ehrteste Herren, antwortete Andreas: Mein Gedächtniß ist mir vor Erschreckniß gantz in die Hosen gefallen! doch will ich nach Vermö- gen einige Gnüge leisten, was aber heute er- mangeln wird, soll Morgen geliebts GOtt, nach Vermögen ersetzet werden: Wie gesagt; so ist der Betrug mit beygesetzten Lügen sol- cher Land Stürtzer Proprium. Daß ich nur ein paar Exempel anführe: gab einer bey ei- ner Patientin vor, es hätte sich bey ihr ein Berg auf die Mutter gesetzt, dessen Spitze reichte bis an den Magen, diese verursachte, daß wann sie eße, daß ein Theil der Speise in der einen Höle liegend bliebe, und ihr hernach solch Magen-Drücken machte, würde auch wohl daran sterben müssen. Eben auf gleiche Arth gab dieser bey einen andern vor, er hätte gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi- schen welchen die Speisen vermoderen müsten, und diese erweckten die gelbe Sucht. O du Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth, habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin- gen nie gehöret; doch Andreas fahret fort in eue- ren Historien: Hoch-geehrte Herren, sprach Andreas, diese sind noch mit aus der obersten Sorte, sie werden noch liederlicher und verwe- gener als vorgemeldete kommen. Ein ander kam zu einer Patientin, und weil er sahe daß
Wür-
ehrteſte Herren, antwortete Andreas: Mein Gedaͤchtniß iſt mir vor Erſchreckniß gantz in die Hoſen gefallen! doch will ich nach Vermoͤ- gen einige Gnuͤge leiſten, was aber heute er- mangeln wird, ſoll Morgen geliebts GOtt, nach Vermoͤgen erſetzet werden: Wie geſagt; ſo iſt der Betrug mit beygeſetzten Luͤgen ſol- cher Land Stuͤrtzer Proprium. Daß ich nur ein paar Exempel anfuͤhre: gab einer bey ei- ner Patientin vor, es haͤtte ſich bey ihr ein Berg auf die Mutter geſetzt, deſſen Spitze reichte bis an den Magen, dieſe verurſachte, daß wann ſie eße, daß ein Theil der Speiſe in der einen Hoͤle liegend bliebe, und ihr hernach ſolch Magen-Druͤcken machte, wuͤrde auch wohl daran ſterben muͤſſen. Eben auf gleiche Arth gab dieſer bey einen andern vor, er haͤtte gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi- ſchen welchen die Speiſen vermoderen muͤſten, und dieſe erweckten die gelbe Sucht. O du Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth, habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin- gen nie gehoͤret; doch Andreas fahret fort in eue- ren Hiſtorien: Hoch-geehrte Herren, ſprach Andreas, dieſe ſind noch mit aus der oberſten Sorte, ſie werden noch liederlicher und verwe- gener als vorgemeldete kommen. Ein ander kam zu einer Patientin, und weil er ſahe daß
Wuͤr-
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ehrteſte Herren, antwortete Andreas: Mein
Gedaͤchtniß iſt mir vor Erſchreckniß gantz in
die Hoſen gefallen! doch will ich nach Vermoͤ-
gen einige Gnuͤge leiſten, was aber heute er-
mangeln wird, ſoll Morgen geliebts GOtt,
nach Vermoͤgen erſetzet werden: Wie geſagt;
ſo iſt der Betrug mit beygeſetzten Luͤgen ſol-
cher Land Stuͤrtzer Proprium. Daß ich nur
ein paar Exempel anfuͤhre: gab einer bey ei-
ner Patientin vor, es haͤtte ſich bey ihr ein
Berg auf die Mutter geſetzt, deſſen Spitze
reichte bis an den Magen, dieſe verurſachte,
daß wann ſie eße, daß ein Theil der Speiſe in
der einen Hoͤle liegend bliebe, und ihr hernach
ſolch Magen-Druͤcken machte, wuͤrde auch
wohl daran ſterben muͤſſen. Eben auf gleiche
Arth gab dieſer bey einen andern vor, er haͤtte
gleichfals zwey Berge in den Magen, zwi-
ſchen welchen die Speiſen vermoderen muͤſten,
und dieſe erweckten die gelbe Sucht. O du
Ertz-Holuncke, du Berg Narre, rieff Eckarth,
habe ich doch dergleichen verwegenes Vorbrin-
gen nie gehoͤret; doch Andreas fahret fort in eue-
ren Hiſtorien: Hoch-geehrte Herren, ſprach
Andreas, dieſe ſind noch mit aus der oberſten
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kam zu einer Patientin, und weil er ſahe daß
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/271>, abgerufen am 25.11.2024.
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