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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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einmal Friedrich'n vor sich sah. Der Ort lag sehr
hoch und wie von aller Welt geschieden, sie dachte
an ihren neulichen Traum und eine unbeschreibliche
Furcht befiel sie vor dem Grafen, die sie schnell
von dem Berge herabtrieb.

Unten, fern von der Jagd, saß der Prinz auf
einem ungeheueren Baume. Da hörte er das Ge¬
räusch hinter sich durch das Dickicht brechen. Er
sprang auf und Rosa fiel athemlos in seine ausge¬
spreiteten Arme. Ihr gestörtes Verhältniß zu Frie¬
drich, das Lied oben und tausend alte Erinnerun¬
gen, die in der grünen Einsamkeit wieder wach ge¬
worden, hatten das reizende Mädchen heftig be¬
wegt. Ihr Schmerz machte sich hier endlich in ei¬
nem Strom von Thränen Luft. Ich Herz war zu
voll, sie konnte nicht schweigen. Sie erzählte dem
Prinzen alles aus tiefster, gerührter Seele.

Es ist gefährlich für ein junges Mädchen, ei¬
nen schönen Vertrauten zu haben. Der Prinz setz¬
te sich neben ihr auf den Rasen hin. Sie ließ sich
willig von ihm in den Arm nehmen und lehnte ihr
Gesicht müde an seine Brust. Die Abendscheine
spielten schon zuckend durch die Wipfel, unzählige
Vögel sangen von allen Seiten, die Waldhörner
klangen wollüstig durch den warmen Abend aus der
Ferne herüber. Der Prinz hatte ihre langen Haa¬
re, die aufgegangen waren, um seinen Arm ge¬
wickelt und sprach in einemfort so wunderliebliche,
zauberische Worte, gleich sanfter Quellen Rauschen

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einmal Friedrich'n vor ſich ſah. Der Ort lag ſehr
hoch und wie von aller Welt geſchieden, ſie dachte
an ihren neulichen Traum und eine unbeſchreibliche
Furcht befiel ſie vor dem Grafen, die ſie ſchnell
von dem Berge herabtrieb.

Unten, fern von der Jagd, ſaß der Prinz auf
einem ungeheueren Baume. Da hörte er das Ge¬
räuſch hinter ſich durch das Dickicht brechen. Er
ſprang auf und Roſa fiel athemlos in ſeine ausge¬
ſpreiteten Arme. Ihr geſtörtes Verhältniß zu Frie¬
drich, das Lied oben und tauſend alte Erinnerun¬
gen, die in der grünen Einſamkeit wieder wach ge¬
worden, hatten das reizende Mädchen heftig be¬
wegt. Ihr Schmerz machte ſich hier endlich in ei¬
nem Strom von Thränen Luft. Ich Herz war zu
voll, ſie konnte nicht ſchweigen. Sie erzählte dem
Prinzen alles aus tiefſter, gerührter Seele.

Es iſt gefährlich für ein junges Mädchen, ei¬
nen ſchönen Vertrauten zu haben. Der Prinz ſetz¬
te ſich neben ihr auf den Raſen hin. Sie ließ ſich
willig von ihm in den Arm nehmen und lehnte ihr
Geſicht müde an ſeine Bruſt. Die Abendſcheine
ſpielten ſchon zuckend durch die Wipfel, unzählige
Vögel ſangen von allen Seiten, die Waldhörner
klangen wollüſtig durch den warmen Abend aus der
Ferne herüber. Der Prinz hatte ihre langen Haa¬
re, die aufgegangen waren, um ſeinen Arm ge¬
wickelt und ſprach in einemfort ſo wunderliebliche,
zauberiſche Worte, gleich ſanfter Quellen Rauſchen

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[321/0327] einmal Friedrich'n vor ſich ſah. Der Ort lag ſehr hoch und wie von aller Welt geſchieden, ſie dachte an ihren neulichen Traum und eine unbeſchreibliche Furcht befiel ſie vor dem Grafen, die ſie ſchnell von dem Berge herabtrieb. Unten, fern von der Jagd, ſaß der Prinz auf einem ungeheueren Baume. Da hörte er das Ge¬ räuſch hinter ſich durch das Dickicht brechen. Er ſprang auf und Roſa fiel athemlos in ſeine ausge¬ ſpreiteten Arme. Ihr geſtörtes Verhältniß zu Frie¬ drich, das Lied oben und tauſend alte Erinnerun¬ gen, die in der grünen Einſamkeit wieder wach ge¬ worden, hatten das reizende Mädchen heftig be¬ wegt. Ihr Schmerz machte ſich hier endlich in ei¬ nem Strom von Thränen Luft. Ich Herz war zu voll, ſie konnte nicht ſchweigen. Sie erzählte dem Prinzen alles aus tiefſter, gerührter Seele. Es iſt gefährlich für ein junges Mädchen, ei¬ nen ſchönen Vertrauten zu haben. Der Prinz ſetz¬ te ſich neben ihr auf den Raſen hin. Sie ließ ſich willig von ihm in den Arm nehmen und lehnte ihr Geſicht müde an ſeine Bruſt. Die Abendſcheine ſpielten ſchon zuckend durch die Wipfel, unzählige Vögel ſangen von allen Seiten, die Waldhörner klangen wollüſtig durch den warmen Abend aus der Ferne herüber. Der Prinz hatte ihre langen Haa¬ re, die aufgegangen waren, um ſeinen Arm ge¬ wickelt und ſprach in einemfort ſo wunderliebliche, zauberiſche Worte, gleich ſanfter Quellen Rauſchen 21

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/327>, abgerufen am 23.11.2024.