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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

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Unerwartet waren sie hier auf einer jener Zinnen des
Lebens zusammengekommen, die immer nur für wenige
Raum hat -- das fühlten sie wohl. Was hatten die
Freunde nun alles einander zu erzählen in der kurzen
Zeit, Lust und Leid, Vergangenes und Künft'ges!
So war ihnen der Tag in der schönen Einsamkeit
schnell verflossen. Als es aber schon wieder abendkühl
wurde, saßen sie alle zusammen vor der großen Aus¬
sicht unter den hohen Buchen, welche den Abhang an
der Klosterruine beschatteten. Spuren von Kiesgän¬
gen, sorgfältig mit Buxbaum umzäunt, Lauben und
halbzerworfene Rasenbänke bezeichneten ringsumher den
ehemaligen Klostergarten, nur einzeln zerstreute Blu¬
men, wie verlorene Kinder schimmerten noch aus der
alten Zeit durch das wuchernde Unkraut. Hier hatte
der geschäftige Einsiedler einen Tisch gedeckt und Stühle
gesetzt, er ließ es sich durchaus nicht nehmen, die Herr¬
schaften auf's Beste zu traktiren mit Wein, Obst, Ho¬
nig und Nüssen, was er nur hatte. Für Fiametta
aber hatte er einen Kranz von lustigen Waldnelken
besorgt. Er blätterte emsig in seinem Brevier und
schenkte ihr die schönsten Heiligenbilder daraus, dabei
steckte er ihr immerfort das Beste von dem Naschwerk
zu und hatte seine herzinnige Freude, wie sie so schön
mit dem Kränzlein aussah und fröhlich plaudernd die
Nüsse knackte. -- Da hörten sie auf einmal in gerin¬
ger Entfernung einige Saitenklänge. Dacht' ich's doch,

Unerwartet waren ſie hier auf einer jener Zinnen des
Lebens zuſammengekommen, die immer nur fuͤr wenige
Raum hat — das fuͤhlten ſie wohl. Was hatten die
Freunde nun alles einander zu erzaͤhlen in der kurzen
Zeit, Luſt und Leid, Vergangenes und Kuͤnft'ges!
So war ihnen der Tag in der ſchoͤnen Einſamkeit
ſchnell verfloſſen. Als es aber ſchon wieder abendkuͤhl
wurde, ſaßen ſie alle zuſammen vor der großen Aus¬
ſicht unter den hohen Buchen, welche den Abhang an
der Kloſterruine beſchatteten. Spuren von Kiesgaͤn¬
gen, ſorgfaͤltig mit Buxbaum umzaͤunt, Lauben und
halbzerworfene Raſenbaͤnke bezeichneten ringsumher den
ehemaligen Kloſtergarten, nur einzeln zerſtreute Blu¬
men, wie verlorene Kinder ſchimmerten noch aus der
alten Zeit durch das wuchernde Unkraut. Hier hatte
der geſchaͤftige Einſiedler einen Tiſch gedeckt und Stuͤhle
geſetzt, er ließ es ſich durchaus nicht nehmen, die Herr¬
ſchaften auf's Beſte zu traktiren mit Wein, Obſt, Ho¬
nig und Nuͤſſen, was er nur hatte. Fuͤr Fiametta
aber hatte er einen Kranz von luſtigen Waldnelken
beſorgt. Er blaͤtterte emſig in ſeinem Brevier und
ſchenkte ihr die ſchoͤnſten Heiligenbilder daraus, dabei
ſteckte er ihr immerfort das Beſte von dem Naſchwerk
zu und hatte ſeine herzinnige Freude, wie ſie ſo ſchoͤn
mit dem Kraͤnzlein ausſah und froͤhlich plaudernd die
Nuͤſſe knackte. — Da hoͤrten ſie auf einmal in gerin¬
ger Entfernung einige Saitenklaͤnge. Dacht' ich's doch,

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[366/0373] Unerwartet waren ſie hier auf einer jener Zinnen des Lebens zuſammengekommen, die immer nur fuͤr wenige Raum hat — das fuͤhlten ſie wohl. Was hatten die Freunde nun alles einander zu erzaͤhlen in der kurzen Zeit, Luſt und Leid, Vergangenes und Kuͤnft'ges! So war ihnen der Tag in der ſchoͤnen Einſamkeit ſchnell verfloſſen. Als es aber ſchon wieder abendkuͤhl wurde, ſaßen ſie alle zuſammen vor der großen Aus¬ ſicht unter den hohen Buchen, welche den Abhang an der Kloſterruine beſchatteten. Spuren von Kiesgaͤn¬ gen, ſorgfaͤltig mit Buxbaum umzaͤunt, Lauben und halbzerworfene Raſenbaͤnke bezeichneten ringsumher den ehemaligen Kloſtergarten, nur einzeln zerſtreute Blu¬ men, wie verlorene Kinder ſchimmerten noch aus der alten Zeit durch das wuchernde Unkraut. Hier hatte der geſchaͤftige Einſiedler einen Tiſch gedeckt und Stuͤhle geſetzt, er ließ es ſich durchaus nicht nehmen, die Herr¬ ſchaften auf's Beſte zu traktiren mit Wein, Obſt, Ho¬ nig und Nuͤſſen, was er nur hatte. Fuͤr Fiametta aber hatte er einen Kranz von luſtigen Waldnelken beſorgt. Er blaͤtterte emſig in ſeinem Brevier und ſchenkte ihr die ſchoͤnſten Heiligenbilder daraus, dabei ſteckte er ihr immerfort das Beſte von dem Naſchwerk zu und hatte ſeine herzinnige Freude, wie ſie ſo ſchoͤn mit dem Kraͤnzlein ausſah und froͤhlich plaudernd die Nuͤſſe knackte. — Da hoͤrten ſie auf einmal in gerin¬ ger Entfernung einige Saitenklaͤnge. Dacht' ich's doch,

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/373>, abgerufen am 23.11.2024.