Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

die letzt fangen kan: Jch traue ihm halt nicht,
er ist noch zu jung, wann er noch etliche Freit-
Höf wird gefüllet haben, so wird ein wacker Kerl
aus ihm werden. Dieser ist zwar vor 20. Jah-
ren der Fürnehmste gewesen, aber jetzo ist er we-
der zum Sieden noch zum Braten dienlich: er
ist schon gar zu alt, und hat wie ein ausgesunge-
ner Finck ausgelernet. Ja solches Affen-Ge-
schmeiß, und Ehr-abschneiderische Schnader-
büchsen machen noch kein Ende; da muß ihn
dieser gar zu herrisch und geschäfftig, jener aber
gar zu schmeichlerisch und ein Ja-Herr seyn:
dieser gar zu nett und stattlich, jener aber
gar zu schlecht und Schulmeisterisch auf-
ziehen: bald gehet einer zu geschwind, der
ander aber zu langsam; dieser hat einen zu ho-
hen, jener aber einen gar zu niederträchtigen
Geist: der eine ist gar zu sauersüchtig, und
siehet aus, wie eine ungesaltzene Cerbolath-
Wurst, der ander aber zu frey und vermessen:
der dritte ist allzustill, als wann ihm die Hunde
das Brodt genommen hätten, der vierdte her-
entgegen gar zu sehr ausgelassen, und ein rechter
Fabelhanß. Dieser ist zu furchtsam, und wä-
re von nöthen, daß er in hitzigen Kranckheiten
den Pulß von fern durch einen Stecken thäte
anrühren: sonsten ist er nur ein Cremortartar-
Doctor,
er wird selten die Kranckheit mit recht-

schaf-

die letzt fangen kan: Jch traue ihm halt nicht,
er iſt noch zu jung, wann er noch etliche Freit-
Hoͤf wird gefuͤllet haben, ſo wird ein wacker Kerl
aus ihm werden. Dieſer iſt zwar vor 20. Jah-
ren der Fuͤrnehmſte geweſen, aber jetzo iſt er we-
der zum Sieden noch zum Braten dienlich: er
iſt ſchon gar zu alt, und hat wie ein ausgeſunge-
ner Finck ausgelernet. Ja ſolches Affen-Ge-
ſchmeiß, und Ehr-abſchneideriſche Schnader-
buͤchſen machen noch kein Ende; da muß ihn
dieſer gar zu herriſch und geſchaͤfftig, jener aber
gar zu ſchmeichleriſch und ein Ja-Herr ſeyn:
dieſer gar zu nett und ſtattlich, jener aber
gar zu ſchlecht und Schulmeiſteriſch auf-
ziehen: bald gehet einer zu geſchwind, der
ander aber zu langſam; dieſer hat einen zu ho-
hen, jener aber einen gar zu niedertraͤchtigen
Geiſt: der eine iſt gar zu ſauerſuͤchtig, und
ſiehet aus, wie eine ungeſaltzene Cerbolath-
Wurſt, der ander aber zu frey und vermeſſen:
der dritte iſt allzuſtill, als wann ihm die Hunde
das Brodt genommen haͤtten, der vierdte her-
entgegen gar zu ſehr ausgelaſſen, und ein rechter
Fabelhanß. Dieſer iſt zu furchtſam, und waͤ-
re von noͤthen, daß er in hitzigen Kranckheiten
den Pulß von fern durch einen Stecken thaͤte
anruͤhren: ſonſten iſt er nur ein Cremortartar-
Doctor,
er wird ſelten die Kranckheit mit recht-

ſchaf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f1008" n="992"/>
die letzt fangen kan: Jch traue ihm halt nicht,<lb/>
er i&#x017F;t noch zu jung, wann er noch etliche Freit-<lb/>
Ho&#x0364;f wird gefu&#x0364;llet haben, &#x017F;o wird ein wacker Kerl<lb/>
aus ihm werden. Die&#x017F;er i&#x017F;t zwar vor 20. Jah-<lb/>
ren der Fu&#x0364;rnehm&#x017F;te gewe&#x017F;en, aber jetzo i&#x017F;t er we-<lb/>
der zum Sieden noch zum Braten dienlich: er<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;chon gar zu alt, und hat wie ein ausge&#x017F;unge-<lb/>
ner Finck ausgelernet. Ja &#x017F;olches Affen-Ge-<lb/>
&#x017F;chmeiß, und Ehr-ab&#x017F;chneideri&#x017F;che Schnader-<lb/>
bu&#x0364;ch&#x017F;en machen noch kein Ende; da muß ihn<lb/>
die&#x017F;er gar zu herri&#x017F;ch und ge&#x017F;cha&#x0364;fftig, jener aber<lb/>
gar zu &#x017F;chmeichleri&#x017F;ch und ein Ja-Herr &#x017F;eyn:<lb/>
die&#x017F;er gar zu nett und &#x017F;tattlich, jener aber<lb/>
gar zu &#x017F;chlecht und Schulmei&#x017F;teri&#x017F;ch auf-<lb/>
ziehen: bald gehet einer zu ge&#x017F;chwind, der<lb/>
ander aber zu lang&#x017F;am; die&#x017F;er hat einen zu ho-<lb/>
hen, jener aber einen gar zu niedertra&#x0364;chtigen<lb/>
Gei&#x017F;t: der eine i&#x017F;t gar zu &#x017F;auer&#x017F;u&#x0364;chtig, und<lb/>
&#x017F;iehet aus, wie eine unge&#x017F;altzene Cerbolath-<lb/>
Wur&#x017F;t, der ander aber zu frey und verme&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
der dritte i&#x017F;t allzu&#x017F;till, als wann ihm die Hunde<lb/>
das Brodt genommen ha&#x0364;tten, der vierdte her-<lb/>
entgegen gar zu &#x017F;ehr ausgela&#x017F;&#x017F;en, und ein rechter<lb/>
Fabelhanß. Die&#x017F;er i&#x017F;t zu furcht&#x017F;am, und wa&#x0364;-<lb/>
re von no&#x0364;then, daß er in hitzigen Kranckheiten<lb/>
den Pulß von fern durch einen Stecken tha&#x0364;te<lb/>
anru&#x0364;hren: &#x017F;on&#x017F;ten i&#x017F;t er nur ein <hi rendition="#aq">Cremortartar-<lb/>
Doctor,</hi> er wird &#x017F;elten die Kranckheit mit recht-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chaf-</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[992/1008] die letzt fangen kan: Jch traue ihm halt nicht, er iſt noch zu jung, wann er noch etliche Freit- Hoͤf wird gefuͤllet haben, ſo wird ein wacker Kerl aus ihm werden. Dieſer iſt zwar vor 20. Jah- ren der Fuͤrnehmſte geweſen, aber jetzo iſt er we- der zum Sieden noch zum Braten dienlich: er iſt ſchon gar zu alt, und hat wie ein ausgeſunge- ner Finck ausgelernet. Ja ſolches Affen-Ge- ſchmeiß, und Ehr-abſchneideriſche Schnader- buͤchſen machen noch kein Ende; da muß ihn dieſer gar zu herriſch und geſchaͤfftig, jener aber gar zu ſchmeichleriſch und ein Ja-Herr ſeyn: dieſer gar zu nett und ſtattlich, jener aber gar zu ſchlecht und Schulmeiſteriſch auf- ziehen: bald gehet einer zu geſchwind, der ander aber zu langſam; dieſer hat einen zu ho- hen, jener aber einen gar zu niedertraͤchtigen Geiſt: der eine iſt gar zu ſauerſuͤchtig, und ſiehet aus, wie eine ungeſaltzene Cerbolath- Wurſt, der ander aber zu frey und vermeſſen: der dritte iſt allzuſtill, als wann ihm die Hunde das Brodt genommen haͤtten, der vierdte her- entgegen gar zu ſehr ausgelaſſen, und ein rechter Fabelhanß. Dieſer iſt zu furchtſam, und waͤ- re von noͤthen, daß er in hitzigen Kranckheiten den Pulß von fern durch einen Stecken thaͤte anruͤhren: ſonſten iſt er nur ein Cremortartar- Doctor, er wird ſelten die Kranckheit mit recht- ſchaf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1008
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 992. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1008>, abgerufen am 10.10.2024.