Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.mich am Ende auch nicht mehr und schrie immer aus Als sie aber bald darauf wieder von dem Balkon Alles das versenkte mich recht in einen Abgrund Die kühle Morgenluft weckte mich endlich aus mich am Ende auch nicht mehr und ſchrie immer aus Als ſie aber bald darauf wieder von dem Balkon Alles das verſenkte mich recht in einen Abgrund Die kuͤhle Morgenluft weckte mich endlich aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0041" n="31"/> mich am Ende auch nicht mehr und ſchrie immer aus<lb/> Leibeskraͤften Vivat mit. —</p><lb/> <p>Als ſie aber bald darauf wieder von dem Balkon<lb/> verſchwand, unten eine Fackel nach der andern ver¬<lb/> loͤſchte, und die Notenpulte weggeraͤumt wurden, und<lb/> nun der Garten rings um her auch wieder finſter<lb/> wurde und rauſchte wie vorher — da merkt' ich erſt<lb/> alles — da fiel es mir auf einmal auf's Herz, daß<lb/> mich wohl eigentlich nur die Tante mit den Blumen<lb/> beſtellt hatte, daß die Schoͤne gar nicht an mich dachte<lb/> und lange verheirathet iſt, und daß ich ſelber ein gro¬<lb/> ßer Narr war.</p><lb/> <p>Alles das verſenkte mich recht in einen Abgrund<lb/> von Nachſinnen. Ich wickelte mich, gleich einem Igel,<lb/> in die Stacheln meiner eignen Gedanken zuſammen;<lb/> vom Schloſſe ſchallte die Tanzmuſik nur noch ſeltner<lb/> heruͤber, die Wolken wanderten einſam uͤber den dun¬<lb/> keln Garten weg. Und ſo ſaß ich auf dem Baume<lb/> droben, wie die Nachteule, in den Ruinen meines Gluͤck's<lb/> die ganze Nacht hindurch.</p><lb/> <p>Die kuͤhle Morgenluft weckte mich endlich aus<lb/> meinen Traͤumereien. Ich erſtaunte ordentlich, wie ich<lb/> ſo auf einmal um mich her blickte. Muſik und Tanz<lb/> war lange vorbei, im Schloſſe und rings um das<lb/> Schloß herum auf dem Raſenplatze und den ſteinernen<lb/> Stufen und Saͤulen ſah alles ſo ſtill, kuͤhl und feier¬<lb/> lich aus; <choice><sic>nnr</sic><corr>nur</corr></choice> der Springbrunnen vor dem Eingange<lb/> plaͤtſcherte einſam in einem fort. Hin und her in den<lb/> Zweigen neben mir erwachten ſchon die Voͤgel, ſchuͤt¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0041]
mich am Ende auch nicht mehr und ſchrie immer aus
Leibeskraͤften Vivat mit. —
Als ſie aber bald darauf wieder von dem Balkon
verſchwand, unten eine Fackel nach der andern ver¬
loͤſchte, und die Notenpulte weggeraͤumt wurden, und
nun der Garten rings um her auch wieder finſter
wurde und rauſchte wie vorher — da merkt' ich erſt
alles — da fiel es mir auf einmal auf's Herz, daß
mich wohl eigentlich nur die Tante mit den Blumen
beſtellt hatte, daß die Schoͤne gar nicht an mich dachte
und lange verheirathet iſt, und daß ich ſelber ein gro¬
ßer Narr war.
Alles das verſenkte mich recht in einen Abgrund
von Nachſinnen. Ich wickelte mich, gleich einem Igel,
in die Stacheln meiner eignen Gedanken zuſammen;
vom Schloſſe ſchallte die Tanzmuſik nur noch ſeltner
heruͤber, die Wolken wanderten einſam uͤber den dun¬
keln Garten weg. Und ſo ſaß ich auf dem Baume
droben, wie die Nachteule, in den Ruinen meines Gluͤck's
die ganze Nacht hindurch.
Die kuͤhle Morgenluft weckte mich endlich aus
meinen Traͤumereien. Ich erſtaunte ordentlich, wie ich
ſo auf einmal um mich her blickte. Muſik und Tanz
war lange vorbei, im Schloſſe und rings um das
Schloß herum auf dem Raſenplatze und den ſteinernen
Stufen und Saͤulen ſah alles ſo ſtill, kuͤhl und feier¬
lich aus; nur der Springbrunnen vor dem Eingange
plaͤtſcherte einſam in einem fort. Hin und her in den
Zweigen neben mir erwachten ſchon die Voͤgel, ſchuͤt¬
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