so mir wissend sind, mit Erlaubniß meiner hoch- geehrten Herren beschliessen. Mein GOtt, sprach Siegfried, es solte mich fast gereuen, daß ich der Medicin obgelegen, weil derglei- chen Ehr-vergessene Buben, so verkehrt mit derselben umbgehen, auch zuweilen noch von der Obrigkeit wieder rechtschaffene Medicos geschützet, und offters höher als ein Mann, der es ihm von Jugend auf in Studiren, Ana- tomiren und Laboriren Blut sauer werden lassen, Zeit, Unkosten und Gesundheit ange- wendet, respectiret werden. Was vor böse Zeiten hast du o GOtt uns erleben lassen! Es scheinet daß diese zugelassene Blindheit von GOtt über die Menschen gefallen, daß sie mit sehenden Augen blind seyn müssen, und wie ein von GOtt und Natur erschaffener Medicus billich als ein Seel-Sorger und El- tern soll in Ehren gehalten werden, es aber bey diesen Lieb-und Ehr-losen Zeiten wenig geschicht! Ja wohl noch von gelehrten, jedoch unverständigen, gehäßigen Personen ehrliche Medici, vielleicht, weil jenen nicht die Geld- sucht von diesen nicht in etwas gleich von an- dern Pralhansen geschiehet, gestillet wird. Ul- cera Reipublica, Geschwüre, fressende Schä- den einer Gemeine genennet, und intituliret werden, so geschicht auch denen Leuthen recht,
daß
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ſo mir wiſſend ſind, mit Erlaubniß meiner hoch- geehrten Herren beſchlieſſen. Mein GOtt, ſprach Siegfried, es ſolte mich faſt gereuen, daß ich der Medicin obgelegen, weil derglei- chen Ehr-vergeſſene Buben, ſo verkehrt mit derſelben umbgehen, auch zuweilen noch von der Obrigkeit wieder rechtſchaffene Medicos geſchuͤtzet, und offters hoͤher als ein Mann, der es ihm von Jugend auf in Studiren, Ana- tomiren und Laboriren Blut ſauer werden laſſen, Zeit, Unkoſten und Geſundheit ange- wendet, reſpectiret werden. Was vor boͤſe Zeiten haſt du o GOtt uns erleben laſſen! Es ſcheinet daß dieſe zugelaſſene Blindheit von GOtt uͤber die Menſchen gefallen, daß ſie mit ſehenden Augen blind ſeyn muͤſſen, und wie ein von GOtt und Natur erſchaffener Medicus billich als ein Seel-Sorger und El- tern ſoll in Ehren gehalten werden, es aber bey dieſen Lieb-und Ehr-loſen Zeiten wenig geſchicht! Ja wohl noch von gelehrten, jedoch unverſtaͤndigen, gehaͤßigen Perſonen ehrliche Medici, vielleicht, weil jenen nicht die Geld- ſucht von dieſen nicht in etwas gleich von an- dern Pralhanſen geſchiehet, geſtillet wird. Ul- cera Reipublica, Geſchwuͤre, freſſende Schaͤ- den einer Gemeine genennet, und intituliret werden, ſo geſchicht auch denen Leuthen recht,
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ſo mir wiſſend ſind, mit Erlaubniß meiner hoch-
geehrten Herren beſchlieſſen. Mein GOtt,
ſprach Siegfried, es ſolte mich faſt gereuen,
daß ich der Medicin obgelegen, weil derglei-
chen Ehr-vergeſſene Buben, ſo verkehrt mit
derſelben umbgehen, auch zuweilen noch von
der Obrigkeit wieder rechtſchaffene Medicos
geſchuͤtzet, und offters hoͤher als ein Mann,
der es ihm von Jugend auf in Studiren, Ana-
tomiren und Laboriren Blut ſauer werden
laſſen, Zeit, Unkoſten und Geſundheit ange-
wendet, reſpectiret werden. Was vor boͤſe
Zeiten haſt du o GOtt uns erleben laſſen! Es
ſcheinet daß dieſe zugelaſſene Blindheit von
GOtt uͤber die Menſchen gefallen, daß ſie
mit ſehenden Augen blind ſeyn muͤſſen, und
wie ein von GOtt und Natur erſchaffener
Medicus billich als ein Seel-Sorger und El-
tern ſoll in Ehren gehalten werden, es aber
bey dieſen Lieb-und Ehr-loſen Zeiten wenig
geſchicht! Ja wohl noch von gelehrten, jedoch
unverſtaͤndigen, gehaͤßigen Perſonen ehrliche
Medici, vielleicht, weil jenen nicht die Geld-
ſucht von dieſen nicht in etwas gleich von an-
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/277>, abgerufen am 22.11.2024.
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