Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Würste im Hause hiengen, gab er bey Bese-
hung des Urins vor, weil die Kranckheit nicht
weichen wolte, wäre Ursache, daß sie gestern
Würste gessen hätte, so er im Urin sehe. Mein
GOtt, sagte Siegfried, welche Boßheit ver-
führet diese Menschen, daß sie die hoch-edle
Medicin so lüderlich traduciren und gering
halten, dennoch wundert mich nicht wenig,
daß das arme Volck sich als ein tummes Vieh
zur Schlacht-Banck führen läst. Meine
Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die sich
unter denen Landfahrern vor andern wollen
sehen lassen, probiren sie ihre Artzeneyen an
ihren Leibern, da pflegen sie allerhand Gifft
einzusauffen, damit ihnen aber solches nicht
schade, trincken sie einen ziemlichen Theil
Baum-Oel, ehe und bevor sie dasselbe einsauf-
fen, so dann schlingen sie das Gifft ab, da es
dann das Baum-Oel nicht einläst, machet
ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen
sie Theriac mit Saltz vermischt, trincken es
hinnab, dieses erreget alsbald ein Brechen, und
damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al-
les mit einander hinweg, andere lassen die
Haut starck in die Höhe ziehen, stechen sich da-
durch, und weisen sich den dritten Tag gehei-
let. Etliche können durch vorhergehendes
Schmieren, die Hände mit allerhand bren-

nen-

Wuͤrſte im Hauſe hiengen, gab er bey Beſe-
hung des Urins vor, weil die Kranckheit nicht
weichen wolte, waͤre Urſache, daß ſie geſtern
Wuͤrſte geſſen haͤtte, ſo er im Urin ſehe. Mein
GOtt, ſagte Siegfried, welche Boßheit ver-
fuͤhret dieſe Menſchen, daß ſie die hoch-edle
Medicin ſo luͤderlich traduciren und gering
halten, dennoch wundert mich nicht wenig,
daß das arme Volck ſich als ein tummes Vieh
zur Schlacht-Banck fuͤhren laͤſt. Meine
Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die ſich
unter denen Landfahrern vor andern wollen
ſehen laſſen, probiren ſie ihre Artzeneyen an
ihren Leibern, da pflegen ſie allerhand Gifft
einzuſauffen, damit ihnen aber ſolches nicht
ſchade, trincken ſie einen ziemlichen Theil
Baum-Oel, ehe und bevor ſie daſſelbe einſauf-
fen, ſo dann ſchlingen ſie das Gifft ab, da es
dann das Baum-Oel nicht einlaͤſt, machet
ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen
ſie Theriac mit Saltz vermiſcht, trincken es
hinnab, dieſes erreget alsbald ein Brechen, und
damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al-
les mit einander hinweg, andere laſſen die
Haut ſtarck in die Hoͤhe ziehen, ſtechen ſich da-
durch, und weiſen ſich den dritten Tag gehei-
let. Etliche koͤnnen durch vorhergehendes
Schmieren, die Haͤnde mit allerhand bren-

nen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="256"/>
Wu&#x0364;r&#x017F;te im Hau&#x017F;e hiengen, gab er bey Be&#x017F;e-<lb/>
hung des <hi rendition="#aq">Urins</hi> vor, weil die Kranckheit nicht<lb/>
weichen wolte, wa&#x0364;re Ur&#x017F;ache, daß &#x017F;ie ge&#x017F;tern<lb/>
Wu&#x0364;r&#x017F;te ge&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte, &#x017F;o er im <hi rendition="#aq">Urin</hi> &#x017F;ehe. Mein<lb/>
GOtt, &#x017F;agte Siegfried, welche Boßheit ver-<lb/>
fu&#x0364;hret die&#x017F;e Men&#x017F;chen, daß &#x017F;ie die hoch-edle<lb/><hi rendition="#aq">Medicin</hi> &#x017F;o lu&#x0364;derlich <hi rendition="#aq">traduci</hi>ren und gering<lb/>
halten, dennoch wundert mich nicht wenig,<lb/>
daß das arme Volck &#x017F;ich als ein tummes Vieh<lb/>
zur Schlacht-Banck fu&#x0364;hren la&#x0364;&#x017F;t. Meine<lb/>
Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die &#x017F;ich<lb/>
unter denen Landfahrern vor andern wollen<lb/>
&#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#aq">probi</hi>ren &#x017F;ie ihre Artzeneyen an<lb/>
ihren Leibern, da pflegen &#x017F;ie allerhand Gifft<lb/>
einzu&#x017F;auffen, damit ihnen aber &#x017F;olches nicht<lb/>
&#x017F;chade, trincken &#x017F;ie einen ziemlichen Theil<lb/>
Baum-Oel, ehe und bevor &#x017F;ie da&#x017F;&#x017F;elbe ein&#x017F;auf-<lb/>
fen, &#x017F;o dann &#x017F;chlingen &#x017F;ie das Gifft ab, da es<lb/>
dann das Baum-Oel nicht einla&#x0364;&#x017F;t, machet<lb/>
ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#aq">Theriac</hi> mit Saltz vermi&#x017F;cht, trincken es<lb/>
hinnab, die&#x017F;es erreget alsbald ein Brechen, und<lb/>
damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al-<lb/>
les mit einander hinweg, andere la&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
Haut &#x017F;tarck in die Ho&#x0364;he ziehen, &#x017F;techen &#x017F;ich da-<lb/>
durch, und wei&#x017F;en &#x017F;ich den dritten Tag gehei-<lb/>
let. Etliche ko&#x0364;nnen durch vorhergehendes<lb/>
Schmieren, die Ha&#x0364;nde mit allerhand bren-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0272] Wuͤrſte im Hauſe hiengen, gab er bey Beſe- hung des Urins vor, weil die Kranckheit nicht weichen wolte, waͤre Urſache, daß ſie geſtern Wuͤrſte geſſen haͤtte, ſo er im Urin ſehe. Mein GOtt, ſagte Siegfried, welche Boßheit ver- fuͤhret dieſe Menſchen, daß ſie die hoch-edle Medicin ſo luͤderlich traduciren und gering halten, dennoch wundert mich nicht wenig, daß das arme Volck ſich als ein tummes Vieh zur Schlacht-Banck fuͤhren laͤſt. Meine Herren, fuhr Andreas fort. Etliche, die ſich unter denen Landfahrern vor andern wollen ſehen laſſen, probiren ſie ihre Artzeneyen an ihren Leibern, da pflegen ſie allerhand Gifft einzuſauffen, damit ihnen aber ſolches nicht ſchade, trincken ſie einen ziemlichen Theil Baum-Oel, ehe und bevor ſie daſſelbe einſauf- fen, ſo dann ſchlingen ſie das Gifft ab, da es dann das Baum-Oel nicht einlaͤſt, machet ein Auflauffen des Magens, hernach nehmen ſie Theriac mit Saltz vermiſcht, trincken es hinnab, dieſes erreget alsbald ein Brechen, und damit gehet das Gifft, Baum-Oel, und al- les mit einander hinweg, andere laſſen die Haut ſtarck in die Hoͤhe ziehen, ſtechen ſich da- durch, und weiſen ſich den dritten Tag gehei- let. Etliche koͤnnen durch vorhergehendes Schmieren, die Haͤnde mit allerhand bren- nen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/272
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/272>, abgerufen am 18.05.2024.