Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.Dich rührt die frische Helle, Das Rauschen heimlich kühl,Das lockt Dich zu der Welle, Weil's draussen leer und schwül. Doch wolle nie Dir halten Der Bilder Wunderfest,Todt wird ihr freyes Walten, Hältst Du es weltlich fest. Kein Bett darf er hier finden. Wohl in den Thälern schönSiehst Du sein Gold sich winden, Dann plötzlich Meerwärts dreh'n. Viktor, der unterdeß, ohne auf das Lied zu Schlag' mit den flamm'gen Flügeln! Wenn Blitz aus Blitz sich reißt:Steht wie in Roßesbügeln So ritterlich mein Geist. Waldesrauschen, Wetterblicken Mach't recht die Seele los,Da grüß't sie mit Entzücken, Was wahrhaft, ernst und groß. Es schiffen die Gedanken Fern wie auf weitem Meer,Wie auch die Wogen schwanken: Die Seegel schwellen mehr. Dich rührt die friſche Helle, Das Rauſchen heimlich kühl,Das lockt Dich zu der Welle, Weil's drauſſen leer und ſchwül. Doch wolle nie Dir halten Der Bilder Wunderfeſt,Todt wird ihr freyes Walten, Hältſt Du es weltlich feſt. Kein Bett darf er hier finden. Wohl in den Thälern ſchönSiehſt Du ſein Gold ſich winden, Dann plötzlich Meerwärts dreh'n. Viktor, der unterdeß, ohne auf das Lied zu Schlag' mit den flamm'gen Flügeln! Wenn Blitz aus Blitz ſich reißt:Steht wie in Roßesbügeln So ritterlich mein Geiſt. Waldesrauſchen, Wetterblicken Mach't recht die Seele los,Da grüß't ſie mit Entzücken, Was wahrhaft, ernſt und groß. Es ſchiffen die Gedanken Fern wie auf weitem Meer,Wie auch die Wogen ſchwanken: Die Seegel ſchwellen mehr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0144" n="138"/> <lg n="7"> <l rendition="#et">Dich rührt die friſche Helle,</l><lb/> <l>Das Rauſchen heimlich kühl,</l><lb/> <l>Das lockt Dich zu der Welle,</l><lb/> <l>Weil's drauſſen leer und ſchwül.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l rendition="#et">Doch wolle nie Dir halten</l><lb/> <l>Der Bilder Wunderfeſt,</l><lb/> <l>Todt wird ihr freyes Walten,</l><lb/> <l>Hältſt Du es weltlich feſt.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l rendition="#et">Kein Bett darf er hier finden.</l><lb/> <l>Wohl in den Thälern ſchön</l><lb/> <l>Siehſt Du ſein Gold ſich winden,</l><lb/> <l>Dann plötzlich Meerwärts dreh'n.</l><lb/> </lg> </lg> <p>Viktor, der unterdeß, ohne auf das Lied zu<lb/> achten, immerfort das Echo verſuchte, zwang ihn<lb/> hier, durch ſein übermäßiges Rufen und Schreyen,<lb/> abzubrechen. Julie hatte auch ſchon lange das Fen¬<lb/> ſter geſchloſſen und alles im Schloſſe war finſter<lb/> und ſtill. Das Gewitter zog indeß grade über ihnen<lb/> hin, die Wälder rauſchten von allen Seiten. Leon¬<lb/> tin griff ſtärker und frömmer in die Saiten:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#et">Schlag' mit den flamm'gen Flügeln!</l><lb/> <l>Wenn Blitz aus Blitz ſich reißt:</l><lb/> <l>Steht wie in Roßesbügeln</l><lb/> <l>So ritterlich mein Geiſt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l rendition="#et">Waldesrauſchen, Wetterblicken</l><lb/> <l>Mach't recht die Seele los,</l><lb/> <l>Da grüß't ſie mit Entzücken,</l><lb/> <l>Was wahrhaft, ernſt und groß.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l rendition="#et">Es ſchiffen die Gedanken</l><lb/> <l>Fern wie auf weitem Meer,</l><lb/> <l>Wie auch die Wogen ſchwanken:</l><lb/> <l>Die Seegel ſchwellen mehr.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [138/0144]
Dich rührt die friſche Helle,
Das Rauſchen heimlich kühl,
Das lockt Dich zu der Welle,
Weil's drauſſen leer und ſchwül.
Doch wolle nie Dir halten
Der Bilder Wunderfeſt,
Todt wird ihr freyes Walten,
Hältſt Du es weltlich feſt.
Kein Bett darf er hier finden.
Wohl in den Thälern ſchön
Siehſt Du ſein Gold ſich winden,
Dann plötzlich Meerwärts dreh'n.
Viktor, der unterdeß, ohne auf das Lied zu
achten, immerfort das Echo verſuchte, zwang ihn
hier, durch ſein übermäßiges Rufen und Schreyen,
abzubrechen. Julie hatte auch ſchon lange das Fen¬
ſter geſchloſſen und alles im Schloſſe war finſter
und ſtill. Das Gewitter zog indeß grade über ihnen
hin, die Wälder rauſchten von allen Seiten. Leon¬
tin griff ſtärker und frömmer in die Saiten:
Schlag' mit den flamm'gen Flügeln!
Wenn Blitz aus Blitz ſich reißt:
Steht wie in Roßesbügeln
So ritterlich mein Geiſt.
Waldesrauſchen, Wetterblicken
Mach't recht die Seele los,
Da grüß't ſie mit Entzücken,
Was wahrhaft, ernſt und groß.
Es ſchiffen die Gedanken
Fern wie auf weitem Meer,
Wie auch die Wogen ſchwanken:
Die Seegel ſchwellen mehr.
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