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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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blöde und Dein nicht werth. Ja, gegen Dich sel¬
ber will ich um Dich kämpfen. Ich liebe Dich un¬
aussprechlich, bleibe bey mir, wie ich nicht mehr
von Dir fort kann! - Sie hatte ihn bey den letz¬
ten Worten fest umschlungen. Friedrich fuhr auf
einmal aus tiefen Gedanken auf, streifte schnell die
blanken Arme von sich ab, und eilte, ohne ein Wort
zu sagen, tief in den Wald, wo er sein Pferd be¬
stieg, mit dem ihn der Jäger schon erwartete, und
fort hinaussprengte.

Romana war auf den Boden niedergesunken,
das Gesicht mit beyden Händen verdeckt. Das
fröhliche Lachen, Singen und Gläserklirren von der
Wiese her schallte ihr wie ein höllisches Hohnge¬
lächter.

Rosa war, als sich Tag und Jagd zu Ende
neigten, von Romana und aller Begleitung, wie
durch Zufall, verlassen worden. Der Prinz hatte
sie den ganzen Tag über beobachtet, war ihr über¬
all im Grünen begegnet und wieder verschwunden.
Sie hatte sich endlich halbzögernd entschlossen, ihn
zu fliehen und höher in's Gebirge hinaufzusteigen.
Sein blühendes Bild heimlich im Herzen, das die
Waldhornsklänge immer wieder von neuem weckten,
unschlüssig, träumend und halbverirrt, zuletzt noch
von dem Liede des Unbekannten, das auch sie hörte,
seltsam getroffen und verwirrt, so war sie damals
bis zu dem Flecke hinaufgekommen, wo sie so auf

einmal

blöde und Dein nicht werth. Ja, gegen Dich ſel¬
ber will ich um Dich kämpfen. Ich liebe Dich un¬
ausſprechlich, bleibe bey mir, wie ich nicht mehr
von Dir fort kann! – Sie hatte ihn bey den letz¬
ten Worten feſt umſchlungen. Friedrich fuhr auf
einmal aus tiefen Gedanken auf, ſtreifte ſchnell die
blanken Arme von ſich ab, und eilte, ohne ein Wort
zu ſagen, tief in den Wald, wo er ſein Pferd be¬
ſtieg, mit dem ihn der Jäger ſchon erwartete, und
fort hinausſprengte.

Romana war auf den Boden niedergeſunken,
das Geſicht mit beyden Händen verdeckt. Das
fröhliche Lachen, Singen und Gläſerklirren von der
Wieſe her ſchallte ihr wie ein hölliſches Hohnge¬
lächter.

Roſa war, als ſich Tag und Jagd zu Ende
neigten, von Romana und aller Begleitung, wie
durch Zufall, verlaſſen worden. Der Prinz hatte
ſie den ganzen Tag über beobachtet, war ihr über¬
all im Grünen begegnet und wieder verſchwunden.
Sie hatte ſich endlich halbzögernd entſchloſſen, ihn
zu fliehen und höher in's Gebirge hinaufzuſteigen.
Sein blühendes Bild heimlich im Herzen, das die
Waldhornsklänge immer wieder von neuem weckten,
unſchlüſſig, träumend und halbverirrt, zuletzt noch
von dem Liede des Unbekannten, das auch ſie hörte,
ſeltſam getroffen und verwirrt, ſo war ſie damals
bis zu dem Flecke hinaufgekommen, wo ſie ſo auf

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[0326] blöde und Dein nicht werth. Ja, gegen Dich ſel¬ ber will ich um Dich kämpfen. Ich liebe Dich un¬ ausſprechlich, bleibe bey mir, wie ich nicht mehr von Dir fort kann! – Sie hatte ihn bey den letz¬ ten Worten feſt umſchlungen. Friedrich fuhr auf einmal aus tiefen Gedanken auf, ſtreifte ſchnell die blanken Arme von ſich ab, und eilte, ohne ein Wort zu ſagen, tief in den Wald, wo er ſein Pferd be¬ ſtieg, mit dem ihn der Jäger ſchon erwartete, und fort hinausſprengte. Romana war auf den Boden niedergeſunken, das Geſicht mit beyden Händen verdeckt. Das fröhliche Lachen, Singen und Gläſerklirren von der Wieſe her ſchallte ihr wie ein hölliſches Hohnge¬ lächter. Roſa war, als ſich Tag und Jagd zu Ende neigten, von Romana und aller Begleitung, wie durch Zufall, verlaſſen worden. Der Prinz hatte ſie den ganzen Tag über beobachtet, war ihr über¬ all im Grünen begegnet und wieder verſchwunden. Sie hatte ſich endlich halbzögernd entſchloſſen, ihn zu fliehen und höher in's Gebirge hinaufzuſteigen. Sein blühendes Bild heimlich im Herzen, das die Waldhornsklänge immer wieder von neuem weckten, unſchlüſſig, träumend und halbverirrt, zuletzt noch von dem Liede des Unbekannten, das auch ſie hörte, ſeltſam getroffen und verwirrt, ſo war ſie damals bis zu dem Flecke hinaufgekommen, wo ſie ſo auf einmal

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/326>, abgerufen am 21.05.2024.