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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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gleitet. Abseits auf der Wiese an einen Baum ge¬
lehnt, stand er so eben immitten eines zierlichen Kran¬
zes von Frauen und Rittern, welche seinem Gesange
zuhörten, der zuweilen von einigen Stimmen aus dem
Kreise holdselig erwiedert wurde. Unter ihnen bemerkte
Florio auch die schöne Ballspielerin wieder, die in stil¬
ler Freudigkeit mit weiten offenen Augen iu die Klänge
vor sich hinaussah.

Ordentlich erschrocken gedachte da Florio, wie er
vorhin mit dem berühmten Sänger, den er lange dem
Rufe nach verehrte, so vertraulich geplaudert, und blieb
scheu in einiger Entfernung stehen, um den lieblichen
Wettstreit mit zu vernehmen. Er hätte gern die ganze
Nacht hindurch dort gestanden, so ermuthigend flogen
diese Töne ihn an, und er ärgerte sich recht, als For¬
tunato nun so bald endigte, und die ganze Gesellschaft
sich von dem Rasen erhob.

Da gewahrte der Sänger den Jüngling in der
Ferne und kam sogleich auf ihn zu. Freundlich faßte
er ihn bei beiden Händen und führte den Blöden, un¬
geachtet aller Gegenreden, wie einen lieblichen Gefan¬
genen nach dem nahgelegenen offenen Zelte, wo sich
die Gesellschaft nun versammelte und ein fröhliches
Nachtmahl bereitet hatte. Alle begrüßten ihn wie alte
Bekannte, manche schöne Augen ruhten in freudigem
Erstaunen auf der jungen blühenden Gestalt.

Nach mancherlei lustigem Gespräch lagerten sich
bald alle um den runden Tisch, der in der Mitte des
Zeltes stand. Erquickliche Früchte und Wein in hellge¬

gleitet. Abſeits auf der Wieſe an einen Baum ge¬
lehnt, ſtand er ſo eben immitten eines zierlichen Kran¬
zes von Frauen und Rittern, welche ſeinem Geſange
zuhoͤrten, der zuweilen von einigen Stimmen aus dem
Kreiſe holdſelig erwiedert wurde. Unter ihnen bemerkte
Florio auch die ſchoͤne Ballſpielerin wieder, die in ſtil¬
ler Freudigkeit mit weiten offenen Augen iu die Klaͤnge
vor ſich hinausſah.

Ordentlich erſchrocken gedachte da Florio, wie er
vorhin mit dem beruͤhmten Saͤnger, den er lange dem
Rufe nach verehrte, ſo vertraulich geplaudert, und blieb
ſcheu in einiger Entfernung ſtehen, um den lieblichen
Wettſtreit mit zu vernehmen. Er haͤtte gern die ganze
Nacht hindurch dort geſtanden, ſo ermuthigend flogen
dieſe Toͤne ihn an, und er aͤrgerte ſich recht, als For¬
tunato nun ſo bald endigte, und die ganze Geſellſchaft
ſich von dem Raſen erhob.

Da gewahrte der Saͤnger den Juͤngling in der
Ferne und kam ſogleich auf ihn zu. Freundlich faßte
er ihn bei beiden Haͤnden und fuͤhrte den Bloͤden, un¬
geachtet aller Gegenreden, wie einen lieblichen Gefan¬
genen nach dem nahgelegenen offenen Zelte, wo ſich
die Geſellſchaft nun verſammelte und ein froͤhliches
Nachtmahl bereitet hatte. Alle begruͤßten ihn wie alte
Bekannte, manche ſchoͤne Augen ruhten in freudigem
Erſtaunen auf der jungen bluͤhenden Geſtalt.

Nach mancherlei luſtigem Geſpraͤch lagerten ſich
bald alle um den runden Tiſch, der in der Mitte des
Zeltes ſtand. Erquickliche Fruͤchte und Wein in hellge¬

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[143/0153] gleitet. Abſeits auf der Wieſe an einen Baum ge¬ lehnt, ſtand er ſo eben immitten eines zierlichen Kran¬ zes von Frauen und Rittern, welche ſeinem Geſange zuhoͤrten, der zuweilen von einigen Stimmen aus dem Kreiſe holdſelig erwiedert wurde. Unter ihnen bemerkte Florio auch die ſchoͤne Ballſpielerin wieder, die in ſtil¬ ler Freudigkeit mit weiten offenen Augen iu die Klaͤnge vor ſich hinausſah. Ordentlich erſchrocken gedachte da Florio, wie er vorhin mit dem beruͤhmten Saͤnger, den er lange dem Rufe nach verehrte, ſo vertraulich geplaudert, und blieb ſcheu in einiger Entfernung ſtehen, um den lieblichen Wettſtreit mit zu vernehmen. Er haͤtte gern die ganze Nacht hindurch dort geſtanden, ſo ermuthigend flogen dieſe Toͤne ihn an, und er aͤrgerte ſich recht, als For¬ tunato nun ſo bald endigte, und die ganze Geſellſchaft ſich von dem Raſen erhob. Da gewahrte der Saͤnger den Juͤngling in der Ferne und kam ſogleich auf ihn zu. Freundlich faßte er ihn bei beiden Haͤnden und fuͤhrte den Bloͤden, un¬ geachtet aller Gegenreden, wie einen lieblichen Gefan¬ genen nach dem nahgelegenen offenen Zelte, wo ſich die Geſellſchaft nun verſammelte und ein froͤhliches Nachtmahl bereitet hatte. Alle begruͤßten ihn wie alte Bekannte, manche ſchoͤne Augen ruhten in freudigem Erſtaunen auf der jungen bluͤhenden Geſtalt. Nach mancherlei luſtigem Geſpraͤch lagerten ſich bald alle um den runden Tiſch, der in der Mitte des Zeltes ſtand. Erquickliche Fruͤchte und Wein in hellge¬

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/153>, abgerufen am 23.11.2024.