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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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Ach, den süßen Klang verführet
Weit der buhlerische Wind,
Und durch Schloß und Wand ihn spüret
Träumend jedes schöne Kind.

Es fieng stärker an zu blitzen, das Gewitter
stieg herauf. Viktor schaukelte heftiger mit dem
Kahne; Leontin sang:

Es waren zwey junge Grafen
Verliebt bis in den Tod,
Die konnten nicht ruh'n noch schlafen
Bis an den Morgen roth.
O trau' den zwey Gesellen,
Mein Liebchen, nimmermehr,
Die geh'n wie Wind und Wellen,
Gott weiß: wohin, woher. --
Wir grüßen Land und Sterne
Mit wunderbarem Klang,
Und wer uns spürt von ferne,
Dem wird so wohl und bang.
Wir haben wohl hienieden
Kein Haus an keinem Ort,
Es reisen die Gedanken
Zur Heymath ewig fort.
Wie eines Stromes Dringen
Geht unser Lebenslauf,
Gesanges Macht und Ringen
Thut helle Augen auf.
Und Ufer, Wolkenflügel,
Die Liebe hoch und mild --
Es wird in diesem Spiegel
Die ganze Welt zum Bild.
Ach, den ſüßen Klang verführet
Weit der buhleriſche Wind,
Und durch Schloß und Wand ihn ſpüret
Träumend jedes ſchöne Kind.

Es fieng ſtärker an zu blitzen, das Gewitter
ſtieg herauf. Viktor ſchaukelte heftiger mit dem
Kahne; Leontin ſang:

Es waren zwey junge Grafen
Verliebt bis in den Tod,
Die konnten nicht ruh'n noch ſchlafen
Bis an den Morgen roth.
O trau' den zwey Geſellen,
Mein Liebchen, nimmermehr,
Die geh'n wie Wind und Wellen,
Gott weiß: wohin, woher. —
Wir grüßen Land und Sterne
Mit wunderbarem Klang,
Und wer uns ſpürt von ferne,
Dem wird ſo wohl und bang.
Wir haben wohl hienieden
Kein Haus an keinem Ort,
Es reiſen die Gedanken
Zur Heymath ewig fort.
Wie eines Stromes Dringen
Geht unſer Lebenslauf,
Geſanges Macht und Ringen
Thut helle Augen auf.
Und Ufer, Wolkenflügel,
Die Liebe hoch und mild —
Es wird in dieſem Spiegel
Die ganze Welt zum Bild.
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[137/0143] Ach, den ſüßen Klang verführet Weit der buhleriſche Wind, Und durch Schloß und Wand ihn ſpüret Träumend jedes ſchöne Kind. Es fieng ſtärker an zu blitzen, das Gewitter ſtieg herauf. Viktor ſchaukelte heftiger mit dem Kahne; Leontin ſang: Es waren zwey junge Grafen Verliebt bis in den Tod, Die konnten nicht ruh'n noch ſchlafen Bis an den Morgen roth. O trau' den zwey Geſellen, Mein Liebchen, nimmermehr, Die geh'n wie Wind und Wellen, Gott weiß: wohin, woher. — Wir grüßen Land und Sterne Mit wunderbarem Klang, Und wer uns ſpürt von ferne, Dem wird ſo wohl und bang. Wir haben wohl hienieden Kein Haus an keinem Ort, Es reiſen die Gedanken Zur Heymath ewig fort. Wie eines Stromes Dringen Geht unſer Lebenslauf, Geſanges Macht und Ringen Thut helle Augen auf. Und Ufer, Wolkenflügel, Die Liebe hoch und mild — Es wird in dieſem Spiegel Die ganze Welt zum Bild.

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/143>, abgerufen am 27.11.2024.