Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

fuhr der Einsiedler auf, da hat er mir doch meine alte
Zitter in der Klause aufgestöbert! -- Im Gebüsch
aber hörten sie singen:

Wir zogen manchen Wald entlang,
Viel fröhliche Gesellen,
Und salutirten mit Gesang
Die Burgen und die Quellen.
Nun sang man den zu Grabe still,
Dem sie zur Hochzeit geigen,
Der andre in den Himmel will
Auf wilden Felsen steigen.
Von den einsamen Felsensteigen
Schau ich in's Land so weit,
Da dunkelt und rauscht's so eigen
Von der alten schönen Zeit.

Da kriegen wir alle was ab, sagte Fiametta. --
Nun, nun, wir wollens ihm schon zurückzahlen, meinte
der Einsiedler, aber er singt eine schöne Note, es ist
mir ganz wie in meiner Soldatenzeit, wenn ich so
bei stiller Nacht mit der Zitter im Bivuac lag. --
Es sang wieder:

Was das für ein Gezwitscher ist!
Durch's Blau die Schwalben zucken
Und schrei'n: "sie haben sich geküßt!"
Vom Baum Rothkehlchen gucken.
Der Storch stolzirt von Bein zu Bein;
"Da muß ich fischen gehen --"
Der Abend wie im Traum darein
Schaut von den stillen Höhen.

fuhr der Einſiedler auf, da hat er mir doch meine alte
Zitter in der Klauſe aufgeſtoͤbert! — Im Gebuͤſch
aber hoͤrten ſie ſingen:

Wir zogen manchen Wald entlang,
Viel froͤhliche Geſellen,
Und ſalutirten mit Geſang
Die Burgen und die Quellen.
Nun ſang man den zu Grabe ſtill,
Dem ſie zur Hochzeit geigen,
Der andre in den Himmel will
Auf wilden Felſen ſteigen.
Von den einſamen Felſenſteigen
Schau ich in's Land ſo weit,
Da dunkelt und rauſcht's ſo eigen
Von der alten ſchoͤnen Zeit.

Da kriegen wir alle was ab, ſagte Fiametta. —
Nun, nun, wir wollens ihm ſchon zuruͤckzahlen, meinte
der Einſiedler, aber er ſingt eine ſchoͤne Note, es iſt
mir ganz wie in meiner Soldatenzeit, wenn ich ſo
bei ſtiller Nacht mit der Zitter im Bivuac lag. —
Es ſang wieder:

Was das fuͤr ein Gezwitſcher iſt!
Durch's Blau die Schwalben zucken
Und ſchrei'n: „ſie haben ſich gekuͤßt!“
Vom Baum Rothkehlchen gucken.
Der Storch ſtolzirt von Bein zu Bein;
„Da muß ich fiſchen gehen —“
Der Abend wie im Traum darein
Schaut von den ſtillen Hoͤhen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0374" n="367"/>
fuhr der Ein&#x017F;iedler auf, da hat er mir doch meine alte<lb/>
Zitter in der Klau&#x017F;e aufge&#x017F;to&#x0364;bert! &#x2014; Im Gebu&#x0364;&#x017F;ch<lb/>
aber ho&#x0364;rten &#x017F;ie &#x017F;ingen:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l rendition="#et">Wir zogen manchen Wald entlang,</l><lb/>
              <l>Viel fro&#x0364;hliche Ge&#x017F;ellen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;alutirten mit Ge&#x017F;ang</l><lb/>
              <l>Die Burgen und die Quellen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l rendition="#et">Nun &#x017F;ang man den zu Grabe &#x017F;till,</l><lb/>
              <l>Dem &#x017F;ie zur Hochzeit geigen,</l><lb/>
              <l>Der andre in den Himmel will</l><lb/>
              <l>Auf wilden Fel&#x017F;en &#x017F;teigen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l rendition="#et">Von den ein&#x017F;amen Fel&#x017F;en&#x017F;teigen</l><lb/>
              <l>Schau ich in's Land &#x017F;o weit,</l><lb/>
              <l>Da dunkelt und rau&#x017F;cht's &#x017F;o eigen</l><lb/>
              <l>Von der alten &#x017F;cho&#x0364;nen Zeit.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <p>Da kriegen wir alle was ab, &#x017F;agte Fiametta. &#x2014;<lb/>
Nun, nun, wir wollens ihm &#x017F;chon zuru&#x0364;ckzahlen, meinte<lb/>
der Ein&#x017F;iedler, aber er &#x017F;ingt eine &#x017F;cho&#x0364;ne Note, es i&#x017F;t<lb/>
mir ganz wie in meiner Soldatenzeit, wenn ich &#x017F;o<lb/>
bei &#x017F;tiller Nacht mit der Zitter im Bivuac lag. &#x2014;<lb/>
Es &#x017F;ang wieder:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l rendition="#et">Was das fu&#x0364;r ein Gezwit&#x017F;cher i&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Durch's Blau die Schwalben zucken</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chrei'n: &#x201E;&#x017F;ie haben &#x017F;ich geku&#x0364;ßt!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Vom Baum Rothkehlchen gucken.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l rendition="#et">Der Storch &#x017F;tolzirt von Bein zu Bein;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Da muß ich fi&#x017F;chen gehen &#x2014;&#x201C;</l><lb/>
              <l>Der Abend wie im Traum darein</l><lb/>
              <l>Schaut von den &#x017F;tillen Ho&#x0364;hen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0374] fuhr der Einſiedler auf, da hat er mir doch meine alte Zitter in der Klauſe aufgeſtoͤbert! — Im Gebuͤſch aber hoͤrten ſie ſingen: Wir zogen manchen Wald entlang, Viel froͤhliche Geſellen, Und ſalutirten mit Geſang Die Burgen und die Quellen. Nun ſang man den zu Grabe ſtill, Dem ſie zur Hochzeit geigen, Der andre in den Himmel will Auf wilden Felſen ſteigen. Von den einſamen Felſenſteigen Schau ich in's Land ſo weit, Da dunkelt und rauſcht's ſo eigen Von der alten ſchoͤnen Zeit. Da kriegen wir alle was ab, ſagte Fiametta. — Nun, nun, wir wollens ihm ſchon zuruͤckzahlen, meinte der Einſiedler, aber er ſingt eine ſchoͤne Note, es iſt mir ganz wie in meiner Soldatenzeit, wenn ich ſo bei ſtiller Nacht mit der Zitter im Bivuac lag. — Es ſang wieder: Was das fuͤr ein Gezwitſcher iſt! Durch's Blau die Schwalben zucken Und ſchrei'n: „ſie haben ſich gekuͤßt!“ Vom Baum Rothkehlchen gucken. Der Storch ſtolzirt von Bein zu Bein; „Da muß ich fiſchen gehen —“ Der Abend wie im Traum darein Schaut von den ſtillen Hoͤhen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/374
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/374>, abgerufen am 04.05.2024.