzbahre <hi rendition="#aq">Medicin</hi> zu Zeiten eben &#x017F;o<lb/>
wohl ihre Verderber ge&#x017F;ehen hat. J&#x017F;t doch<lb/>
der&#x017F;elben, als &#x017F;ie noch ein Kind war, viel Gifft<lb/>
in ihren Brey mit eingemi&#x017F;chet worden, und<lb/>
nachdem &#x017F;ie wuchs, &#x017F;chlichen immerfort Ne-<lb/>
ben-Helffer, und Schaden-Bringer mit ein,<lb/>
was i&#x017F;t es Wunder, daß, nachdem &#x017F;ie zu ih-<lb/>
ren Ma&#x0364;nnlichen Jahren kommen i&#x017F;t, nicht<lb/>
einer oder der andere zu &#x017F;einen Behuf und<lb/>
Nutzen ihr etwas abzwacken &#x017F;olte. Man &#x017F;e-<lb/>
he die Klagen der Alten an, man erfor&#x017F;che wie<lb/>
vor zweyhundert Jahren der aufrichtige <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;i-<lb/>
lius, Valentinus, Lullius</hi> und andere, vor<lb/>
hundert Jahren <hi rendition="#aq">Theophra&#x017F;tus,</hi> in vorigen<lb/><hi rendition="#aq">SeculoHelmonutius, Sylvius</hi> und andere mehr<lb/>
u&#x0364;ber dergleichen <hi rendition="#aq">Medica&#x017F;tros</hi> und Vera&#x0364;ch-<lb/>
ter der Artzeney-Kun&#x017F;t ihre Klagen gefu&#x0364;hret<lb/>
haben. Es &#x017F;ind doch immer welche, mein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herr</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0278] daß ihnen GOtt zur Straffe dergleichen Ge- zuͤchte uͤber ihren ſiechen Leib ſchicket. Mein wertheſter Herr Siegfried, fiel ihm Eckarth in die Rede, nicht ſo geſchwinde geaͤndert! Welche Profesſion hat nicht ihre Schaͤnder? muß doch GOtt ſelbſt ſich von denen Men- ſchen tadeln laſſen. Ein rechtſchaffener Medi- cus wird dennoch erhoben und vor andern be- ruͤhmt, man muß nicht allezeit auf die verder- bende Zeiten ſehen. Wer weiß nicht daß die hoch-ſchaͤtzbahre Medicin zu Zeiten eben ſo wohl ihre Verderber geſehen hat. Jſt doch derſelben, als ſie noch ein Kind war, viel Gifft in ihren Brey mit eingemiſchet worden, und nachdem ſie wuchs, ſchlichen immerfort Ne- ben-Helffer, und Schaden-Bringer mit ein, was iſt es Wunder, daß, nachdem ſie zu ih- ren Maͤnnlichen Jahren kommen iſt, nicht einer oder der andere zu ſeinen Behuf und Nutzen ihr etwas abzwacken ſolte. Man ſe- he die Klagen der Alten an, man erforſche wie vor zweyhundert Jahren der aufrichtige Baſi- lius, Valentinus, Lullius und andere, vor hundert Jahren Theophraſtus, in vorigen SeculoHelmonutius, Sylvius und andere mehr uͤber dergleichen Medicaſtros und Veraͤch- ter der Artzeney-Kunſt ihre Klagen gefuͤhret haben. Es ſind doch immer welche, mein Herr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/278
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/278>, abgerufen am 18.05.2024.