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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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hen, bis Pferde, Reiter und die ganze seltsame Er¬
scheinung in die Nacht verschwunden war.

Ein Rufen aus dem Garten weckte ihn endlich
aus seinen Träumen. Er erkannte Fortunato's Stimme
und eilte, den Freund zu erreichen, der ihn schon längst
vermißt und vergebens aufgesucht hatte. Dieser wurde
seiner kaum gewahr, als er ihm schon entgegensang:

Still in Luft
Es gebahrt,
Aus dem Duft
Hebt's sich zart,
Liebchen ruft,
Liebster schweift
Durch die Luft;
Sternwärts greift,
Seufzt und ruft,
Herz wird bang,
Matt wird Duft,
Zeit wird lang --
Mondscheinduft
Luft in Luft
Bleibt Liebe und Liebste, wie sie gewesen!

"Aber wo seyd Ihr denn auch so lange herumge¬
schwebt?" schloß er endlich lachend. -- Um keinen
Preis hätte Florio sein Geheimniß verrathen können.
"Lange?" -- erwiederte er nur, selber erstaunt. Denn
in der That war der Garten unterdeß ganz leer ge¬
worden, alle Beleuchtung fast erloschen, nur wenige
Lampen flackerten noch ungewiß, wie Irrlichter, im
Winde hin und her.

Fortunato drang nicht weiter in den Jüngling,

hen, bis Pferde, Reiter und die ganze ſeltſame Er¬
ſcheinung in die Nacht verſchwunden war.

Ein Rufen aus dem Garten weckte ihn endlich
aus ſeinen Traͤumen. Er erkannte Fortunato's Stimme
und eilte, den Freund zu erreichen, der ihn ſchon laͤngſt
vermißt und vergebens aufgeſucht hatte. Dieſer wurde
ſeiner kaum gewahr, als er ihm ſchon entgegenſang:

Still in Luft
Es gebahrt,
Aus dem Duft
Hebt's ſich zart,
Liebchen ruft,
Liebſter ſchweift
Durch die Luft;
Sternwaͤrts greift,
Seufzt und ruft,
Herz wird bang,
Matt wird Duft,
Zeit wird lang —
Mondſcheinduft
Luft in Luft
Bleibt Liebe und Liebſte, wie ſie geweſen!

„Aber wo ſeyd Ihr denn auch ſo lange herumge¬
ſchwebt?“ ſchloß er endlich lachend. — Um keinen
Preis haͤtte Florio ſein Geheimniß verrathen koͤnnen.
„Lange?“ — erwiederte er nur, ſelber erſtaunt. Denn
in der That war der Garten unterdeß ganz leer ge¬
worden, alle Beleuchtung faſt erloſchen, nur wenige
Lampen flackerten noch ungewiß, wie Irrlichter, im
Winde hin und her.

Fortunato drang nicht weiter in den Juͤngling,

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[176/0186] hen, bis Pferde, Reiter und die ganze ſeltſame Er¬ ſcheinung in die Nacht verſchwunden war. Ein Rufen aus dem Garten weckte ihn endlich aus ſeinen Traͤumen. Er erkannte Fortunato's Stimme und eilte, den Freund zu erreichen, der ihn ſchon laͤngſt vermißt und vergebens aufgeſucht hatte. Dieſer wurde ſeiner kaum gewahr, als er ihm ſchon entgegenſang: Still in Luft Es gebahrt, Aus dem Duft Hebt's ſich zart, Liebchen ruft, Liebſter ſchweift Durch die Luft; Sternwaͤrts greift, Seufzt und ruft, Herz wird bang, Matt wird Duft, Zeit wird lang — Mondſcheinduft Luft in Luft Bleibt Liebe und Liebſte, wie ſie geweſen! „Aber wo ſeyd Ihr denn auch ſo lange herumge¬ ſchwebt?“ ſchloß er endlich lachend. — Um keinen Preis haͤtte Florio ſein Geheimniß verrathen koͤnnen. „Lange?“ — erwiederte er nur, ſelber erſtaunt. Denn in der That war der Garten unterdeß ganz leer ge¬ worden, alle Beleuchtung faſt erloſchen, nur wenige Lampen flackerten noch ungewiß, wie Irrlichter, im Winde hin und her. Fortunato drang nicht weiter in den Juͤngling,

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/186>, abgerufen am 27.04.2024.