die Sängerinnen gesehn, unter Trompeten und Pauken schnell ihren Abzug.
Ich aber wußte in meinem Baume droben eigent¬ lich gar nicht recht, wie mir geschehen, und richtete nunmehr meine Augen unverwandt auf das Schloß hin; denn ein Kreis hoher Windlichter unten an den Stufen des Einganges warf dort einen seltsamen Schein über die blitzenden Fenster und weit in den Gar¬ ten hinein. Es war die Dienerschaft, die so eben ih¬ rer jungen Herrschaft ein Ständchen brachte. Mitten unter ihnen stand der prächtig aufgeputzte Portier wie ein Staatsminister, vor einem Notenpulte, und arbei¬ tete sich emsig an einem Fagot ab.
Wie ich mich so eben zurecht setzte, um der schö¬ nen Serenade zuzuhören, gingen auf einmal oben auf dem Balkon des Schlosses die Flügelthüren auf. Ein hoher Herr, schön und stattlich in Uniform und mit vielen funkelnden Sternen, trat auf den Balkon her¬ aus, und an seiner Hand -- die schöne junge gnädige Frau, in ganz weißem Kleide, wie eine Lilie in der Nacht, oder wie wenn der Mond über das klare Fir¬ mament zöge.
Ich konnte keinen Blick von dem Platze verwen¬ den, und Garten, Bäume und Felder gingen unter vor meinen Sinnen, wie sie so wundersam beleuchtet von den Fackeln, hoch und schlank da stand, und bald anmuthig mit dem schönen Offizier sprach, bald wieder freundlich zu den Musikanten herunter nickte. Die Leute unten waren außer sich vor Freude, und ich hielt
die Saͤngerinnen geſehn, unter Trompeten und Pauken ſchnell ihren Abzug.
Ich aber wußte in meinem Baume droben eigent¬ lich gar nicht recht, wie mir geſchehen, und richtete nunmehr meine Augen unverwandt auf das Schloß hin; denn ein Kreis hoher Windlichter unten an den Stufen des Einganges warf dort einen ſeltſamen Schein uͤber die blitzenden Fenſter und weit in den Gar¬ ten hinein. Es war die Dienerſchaft, die ſo eben ih¬ rer jungen Herrſchaft ein Staͤndchen brachte. Mitten unter ihnen ſtand der praͤchtig aufgeputzte Portier wie ein Staatsminiſter, vor einem Notenpulte, und arbei¬ tete ſich emſig an einem Fagot ab.
Wie ich mich ſo eben zurecht ſetzte, um der ſchoͤ¬ nen Serenade zuzuhoͤren, gingen auf einmal oben auf dem Balkon des Schloſſes die Fluͤgelthuͤren auf. Ein hoher Herr, ſchoͤn und ſtattlich in Uniform und mit vielen funkelnden Sternen, trat auf den Balkon her¬ aus, und an ſeiner Hand — die ſchoͤne junge gnaͤdige Frau, in ganz weißem Kleide, wie eine Lilie in der Nacht, oder wie wenn der Mond uͤber das klare Fir¬ mament zoͤge.
Ich konnte keinen Blick von dem Platze verwen¬ den, und Garten, Baͤume und Felder gingen unter vor meinen Sinnen, wie ſie ſo wunderſam beleuchtet von den Fackeln, hoch und ſchlank da ſtand, und bald anmuthig mit dem ſchoͤnen Offizier ſprach, bald wieder freundlich zu den Muſikanten herunter nickte. Die Leute unten waren außer ſich vor Freude, und ich hielt
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die Saͤngerinnen geſehn, unter Trompeten und Pauken
ſchnell ihren Abzug.
Ich aber wußte in meinem Baume droben eigent¬
lich gar nicht recht, wie mir geſchehen, und richtete
nunmehr meine Augen unverwandt auf das Schloß
hin; denn ein Kreis hoher Windlichter unten an den
Stufen des Einganges warf dort einen ſeltſamen
Schein uͤber die blitzenden Fenſter und weit in den Gar¬
ten hinein. Es war die Dienerſchaft, die ſo eben ih¬
rer jungen Herrſchaft ein Staͤndchen brachte. Mitten
unter ihnen ſtand der praͤchtig aufgeputzte Portier wie
ein Staatsminiſter, vor einem Notenpulte, und arbei¬
tete ſich emſig an einem Fagot ab.
Wie ich mich ſo eben zurecht ſetzte, um der ſchoͤ¬
nen Serenade zuzuhoͤren, gingen auf einmal oben auf
dem Balkon des Schloſſes die Fluͤgelthuͤren auf. Ein
hoher Herr, ſchoͤn und ſtattlich in Uniform und mit
vielen funkelnden Sternen, trat auf den Balkon her¬
aus, und an ſeiner Hand — die ſchoͤne junge gnaͤdige
Frau, in ganz weißem Kleide, wie eine Lilie in der
Nacht, oder wie wenn der Mond uͤber das klare Fir¬
mament zoͤge.
Ich konnte keinen Blick von dem Platze verwen¬
den, und Garten, Baͤume und Felder gingen unter
vor meinen Sinnen, wie ſie ſo wunderſam beleuchtet
von den Fackeln, hoch und ſchlank da ſtand, und bald
anmuthig mit dem ſchoͤnen Offizier ſprach, bald wieder
freundlich zu den Muſikanten herunter nickte. Die
Leute unten waren außer ſich vor Freude, und ich hielt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/40>, abgerufen am 16.02.2025.
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