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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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brach er plötzlich ab. Ein seltsamer Mißmuth schien
über seine sonst immer klaren Züge zn fliegen, er ver¬
langte ungeduldig fort.

Alle drei bestiegen daher nun auch ihre Pferde
und zogen miteinander der nahen Stadt zu. Fortunato
sprach kein Wort unterwegs, desto freundlicher ergoß
sich Donati in wohlgesetzten zierlichen Reden; Florio,
noch im Nachklange der Lust, ritt still wie ein träu¬
mendes Mädchen zwischen beiden.

Als sie ans Thor kamen, stellte sich Donati's Roß,
das schon vorher vor manchem Vorübergehenden ge¬
scheuet, plötzlich fast grade in die Höh und wollte nicht
hinein. Ein funkelnder Zornesblitz fuhr, fast verzerrend,
über das Gesicht des Reiters, und ein wilder, nur
halb ausgesprochener Fluch aus den zuckenden Lippen,
worüber Florio nicht wenig erstaunte, da ihm solches
Wesen zu der sonstigen feinen und besonnenen Anstän¬
digkeit des Ritters ganz und gar nicht zu passen schien.
Doch faßte sich dieser bald wieder. "Ich wollte Euch bis
in die Herberg begleiten," sagte er lächelnd und mit
der gewohnten Zierlichkeit zu Florio gewendet, "aber
mein Pferd will es anders, wie ihr seht. Ich bewohne
hier vor der Stadt ein Landhaus, wo ich Euch recht
bald bei mir zu sehen hoffe." -- Und hiermit verneigte
er sich, und das Pferd, in unbegreiflicher Hast und
Angst kaum mehr zu halten, flog pfeilschnell mit ihm
in die Dunkelheit fort, daß der Wind hinter ihm
drein pfiff.

"Gott sey Dank," rief Fortunato aus, "daß ihn die

brach er ploͤtzlich ab. Ein ſeltſamer Mißmuth ſchien
uͤber ſeine ſonſt immer klaren Zuͤge zn fliegen, er ver¬
langte ungeduldig fort.

Alle drei beſtiegen daher nun auch ihre Pferde
und zogen miteinander der nahen Stadt zu. Fortunato
ſprach kein Wort unterwegs, deſto freundlicher ergoß
ſich Donati in wohlgeſetzten zierlichen Reden; Florio,
noch im Nachklange der Luſt, ritt ſtill wie ein traͤu¬
mendes Maͤdchen zwiſchen beiden.

Als ſie ans Thor kamen, ſtellte ſich Donati's Roß,
das ſchon vorher vor manchem Voruͤbergehenden ge¬
ſcheuet, ploͤtzlich faſt grade in die Hoͤh und wollte nicht
hinein. Ein funkelnder Zornesblitz fuhr, faſt verzerrend,
uͤber das Geſicht des Reiters, und ein wilder, nur
halb ausgeſprochener Fluch aus den zuckenden Lippen,
woruͤber Florio nicht wenig erſtaunte, da ihm ſolches
Weſen zu der ſonſtigen feinen und beſonnenen Anſtaͤn¬
digkeit des Ritters ganz und gar nicht zu paſſen ſchien.
Doch faßte ſich dieſer bald wieder. „Ich wollte Euch bis
in die Herberg begleiten,“ ſagte er laͤchelnd und mit
der gewohnten Zierlichkeit zu Florio gewendet, „aber
mein Pferd will es anders, wie ihr ſeht. Ich bewohne
hier vor der Stadt ein Landhaus, wo ich Euch recht
bald bei mir zu ſehen hoffe.“ — Und hiermit verneigte
er ſich, und das Pferd, in unbegreiflicher Haſt und
Angſt kaum mehr zu halten, flog pfeilſchnell mit ihm
in die Dunkelheit fort, daß der Wind hinter ihm
drein pfiff.

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[151/0161] brach er ploͤtzlich ab. Ein ſeltſamer Mißmuth ſchien uͤber ſeine ſonſt immer klaren Zuͤge zn fliegen, er ver¬ langte ungeduldig fort. Alle drei beſtiegen daher nun auch ihre Pferde und zogen miteinander der nahen Stadt zu. Fortunato ſprach kein Wort unterwegs, deſto freundlicher ergoß ſich Donati in wohlgeſetzten zierlichen Reden; Florio, noch im Nachklange der Luſt, ritt ſtill wie ein traͤu¬ mendes Maͤdchen zwiſchen beiden. Als ſie ans Thor kamen, ſtellte ſich Donati's Roß, das ſchon vorher vor manchem Voruͤbergehenden ge¬ ſcheuet, ploͤtzlich faſt grade in die Hoͤh und wollte nicht hinein. Ein funkelnder Zornesblitz fuhr, faſt verzerrend, uͤber das Geſicht des Reiters, und ein wilder, nur halb ausgeſprochener Fluch aus den zuckenden Lippen, woruͤber Florio nicht wenig erſtaunte, da ihm ſolches Weſen zu der ſonſtigen feinen und beſonnenen Anſtaͤn¬ digkeit des Ritters ganz und gar nicht zu paſſen ſchien. Doch faßte ſich dieſer bald wieder. „Ich wollte Euch bis in die Herberg begleiten,“ ſagte er laͤchelnd und mit der gewohnten Zierlichkeit zu Florio gewendet, „aber mein Pferd will es anders, wie ihr ſeht. Ich bewohne hier vor der Stadt ein Landhaus, wo ich Euch recht bald bei mir zu ſehen hoffe.“ — Und hiermit verneigte er ſich, und das Pferd, in unbegreiflicher Haſt und Angſt kaum mehr zu halten, flog pfeilſchnell mit ihm in die Dunkelheit fort, daß der Wind hinter ihm drein pfiff. „Gott ſey Dank,“ rief Fortunato aus, „daß ihn die

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/161>, abgerufen am 27.04.2024.