Kreise, und sahen mir neugierig ins Gesicht und auf die Finger, wie ich so fix damit handthierte.
Wie der erste Schleifer vorbei war, konnte ich erst recht sehen, wie eine gute Musik in die Gliedmaßen fährt. Die Bauerburschen, die sich vorher, die Pfeifen im Munde, auf den Bänken reckten und die steifen Beine von sich streckten, waren nun auf einmal wie umgetauscht, ließen ihre bunten Schnupftücher vorn am Knopfloch lang herunter hängen und kapriolten so artig um die Mädchen herum, daß es eine rechte Lust anzuschauen war. Einer von ihnen, der sich schon für was Rechtes hielt, haspelte lange in seiner Westenta¬ sche, damit es die andern sehen sollten, und brachte endlich ein kleines Silberstück heraus, das er mir in die Hand drücken wollte. Mich ärgerte das, wenn ich gleich dazumal kein Geld in der Tasche hatte. Ich sagte ihm, er sollte nur seine Pfennige behalten, ich spielte nur so aus Freude, weil ich wieder bei Menschen wäre. Bald darauf aber kam ein schmuckes Mädchen mit einer großen Stampe Wein zu mir. "Musikanten trinken gern," sagte sie, und lachte mich freundlich an, und ihre perlweißen Zähne schimmerten recht scharmant zwischen den rothen Lippen hindurch, so daß ich sie wohl hätte darauf küssen mögen. Sie tunkte ihr Schnäbelchen in den Wein, wobei ihre Augen über das Glas weg auf mich herüber funkelten, und reichte mir darauf die Stampe hin. Da trank ich das Glas bis auf den Grund aus, und spielte dann wieder von Frischem, daß sich alles lustig um mich herumdrehte.
Kreiſe, und ſahen mir neugierig ins Geſicht und auf die Finger, wie ich ſo fix damit handthierte.
Wie der erſte Schleifer vorbei war, konnte ich erſt recht ſehen, wie eine gute Muſik in die Gliedmaßen faͤhrt. Die Bauerburſchen, die ſich vorher, die Pfeifen im Munde, auf den Baͤnken reckten und die ſteifen Beine von ſich ſtreckten, waren nun auf einmal wie umgetauſcht, ließen ihre bunten Schnupftuͤcher vorn am Knopfloch lang herunter haͤngen und kapriolten ſo artig um die Maͤdchen herum, daß es eine rechte Luſt anzuſchauen war. Einer von ihnen, der ſich ſchon fuͤr was Rechtes hielt, haſpelte lange in ſeiner Weſtenta¬ ſche, damit es die andern ſehen ſollten, und brachte endlich ein kleines Silberſtuͤck heraus, das er mir in die Hand druͤcken wollte. Mich aͤrgerte das, wenn ich gleich dazumal kein Geld in der Taſche hatte. Ich ſagte ihm, er ſollte nur ſeine Pfennige behalten, ich ſpielte nur ſo aus Freude, weil ich wieder bei Menſchen waͤre. Bald darauf aber kam ein ſchmuckes Maͤdchen mit einer großen Stampe Wein zu mir. „Muſikanten trinken gern,“ ſagte ſie, und lachte mich freundlich an, und ihre perlweißen Zaͤhne ſchimmerten recht ſcharmant zwiſchen den rothen Lippen hindurch, ſo daß ich ſie wohl haͤtte darauf kuͤſſen moͤgen. Sie tunkte ihr Schnaͤbelchen in den Wein, wobei ihre Augen uͤber das Glas weg auf mich heruͤber funkelten, und reichte mir darauf die Stampe hin. Da trank ich das Glas bis auf den Grund aus, und ſpielte dann wieder von Friſchem, daß ſich alles luſtig um mich herumdrehte.
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Kreiſe, und ſahen mir neugierig ins Geſicht und auf
die Finger, wie ich ſo fix damit handthierte.
Wie der erſte Schleifer vorbei war, konnte ich erſt
recht ſehen, wie eine gute Muſik in die Gliedmaßen
faͤhrt. Die Bauerburſchen, die ſich vorher, die Pfeifen
im Munde, auf den Baͤnken reckten und die ſteifen
Beine von ſich ſtreckten, waren nun auf einmal wie
umgetauſcht, ließen ihre bunten Schnupftuͤcher vorn
am Knopfloch lang herunter haͤngen und kapriolten ſo
artig um die Maͤdchen herum, daß es eine rechte Luſt
anzuſchauen war. Einer von ihnen, der ſich ſchon fuͤr
was Rechtes hielt, haſpelte lange in ſeiner Weſtenta¬
ſche, damit es die andern ſehen ſollten, und brachte
endlich ein kleines Silberſtuͤck heraus, das er mir in
die Hand druͤcken wollte. Mich aͤrgerte das, wenn ich
gleich dazumal kein Geld in der Taſche hatte. Ich
ſagte ihm, er ſollte nur ſeine Pfennige behalten, ich
ſpielte nur ſo aus Freude, weil ich wieder bei Menſchen
waͤre. Bald darauf aber kam ein ſchmuckes Maͤdchen
mit einer großen Stampe Wein zu mir. „Muſikanten
trinken gern,“ ſagte ſie, und lachte mich freundlich an,
und ihre perlweißen Zaͤhne ſchimmerten recht ſcharmant
zwiſchen den rothen Lippen hindurch, ſo daß ich ſie
wohl haͤtte darauf kuͤſſen moͤgen. Sie tunkte ihr
Schnaͤbelchen in den Wein, wobei ihre Augen uͤber das
Glas weg auf mich heruͤber funkelten, und reichte mir
darauf die Stampe hin. Da trank ich das Glas bis
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Friſchem, daß ſich alles luſtig um mich herumdrehte.
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Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/51>, abgerufen am 23.07.2024.
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