tzigen Zeiten ist es schon so weit kommen, daß selten wird eine Versammlung oder Mahlzeit gehalten werden, wo die Medici nicht müssen ein Schau-Essen darbey abgeben, da fangen diese Artzney-Affen an, die Ehr dergestalten ih- nen zu trenchiren, daß nicht ein Glied bey dem andern bleiben kan, bevoraus wann der Octo- brische Wetzstein das grosse Messer noch etwas mehrers darzu geschärffet; da werden sie eines daher schnadern, und sagen: dieser Doctor ist zwar ein guter Mann, aber man muß den gu- ten Rath in der Frühe bey ihm abholen: Nach- mittag kommt man zu spath, er gehet damahls mehr mit Bechern, als mit Büchern umb, und die besten Recept seyn schon im rothen Wein zerschmoltzen; dieser hat zwar eine grosse Scienz, doch kein Stern noch Glück darbey; die Herrn Todten-Gräber können ihm sicher zum Neuen- Jahr einen schönen Marcipan verehren, weilen er ihm ihre Officia so sehr läßt recommendiret seyn. Jener ist sehr beredsam, und meynet er huste nichts als lauter Aphorismos Hippocra- tis aus, habe auch den Galenum an Fingern, wie ein blinder Leyer-Mann die Griff: im Di- sputiren und Consultiren hat er ein Geschrey, macht aber nichts darmit, als verwirrtes Garn und verwickelte Netz, darmit man doch nicht viel anders, als einen Lateinischen Haasen auf
die
tzigen Zeiten iſt es ſchon ſo weit kommen, daß ſelten wird eine Verſammlung oder Mahlzeit gehalten werden, wo die Medici nicht muͤſſen ein Schau-Eſſen darbey abgeben, da fangen dieſe Artzney-Affen an, die Ehr dergeſtalten ih- nen zu trenchiren, daß nicht ein Glied bey dem andern bleiben kan, bevoraus wann der Octo- briſche Wetzſtein das groſſe Meſſer noch etwas mehrers darzu geſchaͤrffet; da werden ſie eines daher ſchnadern, und ſagen: dieſer Doctor iſt zwar ein guter Mann, aber man muß den gu- ten Rath in der Fruͤhe bey ihm abholen: Nach- mittag kommt man zu ſpath, er gehet damahls mehr mit Bechern, als mit Buͤchern umb, und die beſten Recept ſeyn ſchon im rothen Wein zerſchmoltzen; dieſer hat zwar eine groſſe Scienz, doch kein Stern noch Gluͤck darbey; die Herrn Todten-Graͤber koͤnnen ihm ſicher zum Neuen- Jahr einen ſchoͤnen Marcipan verehren, weilen er ihm ihre Officia ſo ſehr laͤßt recommendiret ſeyn. Jener iſt ſehr beredſam, und meynet er huſte nichts als lauter Aphoriſmos Hippocra- tis aus, habe auch den Galenum an Fingern, wie ein blinder Leyer-Mann die Griff: im Di- ſputiren und Conſultiren hat er ein Geſchrey, macht aber nichts darmit, als verwirrtes Garn und verwickelte Netz, darmit man doch nicht viel anders, als einen Lateiniſchen Haaſen auf
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tzigen Zeiten iſt es ſchon ſo weit kommen, daß
ſelten wird eine Verſammlung oder Mahlzeit
gehalten werden, wo die Medici nicht muͤſſen
ein Schau-Eſſen darbey abgeben, da fangen
dieſe Artzney-Affen an, die Ehr dergeſtalten ih-
nen zu trenchiren, daß nicht ein Glied bey dem
andern bleiben kan, bevoraus wann der Octo-
briſche Wetzſtein das groſſe Meſſer noch etwas
mehrers darzu geſchaͤrffet; da werden ſie eines
daher ſchnadern, und ſagen: dieſer Doctor iſt
zwar ein guter Mann, aber man muß den gu-
ten Rath in der Fruͤhe bey ihm abholen: Nach-
mittag kommt man zu ſpath, er gehet damahls
mehr mit Bechern, als mit Buͤchern umb, und
die beſten Recept ſeyn ſchon im rothen Wein
zerſchmoltzen; dieſer hat zwar eine groſſe Scienz,
doch kein Stern noch Gluͤck darbey; die Herrn
Todten-Graͤber koͤnnen ihm ſicher zum Neuen-
Jahr einen ſchoͤnen Marcipan verehren, weilen
er ihm ihre Officia ſo ſehr laͤßt recommendiret
ſeyn. Jener iſt ſehr beredſam, und meynet er
huſte nichts als lauter Aphoriſmos Hippocra-
tis aus, habe auch den Galenum an Fingern,
wie ein blinder Leyer-Mann die Griff: im Di-
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 991. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1007>, abgerufen am 25.11.2024.
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